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IWF World Economic Outlook

Rolf Wenkel, zurzeit Washington D.C. 8. Oktober 2013

Zumindest in Europa scheint die Krise überwunden - die Europäer sitzen nicht mehr auf der Sünderbank. Plötzlich aber gelten die USA und die Schwellenländer als Risiko für die Weltwirtschaft, sagt der IWF.

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IWF-Logo (Foto: DW)
Bild: DW/A.Becker

Vor der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds in Washington ist die Stimmung recht gedrückt. Denn zum sechsten Mal in Folge musste der IWF seine Wachstumsprognose nach unten revidieren. Um 2,9 Prozent in diesem und um 3,6 Prozent im kommenden Jahr soll die Weltwirtschaft wachsen. Vorausgesetzt, es kommen keine neuen, katastrophalen Schocks auf die Konjunktur zu. Aber genau das könnte passieren, wenn die Amerikaner ab dem 17. Oktober die Obergrenze der gesetzlich erlaubten Verschuldung erreichen und damit faktisch zahlungsunfähig werden sollten.

IWF stellte seinen Herbstausblick vor

Die wirtschaftlichen Folgen des momentanen Ausgabenstopps im US-Haushalt seien durchaus zu verkraften, sagte IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard am Dienstag (08.10.2013) in Washington bei der Vorstellung des neuen Weltwirtschaftsausblicks. "Doch die Folgen von Unregelmäßigkeiten bei den Schuldenrückzahlungen wären umgehend zu spüren - in den USA und andernorts", so Blanchard. "Die Erholung in den Vereinigten Staaten könnte sich in eine Rezession umkehren – oder in noch etwas Schlimmeres."

Risiko Geldpolitik

Neben dem Haushaltsstreit sehen die IWF-Experten noch ein zweites großes Risiko: die lockere Geldpolitik der Notenbanken. "Es ist an der Zeit, Pläne für einen Ausstieg zu machen", sagte Blanchard, "allerdings ist die Zeit noch nicht reif, solche Pläne in die Tat umzusetzen." Technisch, so der IWF-Chefvolkswirt, würde ein Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik vermutlich keine Probleme bereiten. Eine neue und sehr delikate Aufgabe sei es aber, diesen Ausstieg so zu kommunizieren, dass sich die Märkte ohne große Verwerfungen darauf vorbereiten könnten.

Olivier Blanchard, Chefvolkswirt des IWF Foto: dpa
Olivier Blanchard, Chefvolkswirt des IWFBild: picture-alliance/dpa

Das war eine klare Anspielung auf US-Notenbankchef Ben Bernanke - der hatte im Mai mit genau 33 Worten angekündigt, die Fed könne bald an einen Ausstieg denken, wenn sich die US-Wirtschaft weiter erhole. "Jedes Wort hat zwölf Milliarden Dollar gekostet“, schrieb am Montag ein Reporter der Washington Post. Denn der Internationale Währungsfonds beziffert den Kapitalabfluss aus den Schwellenländern, der Bernankes Worten folgte, auf 404,4 Milliarden Dollar.

Europa aus der Schusslinie

Man sieht: Die Europäer sitzen in Washington nicht mehr auf der Sünderbank – diese Rolle haben dafür jetzt andere übernommen. Noch im Frühjahr galt die Eurozone als Risiko für die Weltwirtschaft und die Schwellenländer galten als die großen Hoffnungsträger. Nun ist es umgekehrt: Die Schwellenländer mit ihrem nachlassenden Wachstum gelten als die neuen Sorgenkinder, während Europa vom IWF gelobt wird. Man habe die Rezession hinter sich gelassen und werde im nächsten Jahr ein kleines Wachstumsplus erzielen, so Jörg Decressin, stellvertretender Direktor der Foschungsabteilung beim IWF.

Bei der Konsolidierung der Staatshaushalte seien große Fortschritte gemacht worden. Und der nachlassende Sparzwang könne die Wirtschaft weiter ankurbeln. Aber, so Decressin, es sei noch ein langer Weg, bis man die hohe Arbeitslosigkeit in Europa überwunden habe. Deshalb werbe der IWF auch weiterhin für strukturelle Reformen in Europa und insbesondere für eine Bankenunion. Vor allem sollten die Länder an der südlichen Peripherie der Eurozone alles daran setzen, ihre verloren gegangene Wettbewerbsfähigkeit wiederzuerlangen.

Der IWF rügt Schwellenländer wie Indien Foto: Lucknow Suhail Waheed
Der IWF rügt Schwellenländer wie IndienBild: DW/S. Waheed