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Netz kaputt?

Silke Wünsch10. April 2014

Die so sicher geglaubte SSL-Verschlüsselung ist geknackt. Schon seit zwei Jahren. Und wir wissen nicht, wer was über uns weiß. Was nun? Aussteigen oder weitermachen? Fragt Netz-Redakteurin Silke Wünsch.

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Digitalitäten
Bild: cc-by-sa/Deutsche Fotothek

Im Internet ist Super-GAU und keinen scheint es zu jucken. In den Medien geistern immer noch die 18 Millionen gehackten E-Mail-Konten herum und viele Netzexperten erklären dem Internetnutzer gebetsmühlenartig, dass er jetzt doch mal seine Passwörter ändern soll. Wäre sinnvoll, da böse Internetgauner nämlich sonst von fremden Zugängen aus üble Sachen machen können, wovon Spam-Mails verschicken beileibe nicht die übelste Sache ist. Verständnisvolles Nicken von allen Seiten, Problem verstanden.

Dass aber mit dem gerade entdeckten "Heartbleed"-Bug der weitaus schlimmere Fall längst eingetreten ist, darüber wird in der Öffentlichkeit nicht sehr laut gesprochen. Unter Experten jedoch herrscht Alarmstufe Rot. Der US-Sicherheitsexperte Bruce Schneier hat es auf den Punkt getroffen: "Auf einer Katastrophenskala von 1 bis 10 ist "Heartbleed" eine 11." Ist es denn tatsächlich so ein Nerd-Thema, nur weil es sich hier um Kryptografie handelt? Und weil da von ein paar wirklich kryptischen Abkürzungen wie SSL oder SSH oder TLS die Rede ist?

Trügerische Sicherheit

Weit gefehlt. Es ist ein Thema, das uns alle angeht, die komplette Netzgemeinde, das ganze Internet. Denn spätestens jetzt wird deutlich, wie leichtfertig wir mit unseren Daten um uns geworfen haben. Schließlich fühlten wir uns sicher, wenn oben in der Leiste dieses kleine beruhigende "https" zu lesen war. Wenn da ein Fenster aufpoppte, in dem irgendwas von Sicherheitszertifikat und sicherer SSL-Verschlüsselung stand. Klick, ab dafür, meine Daten laufen über eine geschützte Verbindung. Jetzt wissen wir, dass das nicht unbedingt überall der Fall war.

Wer bisher noch von sich sagte: "Soll die NSA doch meine E-Mails lesen, ich hab nichts zu verbergen", der hat jetzt ein ganz anderes Problem: Er sollte sich jetzt doch mal um seine Zugangsdaten bei Amazon, Ebay, Zalando, bei seiner Hausbank und vielleicht auch bei Paypal und anderen Online-Bezahlsystemen kümmern.

Mir wird ganz schlecht, wenn ich daran denke, wo ich überall schon meine Kreditkartennummer eingetragen habe. Und wenn ich daran denke, dass ich in letzter Zeit mehrfach Flüge über einen Onlinezugang gebucht habe, der sich direkt bei meiner Bank einloggt.

Die Konsequenz

Seit gestern bin ich dabei, meine Zugangsdaten zu den verschiedenen Onlinediensten erst einmal zu sammeln. Es sind wirklich sehr viele. Das ist anstrengend und zeitraubend.

Ich nehme es in Kauf. Weil ich weitermachen will. Ich will im Internet bleiben und weiter diese Fülle an Infos, Wissen, Kommunikationswegen, Kontakten, Netzwerken, Blogs, Fotos, Videos und Witzigkeiten nutzen. Ohne Internet würde selbst mir, die in einer analogen Welt aufgewachsen ist, ganz schön was fehlen. Ein Ausstieg ist für mich definitiv keine Konsequenz aus dem Netz-GAU.

Also versuche ich, mich vor den Gefahren, die das Internet für mich bereithält, zu schützen. So wie ich mir beim Klettern einen Helm aufsetze. Nervt auch, aber ist sicherer als ohne. Also gut. Passwort eins: G#8Yrp::9 xBv. Passwort zwei: 6Gh_ez7k33?xs. Passwort drei: +3kMbf7-Q6&4....



Silke Wünsch ist Redakteurin der Seite "Digitales Leben". Eines Tages wurde sie gefragt, ob sie diese Seite gerne betreuen möchte. Sie sagte: "Nun, ich bin bei Facebook und liebe hübsche Computer aus Cupertino, warum eigentlich nicht?" Und schon hatte sie den Job. An dieser Stelle schreibt sie über die schrägen Seiten des Digitalen Lebens, kommentiert das Treiben des Netzvolkes und wundert sich über die Skurrilitäten, die dieses komische Internet so spannend machen.

Silke Wünsch
Bild: DW / Christel Becker-Rau