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IS erobert Teile von Kobane

7. Oktober 2014

Die Extremistenorganisation "Islamischer Staat" ist in die syrische Kurdenhochburg Kobane eingedrungen und hat nach heftigen Kämpfen Teile der Grenzstadt erobert. Steht die ganze Stadt nun vor dem Fall?

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Syrien Kobane Kämpfe 06.10.2014
Bild: Aris Messinis /AFP/Getty Images

Bei den von der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) eroberten Gebiete handelt es sich um drei Stadtteile im Osten der syrischen Grenzstadt. Die IS-Kämpfer hätten eine Industriezone und die Viertel Maktala al-Dschadida und Kani Arabane in ihre Gewalt gebracht, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Zuvor hatten sie sich heftige Straßen- und Häuserkämpfe mit den kurdischen Bewohnern geliefert. Die Dschihadisten seien mit Panzern vorgerückt und hätten auch Autobomben eingesetzt, wie ein Sprecher der kurdischen Mediengruppe "Freie Medienunion" der Nachrichtenagentur dpa berichtete. Mehr als 2000 Menschen sollen aus der Stadt zur türkischen Grenze in Sicherheit gebracht worden seien.

Seit fast drei Wochen war der IS trotz Gegenwehr der Kurden und Luftangriffen der internationalen Militärallianz unaufhaltsam auf Kobane vorgerückt. Die Stadt ist die letzte Bastion in einer Enklave, die von den kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) kontrolliert wird. Deren Kämpfer sind mit dem syrischen Ableger der kurdischen Arbeiterpartei PKK verbunden.

Auch aus Hasaka, einer anderen kurdischen Enklave im Nordosten Syriens, wurden neue Anschläge gemeldet. Innerhalb weniger Minuten hätten Selbstmordattentäter zwei Kontrollpunkte der Kurden am Stadtrand angegriffen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Dabei seien mindestens 30 kurdische Kämpfer und Sicherheitskräfte getötet worden.

rken schicken vorerst keine Bodentruppen

Wenige Stunden vor der teilweisen Eroberung von Kobane hatten kurdische Politiker die internationale Gemeinschaft zu mehr Unterstützung aufgefordert und vor einem Massaker gewarnt. "Wir werden alles nur Mögliche unternehmen, um den Menschen in Kobane zu helfen", versprach der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu in einem Interview mit dem US-Sender CNN. "Doch Bodentruppen zu schicken, ist selbstverständlich eine andere Entscheidung", schränkte er ein. Wenn man in Kobane eingreife, müsse man in ganz Syrien intervenieren. Kobane liegt direkt an der Grenze zum Nato-Mitgliedsstaat Türkei. Das türkische Parlament hatte vor wenigen Tagen grünes Licht für einen Militäreinsatz in Syrien und dem Irak im Kampf gegen den IS gegeben.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte bei einem Besuch in Polen, sollte es Anzeichen geben, dass die Türkei bedroht sei, bestehe auch die Möglichkeit, Truppen zu entsenden. Die "Sicherung der territorialen Unversehrtheit der Mitglieder, auch der Türkei" sei die Hauptaufgabe des Bündnisses. Immer wieder schlagen Geschosse aus der umkämpften syrischen Grenzregion auf dem Terrain des Nachbarlandes ein.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief zum Schutz der Zivilbevölkerung in Kobane auf. Ein Sprecher Bans sagte in New York, der Generalsekretär appeliere an alle, die die Mittel dazu hätten, sofort zum Schutz der Zivilbevölkerung zu handeln. Diese Forderung erhob Ban vor dem Hintergrund der "groben und grausamen Verletzungen der Menschenrechte", die die Terroristengruppe während ihres "barbarischen Feldzugs" in der Region begangen habe.

Protestaktion bei Deutsche Welle in Bonn
Kurden-Protest bei der Deutschen Welle in BonnBild: DW/J. Mahncke

Kurdenproteste in Europa

Aus Protest gegen den IS und seinen Angriff auf die Stadt Kobane haben rund hundert Kurden das Gebäude des niederländischen Parlaments in Den Haag gestürmt. Auch am Hamburger Rathaus und vor dem Gebäude des WDR in Köln kam es zu Demonstrationen. Eine Gruppe von etwa 60 kurdischen Demonstranten stürmte das Gebäude der Deutschen Welle in Bonn. Die Aktivisten, einige davon Mitglieder des kurdischen Frauenbüros für Frieden e.V. und anderer Frauenvereine, übergaben der Deutschen Welle eine Deklaration. Darin fordern sie "humanitäre Hilfe für die geflohenen Frauen und Kinder und langfristige Projekte, um Frauen, Mädchen und Kindern eine Überlebensperspektive zu bieten".

chr / re (afp, dpa, reuters)