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EU weist Kritik zurück

Bernd Riegert25. August 2014

Die Kritik von Entwicklungs-Minister Müller an der Hilfe der EU für den Nordirak sorgt in Brüssel für Verwunderung. Deutschland fordert eine "Sondermilliarde", aber Geld sei nicht das größte Problem, sagt Brüssel.

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Irak Flüchtlinge in Erbil 13.08.2014
Flüchtingscamp in ErbilBild: picture-alliance/dpa

Die EU-Kommissarin für Katastrophenhilfe, Kristalina Georgieva, war letzte Woche im Nordirak unterwegs, um sich selbst ein Bild der Lage zu machen. Rund 1,2 Millionen Flüchtlinge, die vor der Terrormiliz IS fliehen, müssten akut versorgt werden, schätzt Georgieva. "Für sie ist es absolut notwendig, dass wir alles mobilisieren, was wir haben, und so schnell liefern, wie wir können. Deshalb finanzieren wir humanitäre Hilfe. Wir haben auch eine humanitäre Luftbrücke aus Europa nach Erbil eingerichtet. Die EU-Mitgliedsstaaten schicken genau das, was hier auch gebraucht wird", sagte die EU-Kommissarin am Ende ihrer Erkundungsreise in der Stadt Erbil. Zelte, Decken und Nahrungsmittel würden am dringlichsten gebraucht. Die EU-Kommission in Brüssel hat die Koordination der Hilfslieferungen und die Organisation einer Luftbrücke zusammen mit den Vereinten Nationen übernommen. Aus dem EU-Haushalt hat die Kommission bislang 17 Millionen Euro für die akute Versorgung der Flüchtlinge aufgewendet.

Deutscher Minister kritisiert EU-Hilfe für den Irak

Dem deutschen Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) ist das zu wenig. Er kritisierte in einem Interview mit der Zeitung "Augsburger Allgemeine" die Europäische Union. "Was ich vermisse, ist eine europäisch koordinierte Sofort-Aktion und die Bereitstellung einer Sondermilliarde der EU für die Flüchtlingshilfe. Die EU läuft Gefahr, humanitär zu versagen", sagte Müller der Zeitung. Die Kritik kann der für Entwicklungs- und Katastrophenhilfe zuständige Sprecher der EU-Kommission nicht nachvollziehen. Die EU habe am 14. August den europäischen Notfallplan ausgelöst, der für solche Fälle mit allen EU-Mitgliedsstaaten vereinbart sei. Im Moment beteiligen sich nur fünf der 28 Mitgliedsstaaten an diesem koordinierten Vorgehen unter europäischem Dach. Deutschland gehört laut Aufstellung der EU-Kommission nicht zu diesen teilnehmenden Staaten. Am aktivsten auf europäischer Ebene sind Frankreich, Italien, Schweden, Dänemark und Großbritannien. "Wir koordinieren die individuellen Hilfen der Mitgliedsstaaten. Wir haben bereits fünf Mitgliedsstaaten, die großzügig helfen und unterstützen", sagte der Sprecher der EU-Kommission Alexandre Polack der Deutschen Welle.

Gerd Müller Bundesentwicklungsminister PK 12.03.2014 Berlin
Müller: EU riskiert VersagenBild: picture-alliance/dpa

"Deutschland führt, Brüssel ist unbeweglich"

Deutschland hat nach Angaben des Auswärtigen Amtes 25 Millionen Euro an Soforthilfe für den Nordirak zugesagt. Die Bundeswehr fliegt Hilfsgüter nach Erbil, wo sie aber tagelang im Zoll feststecken. Die pauschale Forderung von Entwicklungshilfeminister Gerd Müller nach mehr Geld unterstütze die EU-Kommission, so ihr Sprecher. Die Mitgliedsstaaten seien aufgefordert, mehr Hilfen zu beschließen und die nach Brüssel zu melden. "Leider bewegt sich in Brüssel in dieser Richtung zu wenig", hatte Minister Müller in der Augsburger Allgemeinen Zeitung kritisiert. Müller hatte bereits in einem Interview mit dem "Zweiten Deutschen Fernsehen" herausgestellt, dass Deutschland bei der Irak-Hilfe führend sei, nur wird sie offenbar nicht über die EU-Kommission in Brüssel koordiniert. "Wir, Deutschland, die Bundesregierung, sind in Europa führend, was den Bereich der humanitären Hilfe anbetrifft", so Gerd Müller im ZDF in der vergangenen Woche.

EU: Geld ist nicht das größte Problem

Die EU-Kommission will sich auf einen Streit, darüber, wer wann am meisten zahlt, nicht so gerne einlassen. Das Problem sei meist nicht das Geld, um Hilfe zu bezahlen, sondern der Zugang zu den Flüchtlingen, sagte der Sprecher der EU-Kommission, Alexandre Polack, der DW. "Bislang haben wir die finanziellen Mittel aufgetrieben, die jetzt vor Ort ausgegeben werden. Lassen Sie uns sehen, wie wir das Geld ausgeben können und dann entscheiden, ob mehr gebraucht wird. Die EU-Kommission wird da immer vorne mit dabei sein. Wir fordern die restlichen Mitgliedsstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, sich weiter zu engagieren, denn der Bedarf ist groß." Problematisch sei es, die Hilfslieferungen zu den Flüchtlingen zu bringen, die sich teilweise noch in umkämpften Gebieten aufhielten. Die EU versuche mit den irakischen Behörden und den Vereinten Nationen einen "humanitären Korridor" für die Hilfslieferungen offenzuhalten, was aber schwierig sei, so Alexandre Polack. "Es ist wichtig, dass wir einen humanitären Korridor aufrechterhalten, um mit Flugzeugen Hilfe zu bringen. Das muss jedes Mal genehmigt werden, damit wir die Bevölkerung erreichen können. Das ist eine sehr ernste Situation."

Belgien EU Irak Kristalina Georgieva EU-Kommissarin für Katastrophen und humanitäre Hilfe
Georgieva: So viel wie möglich, so schnell wie möglichBild: picture-alliance/dpa

Die EU-Kommission will ihre Aufwendungen für die Flüchtlingshilfe nicht nur im Nordirak, sondern auch in Syrien weiter steigern. Dazu braucht sie jedoch auch die Zustimmung und Mithilfe der EU-Mitgliedsstaaten. Am kommenden Freitag wollen sich die Außenminister der EU bei ihrem informellen Treffen in Mailand mit der Frage beschäftigen. Im Grunde gingen der deutsche Entwicklungshilfeminister Müller und die EU-Kommission in Brüssel in die gleiche Richtung, so Alexandre Polack. Von Streit möchte er nichts wissen. Die Forderungen des deutschen Ministers kennt er auch nur aus der Zeitung. "Wir brauchen immer mehr Hilfe und Unterstützung von allen international Beteiligten", so der Sprecher der EU-Kommission.