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Hilfe für Menschenrechtsverteidiger

Elisabeth Yorck von Wartenburg22. Juni 2014

Weltweit setzen sich Männer und Frauen für Menschenrechte ein - und geraten wegen ihrer Arbeit in Gefahr. Tausende haben bereits Hilfe von der Europäischen Union erhalten, aber es wird noch immer nicht genug getan.

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Mitglieder der Menschenrechtsorganisation Tlachinollan besuchen Bewohner in Ayutla de los Libres, begleitet von Mitgliedern der Peace Brigades International (Foto: Tlachinollan)
Bild: Tlachinollan

Regelmäßig werden die Mitarbeiter des Menschenrechtszentrums Tlachinollan im südmexikanischen Bundesstaat Guerrero bedroht. Einschüchtern lassen sie sich trotzdem nicht. Denn sie haben eine Mission: Seit 20 Jahren setzen sie sich für die Menschenrechte der Einheimischen ein. Denn in Guerrero kommt es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen wie Vergewaltigungen oder Folter.

"Wir versuchen, zu helfen, indem wir Betroffene beraten oder vor Gericht vertreten", erklärt María Luisa Aguilar Rodríguez von Tlachinollan. Eines ihrer Büros in Ayutla musste die Organisation allerdings im Jahr 2009 wegen Anfeindungen schließen. "So etwas sollte auf keinen Fall in einem demokratischen Land passieren", sagt die Menschenrechtsverteidigerin. Deshalb informierte ihre Organisation die EU-Botschaften in Mexiko über die Situation. "Wir wollten unseren Fall ins politische Gespräch einbringen."

Weltweite Anerkennung schützt Menschenrechtsverteidiger

Internationale Aufmerksamkeit ist für Menschenrechtsverteidiger sehr wichtig. Nicht nur weil sie auf diese Weise Anerkennung für ihre Arbeit erhalten, sondern auch weil sie so politische Rückendeckung erfahren. "Für die EU hat die weltweite Sicherheit von Menschenrechten Priorität", sagt Engelbert Theuermann. Der Österreicher ist Vorsitzender einer Arbeitsgruppe, die für Menschenrechtsfragen in der EU-Politik zuständig ist. Sie arbeitet mit den "EU-Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern", die durch Initiative Irlands vor genau zehn Jahren entwickelt wurden. Die Leitlinien richten sich vor allem an die Botschaften, wie sie Menschenrechtsverteidiger vor Ort unterstützen können.

Engelbert Theuermann, Vorsitzender von Cohom, eine Arbeitsgruppe der EU zu Menschenrechtsfragen (Foto: DW)
Engelbert Theuermann: "Die Zivilgesellschaft muss stärker involviert werden"Bild: DW/E. Yorck von Wartenburg

In mehr als 130 Ländern der Welt sei die EU mit politischer oder finanzieller Hilfe aktiv, so Theuermann. Oft bedarf es nur Kleinigkeiten, wie zum Beispiel ein Anruf, um einem Menschenrechtsverteidiger zu helfen. Im Fall "Tlachinollan" konnte das Büro in Ayutla de Los Libres mit Unterstützung der EU-Delegationen nach zwei Jahren wieder öffnen. 15 Botschafter waren an dem Tag dabei, erzählt Aguilar Rodríguez. "Für uns war das ein sehr wichtiges Zeichen. Die internationale Gemeinschaft hat dem mexikanischen Staat auf diese Weise deutlich gemacht, dass sie hinter uns steht."

Es geht voran: Notfall-Hotline und Sicherheitstraining

Aguilar Rodríguez wünscht sich trotzdem noch mehr Unterstützung: "Die EU sollte den mexikanischen Staat bestimmter dazu auffordern, die Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern umzusetzen." Seitdem es sie gibt, habe sich aber schon einiges verbessert. "Wir haben nun einfacher Zugang zur internationalen Gemeinschaft." Unterstützung erhält Tlachinollan auch von den Front Line Defenders mit Sitz in Dublin. Die nichtstaatliche Organisation (NGO) bietet Menschenrechtsverteidigern zum Beispiel eine Notfall-Hotline in fünf Sprachen oder Sicherheitstrainings an. "Vor den Leitlinien gab es keine Schutzmechanismen der EU für Menschenrechtsverteidiger. Dass wir sie seit zehn Jahren nun haben, ist also schon ein großer Erfolg", so Mary Lawlor von Front Line Defenders. Nun müsse noch die Umsetzung der Richtlinien verbessert werden.

Gerade lokal tätige Menschenrechtsverteidiger und Organisationen auf dem Land haben noch immer schwer Zugang zu den Botschaften, die sich weit entfernt in den Städten befinden. Die Büros von Tlachinollan sind zum Beispiel mehr als fünf Stunden Autofahrt von Mexico City entfernt. "Gerade außerhalb der Städte brauchen Menschenrechtsverteidiger Hilfe, weil sie isoliert und dadurch am verletzlichsten sind. Vor allem Frauen sind Übergriffen schutzlos ausgeliefert", erklärt Kerstin Reemtsma von Peace Brigades International (PBI). Freiwillige ihrer Organisation begleiten Menschenrechtsverteidiger vor Ort, zum Beispiel auch die Mitarbeiter von Tlachinollan. "Durch die Präsenz unserer Teams machen wir deutlich, dass die Menschenrechtler nicht allein sind, sondern international anerkannt werden", so Reemtsma.

Vertreter der deutschen und französischen Botschaft im Gespräch mit Mitarbeitern von Tlachinollan (Foto: Tlachinollan)
Im Austausch: Vertreter der deutschen und französischen Botschaft besuchen die Mitarbeiter von TlachinollanBild: Tlachinollan

Auch die Zivilgesellschaft muss für Menschenrechte eintreten

Der Einsatz von EU und NGOs hat bisher schon tausenden Menschenrechtsverteidigern geholfen, ihre Arbeit fortzusetzen. Allerdings funktioniert die Hilfe nicht in allen Ländern gut. "Die Kommunikation zwischen den verschiedenen Institutionen ist noch ausbaufähig", sagt Reemtsma. "Außerdem sollte man präventiv arbeiten, also Betroffenen und deren Familien helfen, bevor sie Opfer von Übergriffen werden."

Maria Luisa Aguilar Rodriguez von der Menschenrechtsorganisation Tlachinollan (Foto: Elisabeth Yorck von Wartenburg)
María Luisa Aguilar Rodríguez setzt sich für Menschenrechte im südmexikanischen Guerrero einBild: DW/E. Yorck von Wartenburg

Die Hilfe der EU und NGOs werde allerdings nicht ausreichen, die Situation der Menschenrechtsverteidiger auf Dauer zu verbessern, sagt Theuermann. Ein Wandel müsse vom Land selbst ausgehen. Und dazu brauche es eine starke Zivilgesellschaft, die Druck auf die Regierungen ausübt und den Menschenrechtsverteidigern zur Seite steht. Das sieht die Menschenrechtsverteidigerin María Luisa Aguilar Rodríguez genauso: "Die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft ist für uns sehr wichtig."