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Bauausstellung in Hamburg

Kathrin Erdmann18. April 2013

Die IBA 2013 will auch mehr Bildung bringen: In Hamburg-Wilhelmsburg, wo die meisten Bauprojekte stehen, wohnen viele Migranten mit wenig Geld. Ein Ziel ist es, die Bildungschancen im Viertel zu verbessern.

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So soll das "Tor zur Welt"aussehen, wenn es fertig ist (Copyright: bof Architekten und Breimann & Brunn Landschaftsarchitekten)
So soll das "Tor zur Welt"aussehen, wenn es fertig istBild: bof Architekten und Breimann & Brunn Landschaftsarchitekten

Bagger schaufeln Sandberge hin und her. Männer verlegen Kabel, schleppen Rohre: Das größte Bildungsprojekt der Internationalen Bauausstellung (IBA) in Hamburg ist das "Tor zu Welt", und: Es ist noch eine Baustelle. Erst Mitte Mai wird das 20.000 Quadratmeter große Bildungszentrum eröffnet.

Neben drei Schulen wird es dort ein Elterncafé, einen Kindergarten, die Volkshochschule und ein Planetarium geben. Viel Glas sorgt für Transparenz, zugleich strahlt die Holzverkleidung Wärme aus. Kinder werden Spaß dabei haben, durch die geschwungenen Flure zu rennen. Auf dem Dach ist sogar eine Rutsche geplant. Insgesamt 60 Bauprojekte sollen auf der IBA 2013 präsentiert werden, die meisten davon im sozial schwachen Viertel Wilhelmsburg. Sieben Jahre dauerte die Vorbereitung für die erste Internationale Bauausstellung im norddeutschen Hamburg, die am 23./24.03.2013 eröffnet wird.

Noch im Bau: Das Bildungszentrum "Tor zur Welt" (Copyright: IBA Hamburg GmbH/Martin Kunze)
Noch im Bau: Das Bildungszentrum "Tor zur Welt"Bild: IBA Hamburg GmbH / Martin Kunze

Ziel: Die Bewohner des Stadtteils ansprechen

"Die offene und freundliche Architektur soll alle ansprechen", sagt IBA-Mitarbeiterin Anne Krupp über das "Tor zur Welt". Das Bildungszentrum will sich in den Stadtteil öffnen. Das ist auch dringend nötig, findet Christoph-Boris Frank. Er leitet die Elbinselschule in Wilhelmsburg: "Viele Eltern unserer Grundschüler erreichen wir bisher nicht, doch das wird sich hoffentlich durch Angebote wie dem Café ändern." Hier, so die Hoffnung, komme jeder ohne Scheu vorbei. Und ein anderer Schulleiter ergänzt: "Wenn wir an die Eltern herankommen, erhöhen wir damit auch die Bildungschancen für die Kinder."

Es ist kein Zufall, dass die IBA einen ihrer Schwerpunkte auf die Bildung gesetzt hat. In Wilhelmsburg südlich der Elbe leben überwiegend Migranten, für über 60 Prozent der Menschen hier ist Deutsch nicht die Muttersprache. Bei den unter 15-Jährigen sind es sogar 80 Prozent. Viele leben trotz Arbeit in Armut. In der 4. Klasse der Elbinselschule ist kein einziges Kind mit deutschen Wurzeln. Selbst auf einfache Fragen kann kaum einer der 10-Jährigen einen ganzen Antwortsatz in korrektem Deutsch bilden.

Bunte Bauzeichnungen zeigen die Anordnung des Gebäudes von oben (Foto: DW/Kathrin Erdmann)
Bunte Bauzeichnungen zeigen die Anordnung des Gebäudes von obenBild: DW/K. Erdmann

Die Bauausstellung bringt auch Ängste

Für den Unterricht sitzen die Jungen und Mädchen der Elbinselschule derzeit noch dicht an dicht in weißen Containern. Sie freuen sich schon auf ihre neue Schule, in die sie im Mai einziehen werden. "Dort ist es viel größer, die Wände sind dicker, wir werden besser lernen können", sagt einer über die Hoffnungen der Schüler. "Das wird schön", freut sich ein anderer.

Dass in ihrem Stadtteil Vieles neu gebaut wird, ist dem einen oder anderen bereits aufgefallen - dass es hier aber eine Bauausstellung geben wird, davon haben die Grundschüler noch nichts gehört. Auch mancher Jugendlicher hat keine richtige Vorstellung, was in seinem Stadtteil passiert. Vielmehr gibt es Ängste, dass durch die vielen neuen Gebäude die Mieten steigen und Menschen mit geringem Einkommen verdrängt werden.

Vielfalt im Stadtteil zum Vorzeigen

Dabei hat die IBA versucht, die Wünsche der Bewohner in die einzelnen Projekte mit einzubeziehen. "Manches Mal waren die Architekten dann erstaunt", erzählt Robert Schreiber von der Hamburger Schulbehörde. Er koordiniert das Vorzeigeprojekt "Tor zur Welt". "Der Vorplatz sollte zum Beispiel Agora heißen, aber damit konnten die Schülerinnen und Schüler nichts anfangen." Künftig wird der Eingang nicht heißen wie der Versammlungsplatz im antiken Griechenland, sondern den Namen "Ankerplatz" tragen. Fünf schiffsförmige Objekte werden dort die Vielfalt im Stadtteil symbolisieren.

Neben dem "Tor zur Welt" ist das Sprach- und Bewegungszentrum an einer ganz anderen Ecke des weitläufigen Hamburger Stadtteils eine neue Bildungseinrichtung. In dem lichtdurchfluteten Gebäude in kräftigem Orange können sich Kinder austoben. "Bewegung fördert die Konzentration und erleichtert den Spracherwerb, und diesen Zusammenhang will man sich hier in den Angeboten zunutze machen", sagt Anne Krupp von der IBA. In einzelnen Räumen im Obergeschoss des Sprach- und Bewegungszentrums können Lehrer mit ihren Schülern gezielt arbeiten.

Innen optisch ansprechend: Das neue Sprach- und Bewegungszentrum (Foto: DW/Kathrin Erdmann)
Innen optisch ansprechend: Das Sprach- und BewegungszentrumBild: DW/K. Erdmann

Dauerhafte Bildungsoffensive

Wolfgang Maack, Leiter der Wilhelmsburger Sprachheilschule, findet das alles "wichtig und richtig", warnt aber vor zu viel Euphorie. "Wir wünschen uns Leuchtfeuer und nicht Leuchtturmprojekte, weil Leuchttürme oben herum leuchten und unten herum bleibt es dunkel. Wir möchten gern, dass es unten herum hell ist, und dass auch 2014 niemand das Licht ausmacht." Die Bildungsoffensive in Wilhelmsburg solle nicht nur zum Vorzeigen sein, sondern die erreichen, die sie benötigen - und das über die Dauer der Bauausstellung hinaus.

In einem gemeinsamen Brief hatten deshalb alle Schulleiter aus dem Stadtteil vor Eröffnung der IBA gefordert, mehr für die Chancengleichheit der Kinder und Jugendlichen zu tun. Neue Gebäude seien schön, aber ohne zusätzliches Geld und mehr Zeit für Lehrkräfte werde sich nichts ändern und die Kinder und Jugendlichen weiterhin abgehängt bleiben, so der Tenor. Es bleibt noch einiges zu tun, nicht nur auf den Baustellen.