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Garten weg, Parkplatz her

Ronny Arnold4. Mai 2014

Dresden schmückt sich gerne mit internationalen Projekten. Doch konkrete Unterstützung erhalten diese eher selten. Jetzt muss ein erfolgreicher Integrationsgarten weichen, weil Parkplätze gebraucht werden.

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Internationale Gärten in Dresden (Foto: Ronny Arnold)
Bild: Ronny Arnold

Jinrong Wu kniet kurz neben seinem kleinen Beet, dann dreht er eine Runde durch den Garten. Er wechselt ein paar Worte mit dem syrischen Mann vom Nachbarbeet, dann diskutiert er mit einer Russin über die neuen Gartenwege, die sie gerade in mühevoller Handarbeit hergerichtet hat. Wu kommt gerade von der Arbeit. Der 52-jährige Chinese ist Programmierer in einem Dresdner Unternehmen, seit acht Jahren bestellt er sein Beet in den Internationalen Gärten. Die sind insgesamt 1800 Quadratmeter groß, es gibt viele Einzelbeete und ein paar Gemeinschaftsflächen, etwa 80 Leute sind hier momentan aktiv.

Neue Kontakte für Migranten und Flüchtlinge

Diesmal hat Jinrong Wu ein paar Blumenzwiebeln gesetzt und etwas chinesisches Gemüse angepflanzt, noch ist nicht viel zu sehen in der frischen Erde. Wu gärtnert gern, doch eigentlich ist er wegen etwas anderem hier. "Hauptsache ist, dass wir hier andere Leute treffen können", so Wu. Für die Menschen, die gerade nach Deutschland gekommen sind, sei das sehr wichtig, denn "sie finden hier sofort soziale Kontakte, auch wenn sie der deutschen Sprache noch nicht so mächtig sind". Ob er davon gehört habe, dass der Garten einem Parkhaus weichen soll? Ja, meint der freundliche Mann und wird plötzlich sehr ernst. "Das ist schlecht für die Migranten, aber auch für die Stadt." Es sei einfach kein gutes Zeichen, wo sich Dresden doch immer so weltoffen gebe. Dann will Jinrong Wu lieber erst einmal nichts mehr sagen.

Internationale Gärten in Dresden (Foto: Ronny Arnold)
Internationale Gärten - Ein wichtiger Ort für Migranten in DresdenBild: Ronny Arnold

Mattes Hoffmann hat in den letzten Wochen viel reden müssen, mit Wirtschaftsvertretern, Baudezernenten, Politikern. Genützt hat es am Ende wenig. "Man möchte hier dem Max-Planck-Institut (MPI) freundlich unter die Arme greifen", erklärt der enttäuschte Vereinsvorstand. Der 42-jährige hat die "Internationalen Gärten" gegründet, seit zehn Jahren gärtnert der Dresdner Landschaftsarchitekt hier gemeinsam mit Menschen aus aller Welt. Die Mitarbeiter des MPI können aus ihren Bürofenstern direkt auf den Garten schauen und den Migranten, Flüchtlingen und Deutschen, den Arbeitslosen, Ingenieuren, Köchen und Handwerkern bei der Gartenarbeit zuschauen. Egal woher jemand kommt oder was er tut, meint Mattes Hoffmann, im Garten ist jeder willkommen.

Wirtschaft wichtiger als Integration

Hoffmann ist sauer auf die Stadtplaner im Rathaus, die in seinen Augen wirtschaftliche Interessen höher bewerten als gemeinnützige Integrationsarbeit. "Man gibt hier ein Grundstück in einem Wohngebiet her, das von der Ruhe lebt, ohne Not und ohne Grund." Zweimal habe er vor dem Bauausschuss der Stadt gegen die Pläne angeredet, vergeblich. Nun will man spätestens in zwei Jahren mit dem Bau des Parkhauses beginnen.

Im Dresdner Rathaus verteidigt man die Pläne. Seit Jahren fehle es rund um das Institut an Parkmöglichkeiten, mindestens 400 Stellplätze würden benötigt, gern noch ein paar mehr. Eifrig habe man alternative Standorte für das Parkhaus geprüft, am Ende sei eben nur die Fläche direkt neben dem MPI übrig geblieben. Das Institut brauche dringend eine Erweiterung, dann natürlich auch Stellplätze, erklärt Jörn Marx. Der Bürgermeister der sächsischen Landeshauptstadt zeigt Verständnis, schließlich seien ja auch noch ein paar andere Kleingärtner betroffen. Gemeinsam soll nun nach einer Lösung gesucht werden. Marx sagt, er lege Wert darauf, dass alles offen kommuniziert werde.

Mattes Hoffmann im Garten (Foto: Ronny Arnold)
Mattes Hoffmann kämpft für den Erhalt der Internationalen GärtenBild: Ronny Arnold

Stadt engagiert sich zu wenig

Beim Thema Offenheit muss Mattes Hoffmann kurz schmunzeln. Jahrelang habe die Stadt das Projekt fast ignoriert, nun kämpften einige Politiker um ihre Wiederwahl ins Rathaus und interessierten sich plötzlich für den Garten. In Sachsen ist gerade Kommunalwahlkampf, da ist Diplomatie gefragt, allerdings ist der Spuk in wenigen Wochen vorbei. Hoffmann bezweifelt, dass sich danach noch viele Politiker für das integrative Projekt interessieren. Diese ganze Aktion passt für ihn eher zum stiefmütterlichen Umgang der Stadt mit den "Internationalen Gärten" in den letzten Jahren.

"Wir haben mehr Transparenz gefordert und dass die soziale Nachhaltigkeit stärker in den Vordergrund rückt." Eine Weile dachte er, das Projekt sei wertvoll für Dresden. Immerhin schmücke sich die Stadt an der Elbe auf ihrer Internetseite mit dem Integrationskonzept. Sinnvolle Unterstützung von der Landeshauptstadt habe er allerdings in den ganzen Jahren kaum bekommen, so Mattes Hoffmann, das Parkhaus sei jetzt die Spitze dieser Entwicklung.

Der Umzug wird teuer

Nun hat die Stadt Dresden den "Internationalen Gärten" wenigstens eine Ersatzfläche angeboten und will sogar über finanzielle Hilfe reden. Das würde helfen, meint Hoffmann, denn der Umzug könnte bis zu 50.000 Euro kosten. Gemeinsam müssten sie nun noch einmal anpacken, alles neu aufbauen, wieder Beete anlegen, Bäume pflanzen, ein Vereinshaus bauen. Ob alle Mitstreiter mit umziehen, sei allerdings fraglich.

Jinrong Wu steigt auf sein Fahrrad. Für heute hat er genug von der Gartenarbeit. Ob er mit umziehen mag? Eigentlich schon, aber es wäre "wirklich ein riesiger Aufwand und mit viel, viel Arbeit verbunden". Er befürchtet, dass die Gemeinschaft auseinander brechen könnte, weil nicht alle mitkommen. Noch hofft er, dass sie hier bleiben können, auch wenn es gerade nicht gut aussieht. Der Programmierer aus China wünscht sich ein klares Bekenntnis von der Stadt: "Wenn wir den Garten nicht mehr haben, dann fehlt uns hier in Dresden eine ganz wichtige Plattform."