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Crystal Meth

Carla Bleiker14. Februar 2013

Die Innenminister von Deutschland und Tschechien wollen gemeinsam gegen die Droge Crystal Meth vorgehen, die ihren Weg über die tschechische Grenze vor allem nach Bayern und Sachsen findet.

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Drei kleine Dosen mit Crystal Kristallen stehen auf einem roten Untergrund hinter einem weiteren Haufen Kristalle. (Foto: Matthias Hiekel)
Bild: picture alliance/dpa

Die Droge Crystal Meth, auch bekannt als Crystal Speed oder Methamphetamin, zerstört das Leben der Konsumenten in rasend schneller Zeit: Ein Trip kann reichen, um abhängig zu machen. Die Folgen der Droge reichen von Zahnausfall und verätzendem Zahnfleisch (dem sogenannten "Meth Mouth") über Schlafstörungen und Wahnvorstellungen bis hin zu Hirnblutungen und Herzstillstand.

Crystal -Konsum ist ein wachsendes Problem in Sachsen und im Osten Bayerns, wo Drogensüchtige und Neugierige nur ein Mal kurz über die Grenze fahren müssen, um an den Stoff zu kommen: In Tschechien schießen die Meth Küchen wie Pilze aus dem Boden und die Droge ist auf Asia-Märkten im Grenzgebiet einfach und günstig zu bekommen.

Umkehr des Aufwärtstrends

Damit soll jetzt Schluss sein. Auf einer gemeinsamen Konferenz trafen sich Innenminister Hans-Peter Friedrich und sein tschechischer Amtskollege Jan Kubice am Donnerstag (14.02.2013) in Prag. Die Innenminister der am stärksten betroffenen deutschen Bundesländer, Bayern und Sachsen, waren ebenfalls anwesend.  

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ist im Profil während einer Rede zu sehen. (Foto: Armin Weigel dpa/lby)
Der bayrische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat Crystal in seinem Bundesland den Kampf angesagtBild: picture-alliance/ dpa

"Im Mittelpunkt stand insgesamt die Verstärkung der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden auf tschechischer und deutscher Seite", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann aus Prag der DW. "Unser Ziel ist ganz eindeutig, dass wir den in den letzten Jahren ständig zu beobachtenden Anstieg der Crystal Speed Produktion und des Vertriebs hier beenden können. Wir wollen die Trendwende schaffen, und möglichst schon im nächsten Jahr dazu kommen, dass die Crystal Speed Produktion wieder zurückgeht und damit auch die aufgegriffenen Mengen zurückgehen."

Allein in Bayern ist die Zahl der aufgegriffenen Konsumenten innerhalb eines Jahres um mehr als 15 Prozent gestiegen. 2011 waren es 1832 Konsumenten, die bei Kontrollen mit der Droge erwischt wurden, 2012  bereits 2123, sagte Herrmann. Und während 2011 noch 11,7 Kilogramm Crystal in Bayern sicher gestellt wurden, waren es 2012 rund 14 Kilogramm, oder rund 140.000 Konsumeinheiten, so der Landesinnenminister.

Vom Medikament zur Partydroge

Heute werden diese Konsumeinheiten vorwiegend als Partydroge gespritzt oder geraucht. Nach dem Konsum der Droge kann man 30 Stunden durchfeiern, ohne Schüchternheit, Müdigkeitsgefühle, oder Hunger - bevor dann der Absturz kommt.

Wegen der aufputschenden Wirkung war Crystal, damals unter dem Markennamen Pervitin bekannt, im Zweiten Weltkrieg bei der deutschen Wehrmacht als Aufputschmittel beliebt. "Auch in Tschechien und der Slovakei stand Pervitin als Arzneimittel zur Verfügung", sagt Rainer Kasecker, nationaler Sachverständiger beim European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction, der DW. "Dort hat sich ein entsprechender Konsumentenmarkt gebildet."

Das Logo der EMCDDA zeigt eine Brücke, die von einem blauen in einen gelben Hintergrund führt, umgeben von den EU Sternen. (Bild: http://en.wikipedia.org/wiki/European_Monitoring_Centre_for_Drugs_and_Drug_Addiction)
Das European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction liefert Daten über Drogenmissbrauch in Europa

Die Zutaten, die man fürs Crystal-Brauen braucht, finden sich in freiverkäuflichen Grippemitteln oder Abflussreinigern. In Tschechien sind laut Kasecker nach der Öffnung der Grenzen durch das Schengen-Abkommen regelrechte "Handelsstrukturen" entstanden, weil die verhältnismäßig günstigen Preise die Kunden aus dem nahen Deutschland anlocken und weil das tschechische Gesetz den Besitz von bis zu 2 Gramm Methamphetamin nur als Ordnungswidrigkeit ahndet. Noch zumindest.

Bayerns Innenminister Herrmann begrüßt, dass die Polizei im Nachbarland und der tschechische Innenminister nun härter durchgreifen wollen und die Obergrenze für den straflosen Eigenbesitz von Methamphetamin auf 0,5 Gramm herabgesetzt werden soll.

Ausbreitung in immer mehr Bundesländer

Durch die direkte Nähe zu den Crystal-Küchen in Tschechien sind aber auch Mengebegrenzungen kein Problem für deutsche Drogensüchtige. Heike Wilsdorf, Pressesprecherin des Hauptzollamts Dresden, sagt, ihre Abteilung sei täglich mit diesem Problem konfrontiert: "Konsumenten und Dealer können sich direkt beim Hersteller Crystal besorgen zu relativ günstigen Preisen. Das müssen keine größeren Mengen sein, sie können quasi jede Woche hin."

Crystal Meth-Kristalle stehen neben einer Attrappe einer Batterie(Foto: DW/Karin Jäger)
Crystal Konsumenten schmuggeln die Droge zum Beispiel in Batterie-Atrappen am Zoll vorbeiBild: DW

Wie in Bayern steigt auch in Sachsen seit ein paar Jahren der Crystal Konsum. Von 2011 auf 2012 gab es im Zuständigkeitsbereich des Hauptzollamts Dresden einen Anstieg von 60 Prozent bei den eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen Methamphetamin. Wilsdorf weist aber auch darauf hin, dass Crystal kein regionales Problem mehr ist. Die Droge wuchert wie ein Tumor und hat begonnen, sich auch in Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg, Berlin und Niedersachsen zu verbreiten.

Das ist besonders tragisch, weil die jungen Menschen, die Crystal zum Feiern ausprobieren wollen, oft nicht wieder davon loskommen. Die Rückfallquote bei Methamphetamin Usern liegt bei über 80 Prozent, sagt Wilsdorf.

"Betroffene sagen uns, der einzige Entzug, der klappt, ist es gar nicht erst zu probieren," erzählt die Pressesprecherin. "Crystal ist keine Droge, die man mal probiert, weil das erste Mal schon zur Abhängigkeit führen kann."

Ein Crystal Konsument sitzt mit abgewandtem Gesicht auf einer Mauer. (Foto: DW/Karin Jäger)
Von der Crystal-Sucht loszukommen ist fast unmöglichBild: DW