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Infarkt am Nord-Ostsee-Kanal

7. März 2013

Eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt ist marode. Weil die Instandhaltung verschleppt wurde, ist der Nord-Ostsee-Kanal für große Schiffe gesperrt. Es ist eine weitere Blamage für die Industrienation Deutschland.

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Schiffe in Höhe von Grünental auf dem Nord-Osteekanal (Foto: dpa)
Nord-Ostsee-KanalBild: picture-alliance/dpa

"Das ist ungefähr so, als dürften auf dem Frankfurter Flughafen keine Airbusse landen und auf der Autobahn zwischen Hamburg und Berlin keine Lastwagen fahren", sagte Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer der Nachrichtenagentur dpa. Noch bis Ende übernächster Woche müssen große Schiffe den 460 Kilometer langen Umweg rund um Dänemark nehmen.

Altersschwache Schleusen sind der Grund dafür. Die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt regelt ihr Gefälle mit Schleusenanlagen aus der Kaiserzeit, die immer wieder repariert werden müssen. Inzwischen sind zwei Großschleusen in Brunsbüttel soweit abgenutzt, dass sie nicht mehr bewegt werden können. Beide müssen für eine Reparatur gesperrt werden.

Die volkswirtschaftlichen Schäden sind enorm

Auch eine der beiden kleineren Parallel-Schleusenkammern in Brunsbüttel ist wegen eines Schadens vorübergehend gesperrt, so dass nur noch eine Kammer verfügbar ist. Sie reicht lediglich für Schiffe bis 125 Meter Länge und 6,50 Meter Tiefgang. Damit können zwar zwei Drittel der Schiffe, die den Kanal benutzen wollen, das auch weiterhin tun. Aber es fehlen zwei Drittel der Fracht. Die volkswirtschaftlichen Schäden sind enorm. Zudem hängen allein in Schleswig-Holstein 3500 Arbeitsplätze an der Wasserstraße.

Der Kanal verläuft von Brunsbüttel nach Kiel durch Schleswig-Holstein und verkürzt den Seeweg zwischen der boomenden Ostsee-Region und der Nordsee. Er ist vor allem für den Warenverkehr von und nach Hamburg wichtig, der bedeutenden Drehscheibe im nordeuropäischen Seeverkehr. Im vergangenen Jahr fuhren knapp 35.000 Schiffe über den Nord-Ostsee-Kanal, das sind mehr, als auf dem Suez-Kanal (rund 17.000) und dem Panama-Kanal (etwa 14.500) zusammen.

Frachtschiffe in einer Schleuse des Nord-Ostsee-Kanals in Brunsbüttel (Foto: dpa)
Diese Schleusen in Brunsbüttel sind marodeBild: picture-alliance/dpa

"S21" ist mehr als fünfmal teurer

Experten haben das Desaster seit langem vorhergesagt. Und dass die führende Industrienation Deutschland nicht in der Lage ist, einen so wichtigen Verkehrsweg in Schuss zu halten, entsetzt viele. Dabei streiten die schwarz-gelbe Bundesregierung und das sozialdemokratisch geführte Schleswig-Holstein schon seit längerem über den Ausbau- und Renovierungsbedarf des Nord-Ostsee-Kanals. Reparaturen an den alten Schleusen führten immer wieder zu Behinderungen. Weil es sich um eine internationale Schifffahrtsstraße handelt, wird der Kanal vom Bund verwaltet.

"Diesen Zustand werden wir in den kommenden sieben Jahren leider häufiger erleben", heißt es im zuständigen Bundesverkehrsministerium. Noch im April solle der geplante Neubau der fünften Schleusenkammer ausgeschrieben werden. Mit einem Baustart sei 2015 zu rechnen.

Die Schleusenmodernisierung und die Begradigung des Kanals wird zwar eine Menge Geld kosten, aber nicht einmal ein Fünftel des umstrittenen Bahnhofsprojekts "Stuttgart 21".

rb/wl (afp, dpa)