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Indisches Film-Festival in Stuttgart

Manasi Gopalakrishnan22. Juli 2014

Eine Frau sucht einen Protagonisten für ihr Filmprojekt und findet die große Liebe. Ein Mann ist überzeugt, dass Seelenfrieden nur in Indien zu finden ist. Beim indischen Film-Festival in Stuttgart trafen alle zusammen.

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11. Indisches Filmfestival Kamal Musale Richie Mehta Dr. Mohan Agashe
Bild: Frank von zur Gathen

Franziska Schönenberger wollte ursprünglich einen Film über junge indische Künstler machen. Bei ihren Recherchen im Internet fand sie die Zeichnungen des Südinders Jayakrishnan Subramanian. "Ich schrieb ihm eine Nachricht und erklärte, dass ich eine deutsche Regisseurin bin und dass ich für einen Film indische Künstler suche." Damit fing alles an. Sie blieben in Kontakt und heute sind Franziska und Jayakrishnan verheiratet. Das ursprüngliche Filmprojekt ist nicht zustande gekommen. Stattdessen "ist es irgendwie ein Film über die Eltern meines Mannes geworden."

In dem Film "Amma und Appa" (Mama und Papa) geht es um die Frage, wie Jayakrishnans Eltern mit der Schwiegertochter, die in einem ganz anderen Kulturkreis aufgewachsen ist, klarkommen. "Wir hatten Angst", gesteht Jayakrishnans Mutter. "Wir dachten, er verlässt uns und geht jetzt zu ihrer Familie." Deutschland ist so weit entfernt, so anders. Dennoch haben sie ihrem Sohn die Ehe nicht verboten.

Umgekehrt hatten die deutschen Eltern keine Angst, dass ihre Tochter weggehen könnte. Anders als in Indien können deutsche Eltern ihren Söhnen und Töchtern die Ehe auch nicht verbieten. Aber beide Familien mussten sich für eine fremde Kultur öffnen und bereit sein, eigene Vorstellungen zu relativieren.

Die Suche nach Glück

"Inder sind aber wirklich anders als wir," meint auch der Schauspieler Rainer Langhans, dessen Mitgliedschaft in der berühmt-berüchtigten Kommune Eins Ende der 60er Jahre für große Aufregung sorgte. Die Berliner Kommune Eins verstand sich als politische Wohngemeinschaft, die mit neuen Arten des Zusammenlebens experimentierte. Der ehemalige WG-Bewohner Langhans stellt mit Jutta Winkelmann beim Stuttgarter Filmfest den Dokumentarfilm "Good Luck in Finding Yourself," (Viel Glück bei der Suche nach dir selbst) vor.

Regisseurin Franziska Schönenberger mit ihrer Familie
Regisseurin Franziska Schönenberger mit ihrer FamilieBild: Manasi Gopalakrishnan

Die beiden Künstler sind davon überzeugt, dass Seelenfrieden nur in Indien zu finden ist. "Wir kommen, weil wir die Wahrheit suchen," antwortet Jutta Winkelmann auf die Frage, warum Indien das Ziel vieler spiritueller Touristen ist. "Weil das Land einfach eine sehr lange spirituelle Tradition hat. Auch wenn die Moderne eingebrochen ist, es gibt immer noch dieses Wissen über Gott und die Welt", meint sie.

Die Verschränkung von Kunst, Spiritualität, Moral und Leben ist das allgegenwärtige Thema der Filme, die dieses Jahr im Rahmen des "Indian Film Festival" in Stuttgart gezeigt wurden. Indisches Kino hat mehr zu bieten als Bollywood.

Über Indien hinaus

In dem Film "Siddhartha" des Indo-Kanadischen Regisseur Richie Mehta geht es um einen jungen Namens Siddhartha, der eines Tages verschwindet. Der Vater macht sich auf die Suche nach seinem Sohn. Der Film wurde letztes Jahr in Venedig ausgezeichnet und fand überall große Anerkennung – nur nicht in Indien. "Die schärfste Kritik kam aus Indien. Die Kritiker meinten, dass die Inder in meinem Film zu nett seien. Denn jeder, dem der Protagonist auf seinem Weg begegnet, ist nett zu ihm."

Regisseur Richie Mehta
Regisseur Richie MehtaBild: Manasi Gopalakrishnan

Dabei geht der Film über die Grenzen des Subkontinents hinaus und hat durchaus auch kritische Untertöne. Der junge Siddhartha arbeitet in einer Kleidungsfabrik. So verknüpft der Film die innerindische Perspektive mit der globalen Problematik von wirtschaftlichem Wachstum, ausgebeuteten Arbeitern in der dritten Welt und Kleidung zu Discountpreisen. Unter anderem dafür hat "Siddhartha" den Preis "German Star of India" in Stuttgart gewonnen.

Gesellschaftskritik

Die Reichhaltigkeit des indischen Kinos, bestätigt auch Mohan Agashes Film "Astu". Der 66-jährige Schauspieler, Arzt und Intellektuelle spielt darin die Rolle eines alten Sanskrit-Professors, der unter Alzheimer leidet und eines Tages den Weg nach Hause nicht mehr findet. Sein Film "Astu", so Agashe, handelt vom Zusammenbruch des Familienlebens in der modernen Gesellschaft. "Es geht um die Verantwortung der Gesellschaft ihren älteren Angehörigen gegenüber. Man kann sich dafür entscheiden, dass man keine Kinder bekommt. Aber Eltern hat man sowieso, egal ob man sie sich wünscht oder nicht." "Astu" hat den Publikumspreis für die sensible Darstellung des Alters gewonnen.

Die Filme auf dem indischen Film-Festival in Stuttgart sind durch und durch indisch. Es gibt auch typische Bollywoodproduktionen mit Gesang, Tanz und einem Haufen von Emotionen. Letztendlich aber handeln alle Filme von Menschen. Und, wie Jutta Winkelmann es so passend ausdrückt, "gute und bösen Menschen gibt es überall." Ebenso wie Liebe und die Sehnsucht nach Frieden, die sich wie ein Leitmotiv durch alle Filme zieht.