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Ein letztes Telegramm

14. Juli 2013

Es ist nicht die wichtigste Meldung des Wochenendes, aber in Zeiten von Twitter und Co. ist es eine Meldung wert: In Indien haben Tausende die Telegrafenämter gestürmt, um zum letzten Mal ein Telegramm zu verschicken.

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Schlangen in Neu Delhi am letzten Tag im Telegrafenamt (Foto: AP)
Bild: picture alliance / AP Photo

Denn der Dienst wird nach mehr als 162 Jahren eingestellt. Telegramme zu verschicken war zu teuer geworden; der Dienst machte Verluste. Zuletzt 23 Millionen US-Dollar im Jahr, wie es heißt.

Angesichts des Andrangs an den Schaltern wurde eigens das Personal aufgestockt, wie der Leiter des staatlichen Telegrafendienstes, Shameem Akhtar, mitteilte. Am Montag ist dann endgültig Schluss mit den bis zuletzt immer persönlich durch Fahrradboten überbrachten Telegrammen zu Geburten, Todesfällen oder anderen wichtigen Ereignissen.

Bis zum Siegeszug von Handy und Internet waren Telegramme in Indien das Hauptkommunikationsmittel für den Versand von Nachrichten über lange Strecken. 1947 etwa, im Jahr der indischen Unabhängigkeit von der britischen Kolonialherrschaft, wurden 20 Millionen Nachrichten auf diese Weise verschickt. 2012 waren es noch 40.000 Telegramme. Die Bevölkerung hatte sich inzwischen vervierfacht, heute leben 1,2 Milliarden Menschen auf dem Subkontinent.

Indien stellt das Kommunikationsmittel Telegramm ein (Foto: AP)
Zuletzt ein nicht mehr ganz so wichtiges KommunikationsmittelBild: picture alliance / AP Photo

Belgien und Schweden haben es noch

Indien ist das letzte große Land, das sich vom Telegramm trennt - Belgien, Schweden und mehrere kleinere Staaten halten den Service weiterhin aufrecht. In anderen Regionen wie etwa in Österreich haben Privatdienste die Übermittlung übernommen. Deutschland stellte den Service Ende 2000 ein.

In Indien war - vor der wirtschaftlichen Öffnung des Landes in den 90er Jahren - jedes Telefon ein Luxus. Doch das Leitungsnetz war überlastet, unzuverlässig und schlecht. Einzig das Telegramm brachte wichtige Nachrichten schnell und sicher zum Empfänger.

"In den letzten Jahren ist die Nutzung drastisch zurückgegangen, weil SMS und Smartphones den Service überflüssig gemacht haben", sagte Shamim Akhtar. Die Zahl der Telegrafenämter in Indien verringerte sich mit der Zeit auf nur noch 75. Die knapp 1100 beim Ministerium für Telekommunikation beschäftigten Telegrafisten sollen künftig an anderer Stelle des Ministeriums arbeiten. Nicht nur sie werden dem als "Taar" (Draht) bekannten Dienst nachtrauern.

ml/uh (afp, epd)