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Im Radar der Bundeswehr

Nina Werkhäuser21. Januar 2014

Da der Bürgerkrieg in Syrien weiter tobt, bleiben 300 deutsche Soldaten in der Türkei stationiert. Sie sollen das Land vor Raketen-Angriffen aus Syrien schützen. Ihr Einsatz wird um ein Jahr verlängert.

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Ein Radarbildschirm - Foto: Marius Becker (dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Jede Rakete, die in Syrien abgeschossen wird, haben die NATO-Soldaten in der Türkei im Blick. Per Radar und Satellit beobachten sie das Kriegsgeschehen im Nachbarland, mit dem die Türkei 900 Kilometer Grenze teilt. Seit einem Jahr sind sie nun dort, von Abzugsplänen kann keine Rede sein. Der Krieg in Syrien, so Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), sei eine "Katastrophe, die mit dem monströsen Chemiewaffenangriff auf die syrische Zivilbevölkerung eine neue Dimension bekommen hat." Angesichts dieser Entwicklung zeichnet sich im Bundestag eine breite Zustimmung für die Verlängerung des Einsatzes um ein weiteres Jahr ab. Das Kabinett hat bereits grünes Licht gegeben.

Hilfe für die Türkei

Als der syrische Bürgerkrieg 2012 auf das Grenzgebiet zur Türkei übergriff, befürchtete die Regierung in Ankara den Beschuss mit ballistischen Raketen aus dem Nachbarland. Die syrische Armee hat Raketen mit einer Reichweite von 700 Kilometern in ihrem Arsenal, die türkische Armee keine effiziente Gegenwehr. Also bat sie die NATO-Partner darum, ihr das "Patriot"-System zur Verfügung zu stellen. Es besteht aus leistungsfähigen Radargeräten, einem Feuerleitstand und Fahrzeugen, von denen die Abwehrraketen abgeschossen werden.

Da im Bündnis nur Deutschland, die USA und die Niederlande über die modernste Variante des Flugabwehrsystems "Patriot" verfügen, haben diese drei Länder die Überwachung des türkisch-syrischen Grenzgebiets übernommen. Deutschland stellte zwei Patriot-Staffeln unter NATO-Kommando und definierte die Mission als rein defensiv. "Der Einsatz dient nicht der Einrichtung oder Überwachung einer Flugverbotszone über syrischem Territorium", heißt es im Mandat des Bundestags. Anfängliche Befürchtungen, deutsche Soldaten könnten in den Konflikt hineingezogen werden, sind inzwischen verstummt.

Zaun der Abschreckung

Eine deutsche Patriot-Staffel in der Türkei, geschützt von einem Stacheldraht - Foto: Kay Nietfeld (dpa)
Deutsche Patriot-Staffel in der TürkeiBild: picture-alliance/dpa

"Active Fence" hat die NATO die Mission getauft, eine unverhohlene Warnung an die Bürgerkriegsparteien in Syrien. Der Beobachtungsposten der Bundeswehr liegt oberhalb der türkischen Stadt Kahramanmaras, rund 100 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt. Auf der anderen Seite liegt die umkämpfte Stadt Aleppo. Bisher musste die Bundeswehr keine ihrer "Patriots" abfeuern. Gegen Beschuss von türkischen Grenzorten mit Granaten können die NATO-Einheiten allerdings nichts ausrichten.

"Der Einsatz unserer Soldatinnen und Soldaten hat sich bewährt", sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in der Bundestags-Debatte über die Verlängerung des Einsatzes. "Bis heute schützen wir erfolgreich die türkische Bevölkerung und das türkische Territorium vor Angriffen mit syrischen Raketen." Insgesamt aber sei die Lage im Grenzgebiet kritisch - 70 türkische Zivilisten seien getötet worden, beschrieb die Ministerin die Lage, und 770.000 syrische Flüchtlinge hätten dort Zuflucht gesucht.

Die Linke: unnötiger Einsatz

Als einzige Partei im Bundestag hält die Linke den Patriot-Einsatz für überflüssig. "Wir alle hier wissen, dass die Türkei momentan im Syrien-Konflikt eher ein Teil des Problems ist", sagte der Linke Jan van Aken im Bundestag. Über die Türkei sickerten Al-Kaida-Kämpfer in das Kampfgebiet, auch Waffen für die Dschihadisten würden über die Türkei nach Syrien geschmuggelt. "Der Rückzug der Bundeswehr wäre jetzt ein politisches Signal an Ankara, diese falsche Politik zu stoppen." Das sieht die Verteidigungsministerin anders. "Wir stehen zu unseren Partnern im Bündnis und zu unseren Zusagen", erklärte von der Leyen. Vergangenen November hatte die Türkei ihre Bitte um Hilfe erneuert.

Nach drei Jahren Bürgerkrieg hofft Außenminister Steinmeier nun darauf, dass die Syrien-Konferenz am 22. Januar in Montreux die verhärteten Fronten aufweicht. "Vielleicht öffnet sich gerade in diesen Tagen erstmals die Tür zu einer politischen Lösung", so Steinmeier. Das hätte auch Folgen für die Bundeswehr: Ein Ende des Syrien-Kriegs würde den Türkei-Einsatz obsolet machen.