1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Viele Kinder in Afghanistan drogenabhängig

Waslat Hasrat-Nazimi21. Februar 2013

Das afghanische Opium ist nicht nur Hauptexportartikel des Landes. Auch ein großer Teil der Bevölkerung ist drogenabhängig. Experten im In- und Ausland sind alarmiert über den steigenden Anteil von Kindern und Frauen.

https://p.dw.com/p/17ilI
Kinder in afghanischem Drogen-Reha-Zentrum (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images

Afghanistan ist Exportweltmeister von Opium, das als weiterverarbeitetes Heroin die Konsumenten in Europa und anderen Märkten erreicht. Aber auch im Inland wird Opium konsumiert, etwa 1,3 Millionen Drogenabhängige gibt nach einer Erhebung des US-Außenministeriums im Land, bei einer Bevölkerung von 30 Millionen. Auch 300.000 Kinder sollen süchtig sein. Wie die kleine Sohayla. Sie erzählt: "Meine Großmutter gab mir das Opium. Immer wenn ich krank war und Schmerzen hatte, hat sie mir es gegeben. Dann ging es mir besser." Sohaylas Eltern sind tot und sie lebt bei ihrer Großmutter. Um sie ruhig zu halten, bekam Sohayla schon als Säugling von ihrer Oma Opium verabreicht. Die Neunjährige würde gerne zur Schule gehen, jedoch lässt ihre Großmutter das nicht zu. Ärzte brachten das Mädchen schließlich in eine Entziehungsklinik.

Unerträgliche Familienverhältnisse

In derselben Klinik in der Provinz Balkh im nördlichen Afghanistan ist auch Khorma Gul untergebracht. Sie schätzt, dass sie über 60 Jahre alt ist, so genau kennt sie ihr Alter nicht. Ihr Mann habe sie ermutigt, Drogen zu nehmen, sagt sie. Auch er ist drogenabhängig. "Mein Mann sagte mir, ich solle doch auch Opium nehmen, um meine Schmerzen zu lindern. Mein Mann ist alt und kann nicht mehr arbeiten, aber er hat fünf Söhne, die ihn unterstützen. Er streitet mit mir und ärgert mich jeden Tag. Ich leide sehr darunter." Immer wenn sie traurig gewesen sei, habe sie Drogen genommen, berichtet Khorma Gul. Anders habe sie keine Erleichterung finden können.

In einer Entziehungsklinik für Frauen und Kinder in Dschalalabad.
In einer Entziehungsklinik für Frauen und Kinder in Dschalalabad.Bild: Getty Images

Der elfjährige Sohn von Khorma Gul wird ebenfalls in der Klinik wegen Drogenabhängigkeit behandelt. Seine Mutter rechtfertigt ihr früheres Verhalten: "Was hätte ich machen sollen? Er hat so viel geweint und gequengelt. Wir sind arm und wir können uns keinen Arzt leisten." Sie sei gezwungen gewesen, ihr Kind mit Opium ruhig zu stellen: "Mir blieb keine andere Wahl." Khorma Gul will aber jetzt dem Rauschgift endgültig abschwören und auch ihrem Sohn keins mehr geben.

Kinder mit guten Chancen auf Heilung

Drei bis fünf Prozent seiner Patienten seien Kinder, sagt Mohammad Dawood Rateb, Chef der Klinik in Balkh. Zwischen zehn und 15 Prozent seien Frauen. Etwa 460 Patienten wurden 2012 in seiner Klinik behandelt. Etwa ein Drittel der Drogenzentren in Afghanistan haben sich sogar auf Frauen und Kinder spezialisiert. Armut und Arbeitslosigkeit seien die Hauptgründe für die hohe Drogenabhängigkeit in Afghanistan, berichtet der Klinikleiter und gelernte Ingenieur. Vor allem ehemalige Flüchtlinge seien davon betroffen. Die Patienten verbringen 45 Tage in der Klinik. Nach der Entlassung werden sie ein weiteres Jahr lang betreut, um Rückfälle zu vermeiden. Dabei sei die Erfolgsquote bei Frauen und Kindern sehr viel höher als bei Männern, erklärt Rateb: "Beide kommen viel eher von den Drogen los und schaffen den Absprung. Das liegt daran, dass sie von ihren Familien angestiftet wurden und nicht aus eigenem Antrieb mit den Drogen angefangen haben."

Mohnblumenfeld in Kundus (Foto: (Foto: dpa)
Der Opiumanbau ist und bleibt für viele Bauern konkurrenzlosBild: picture-alliance/dpa

Die Provinz Balkh habe noch vor einigen Jahren als Opiumzentrum Afghanistans gegolten, so der Klinikchef. Der Drogenanbau in Balkh sei aber inzwischen fast komplett zurückgegangen, was allerdings kein Indikator für ganz Afghanistan ist: Die gesamte Anbaufläche hat im vergangenen Jahr nach UN-Zahlen um 18 Prozent zugenommen.