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Chancen und Probleme der Friedenskonferenz

Nils Naumann / Kersten Knipp21. Januar 2014

Immer wieder wurde sie verschoben, am Mittwoch nun beginnt die lang erwartete Friedenskonferenz in Montreux. Wie stehen die Chancen auf eine Einigung und ein Ende des Bürgerkriegs in Syrien?

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Aleppo: Explosion von Benzintanks nach Gefechten (Foto: REUTERS/Haleem Al-Halabi )
Bild: Reuters

Was ist das Ziel der Konferenz?

Ziel der Gespräche ist eine politische Lösung des Bürgerkriegs in Syrien. Dazu wollen Russland, die USA und die Vereinten Nationen Vertreter der syrischen Regierung und der Opposition an einen Tisch bringen. Grundlage der Verhandlungen ist die Abschlusserklärung der ersten Genfer Syrien-Friedenskonferenz im Juni 2012. Darin ist die Errichtung einer Übergangsregierung vorgesehen. Der Rückzug von Präsident Baschar al-Assad wird nicht explizit gefordert.

Wer sind die nationalen Verhandlungspartner?

Eines ist klar: Assad reist nicht selbst in die Schweiz. Syriens Machthaber schickt aber eine Delegation zu den Verhandlungen. Sie wird von Außenminister Walid al-Muallim geleitet.

Auch die Opposition nimmt teil. Kurz vor Beginn der Konferenz stand das wieder zur Diskussion. Grund war die mögliche Teilnahme des Irans. Die syrische Opposition hatte gefordert, der Iran solle als Vorbedingung für eine Teilnahme seine Kämpfer aus Syrien abziehen und die Abschlusserklärung der ersten Syrien-Konferenz 2012 anerkennen. Auch Frankreich und die USA verlangten vom Iran vorab die Akzeptanz einer syrischen Übergangsregierung mit voller Exekutivgewalt. Da der Iran die Vorbedingungen der Konferenz ausdrücklich nicht anerkennen wollte, lud Ban ihn jedoch wieder aus. Die Verhandlungen finden jetzt also mit der Opposition, aber ohne den Iran statt.

Auch die Armee der syrischen Rebellen (FSA) hatte bereits einen Boykott der Verhandlungen angekündigt. Von einer Feuerpause hält ihr Kommandeur General Salim Idriss wenig. Seine Truppen würden die Kämpfe weder während der Konferenz noch danach einstellen, erklärte Salim Idriss. Die FSA wird genau wie die SNC vom Westen und den arabischen Golfstaaten unterstützt.

Der Chef der Freien Syrischen Armee, General Selim Idriss (Foto: JOHN THYS/AFP/Getty Images)
FSA-Chef Salim Idriss lehnt Verhandlungen mit dem Assad-Regime abBild: John Thys/AFP/Getty Images

Ebenso werden auch die immer stärkeren islamistischen Rebellengruppen nicht mit am Verhandlungstisch sitzen. Sie waren nicht eingeladen - und lehnen Verhandlungen mit dem Regime ebenfalls ab. Die Islamisten werfen den gemäßigten Kräften vor, damit Assads Gewaltherrschaft anzuerkennen. Wer zur Konferenz fahre, erklärten sie, werde als Verräter betrachtet.

Die unterschiedlichen Oppositionsgruppen sind zum Teil auch untereinander verfeindet. Teils bekämpfen sie sich sogar. Die Syrische Nationale Koalition hat sich von den radikalen Islamisten distanziert.

Wie steht es um die internationale Beteiligung?

An der Konferenz werden vier internationale Institutionen (Vereinte Nationen, Europäische Union, Arabische Liga und die Organisation islamischer Staaten) teilnehmen, zudem rund 30 Staaten aus allen Weltregionen.

Was will das Assad-Regime?

Präsident Assad hält sich für den legitimen Herrscher Syriens. Darum betrachtet er den Aufstand gegen seine Regierung als illegitim. Die Kämpfer der Opposition bezeichnet er durchweg als "Terroristen". Zudem will er bei den Präsidentschaftswahlen 2014 wieder antreten. Entsprechend unnachgiebig gibt sich das Regime im Vorfeld der Konferenz. "Die offizielle syrische Delegation wird nicht nach Genf gehen, um die Macht zu übergeben", erklärte ein Vertreter des syrischen Außenministeriums. Die Forderung des Westens und der Opposition nach einem Amtsverzicht Assads stehe "nicht zur Diskussion". Außerdem hat das Regime erklärt, dass es keine Vereinbarungen mit "Terroristen" schließen will. Aus Sicht der Regierung sind allerdings alle Rebellen und deren Unterstützer "Terroristen". Bei der Konferenz wird sich die Delegation dennoch mit ihnen an einen Tisch setzen. Im Vorfeld der Konferenz machte das Regime weitere Zugeständnisse: So bot es unter anderem eine Waffenruhe für die Stadt Aleppo an.

Syriens Machthaber Baschar al-Assad während eines TV-Interviews (Foto: EPA/SANA)
Denkt nicht an Rücktritt: Baschar al-AssadBild: picture-alliance/dpa

Was will die Opposition?

Die syrische Opposition will vor allem eines: Assads Rückzug. Viele würden Assad wohl am liebsten tot sehen. Die meisten Oppositionellen streben eine Übergangsregierung an - ohne Assad und ohne Assad-Funktionäre, die an der Unterdrückung des Aufstands beteiligt waren. Die Übergangsregierung soll den Weg für freie Wahlen und demokratische Reformen bereiten. Außerdem, so Sadiq al-Mousllie vom Syrischen Nationalrat, müssten die Geheimdienste und die Armee reformiert werden. "Fortan müssen sie der Bevölkerung und nicht dem Regime dienen".

Wie ist die Ausgangslage?

Das Assad-Regime hat derzeit zwei Trümpfe in der Hand: Erstens ist die Opposition nicht geschlossen, sondern vielfach zerstritten. Tiefe Gräben trennen das säkulare vom islamistischen Lager; zudem sind die beiden Lager selbst nicht einheitlich. Sie weisen teils taktische, teils aber auch weltanschauliche Differenzen auf. Insofern wird die Opposition in Genf nicht geschlossen auftreten, was ihre Position schwächen dürfte. Vor allem aber spielt die massive Präsenz militanter Islamisten Assad in die Hände. Sie gibt ihm Gelegenheit, sich als Hüter des Staates zu präsentieren, der entschlossen gegen die Islamisten vorgeht. Diese Strategie scheint sich auszuzahlen: Auch westlichen Regierungen erscheint das Assad-Regime mittlerweile als geringeres Übel als die Islamisten.

Wie stehen die Chancen auf eine Einigung?

Im Vorfeld der Konferenz äußert sich US-Außenminister John Kerry bewusst vorsichtig: Die Konferenz sei die "beste Gelegenheit", um schrittweise einen Weg aus dem blutigen Konflikt zu finden. Dabei dürfe jedoch niemand die Schwierigkeiten unterschätzen. "Wir sind uns bewusst, dass auf dem Weg zu einer politischen Lösung viele Hindernisse lauern."

Und so übt sich auch UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon vor allem in Zweckoptimismus: "Die Verhandlungen werden schwierig sein, aber ohne sie wird es nur Blutvergießen und Verzweiflung geben."