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Hitlers Afrika-Pläne

Philipp Sandner31. August 2014

Als Hitler mit dem Angriff auf Polen 1939 den zweiten Weltkrieg begann, lag sein Augenmerk auf der Eroberung Europas. Doch zu dem Zeitpunkt schmiedete Deutschland längst auch Pläne für ein Kolonialreich in Afrika.

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Adolf Hitler 1939
Bild: Getty Images

Als Adolf Hitler im Januar 1933 an die Macht kam, hatte Deutschland keine Kolonien. Nach ihrem Sieg im Ersten Weltkrieg hatten Großbritannien und Frankreich die einstigen deutschen Kolonialbesitztümer - die heutigen Länder Kamerun, Togo, Tansania, Ruanda und Burundi - unter sich aufgeteilt. Namibia - damals "Deutsch-Südwest" - fiel unter südafrikanische Verwaltung. Der Verlust der deutschen Kolonien war für viele Zeitgenossen Hitlers schwer zu verkraften. Hitler selbst richtete den Blick jedoch stärker auf Europa: Für ihn stand die Ausweitung des Deutschen Reiches in Richtung Frankreich und Sowjetunion im Vordergrund. "Afrika gehörte nicht zu Hitlers Vision von Weltherrschaft", sagt der deutsche Historiker Andreas Eckert vom Institut für Asien- und Afrikawissenschaften der Berliner Humboldt-Universität im DW-Gespräch. "Es war für ihn weit weg."

Ehemalige Deutsche Kolonien in Afrika
In den ehemaligen Kolonien gab es nach 1919 weiter deutsche Gemeinschaften

Dennoch stellte sich der Reichskanzler nicht gegen die Interessen, die Menschen in seinem Umfeld für Afrika hegten. Dazu gehörten auch einflussreiche Politiker, die den Versailler Vertrag, der den 1. Weltkrieg beendete, als erniedrigend empfanden. 1934 schufen die Nationalsozialisten ein eigenes Kolonialpolitisches Amt (KPA). Doch erst zwei Jahre später forderte auch Hitler selbst öffentlich die Rückgabe der verlorenen deutschen Kolonien. Hitler habe Druck aus der Wirtschaft erhalten, schreibt der kamerunische Historiker Prinz Kum'a Ndumbe III, der Autor des Buches "Was wollte Hitler in Afrika?". Dazu gehörten wichtige Geldgeber wie die Reichsbank, die Deutsche Bank und die Firma IG-Farben, die sich Profite von einem Kolonialgebiet in Afrika erhofften. Sie witterten einen Rohstofflieferanten und einen neuen Absatzmarkt.

Der Traum von Mittelafrika

Dazu kommt, dass auch nach dem Verlust der Kolonien im Ersten Weltkrieg noch immer Deutsche in Afrika lebten. Die deutschen Gemeinschaften in Kamerun, Tansania und Namibia lebten vielfach weiter den Traum von deutschen Kolonien, so Eckert. "In all diesen Regionen gab es natürlich auch Ortsvereine von Hitlers Nationalsozialistischer Deutscher Arbeiterpartei." Zu Kriegsbeginn hätten zwar die neuen Kolonialherren viele Deutsche in Kriegsgefangenenlager gesperrt. "Aber nichtsdestotrotz gab es in den ehemaligen Kolonien Menschen, die sehr entschlossen waren, diese Gebiete wieder unter deutsche Herrschaft zu bringen."

Ende der 1930er Jahre wurden die Pläne für ein neues Kolonialgebiet konkreter. "Die ersten Kriegsjahre brachten militärische Erfolge und verstärkten den nationalsozialistischen Größenwahn", sagt Eckert. Gewonnene Schlachten gegen Frankreich und Belgien ließen die Übernahme afrikanischer Staaten zum Greifen nahe erscheinen. Das Kolonialpolitische Amt strebte zunächst ein "Mittelafrikanisches Kolonialreich" im Golf von Guinea an. Es sollte sich vom heutigen Ghana bis Kamerun erstrecken.

Deutsche-Bank-Chef Kurt Weigelt, Hitlers afrikabegeisterter Geldgeber (Foto: dpa)
Kurt Weigelt, Hitlers afrikabegeisterter Geldgeber, hier in einer Aufnahme von 1955Bild: picture-alliance/dpa

Ressortleiter im KPA Kurt Weigelt, gleichzeitig Leiter der Deutschen Bank, ging 1940 davon aus, dass dieses Gebiet mit seinen vielfältigen Bodenschätzen die Bedürfnisse eines großdeutschen Reiches weitgehend decken könnte. Darüber hinaus dachten die Nationalsozialisten aber auch an die Übernahme weiterer Gebiete bis zum Indischen Ozean. Südafrika wollte man indes nicht antasten. Die weiße Minderheitsregierung dort sah die deutsche Führung als möglichen Partner in der Beherrschung Afrikas. Ähnlich wie Südafrika sah auch Deutschland strenge Regeln zur Rassentrennung vor.

Der Traum zerplatzt

Tatsächlich blieben die Pläne aber weitgehend auf dem Papier. Zwar befahl Hitler 1941 einen Nordafrika-Feldzug: 45.000 deutsche Soldaten eilten in Libyen und Ägypten ihren italienischen Verbündeten zur Hilfe. Doch dieser Krieg habe sich nie um Kolonialbesitz gedreht, so Eckert. Vielmehr sei es Hitler um den Zugang zu kriegswichtigen Rohstoffen gegangen - und darum, den Kriegsgegner Großbritannien seinerseits von der Versorgung mit libyschem Öl abzuschneiden.

Zweiter Weltkrieg Afrika und Mittlerer Osten unter Erwin Rommel (Foto: Imago United)
In Nordafrika kämpfte das Deutsche Afrika-Korps gegen einen überlegenen GegnerBild: Imago/United Archives

Doch das so genannte Deutsche Afrika-Korps erwies sich als unterlegen gegenüber den britischen Truppen, die ihm in Nordafrika gegenüberstanden. Und als sich Anfang 1943 auch im Kampf gegen die Sowjetunion an der deutschen Ostfront das Blatt gegen Hitler zu wenden begann, zerplatzte der Traum von "Mittelafrika" völlig. Die Ostoffensive verschlang sämtliche Kräfte, und so wurde im Februar 1943 auch das Kolonialpolitische Amt durch Befehl von oben aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt hatte Russland mit seinem Sieg in Stalingrad bereits die deutsche Niederlage und das Ende des Zweiten Weltkriegs zwei Jahre später eingeläutet.