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Heilige Päpste

Diana Steinbauer23. April 2014

Der eine gilt als naiver Revolutionär, der andere als charismatischer Erzkonservativer. Johannes XXIII. und Johannes Paul II. ragen besonders heraus aus der Reihe der Päpste. Am 27. April werden sie heiliggesprochen.

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Kombi Päpste heilig gesprochen

Er war eigentlich ein Verlegenheitskandidat. Nach dem fast 20-jährigen Pontifikat von Pius XII. fiel es den Kardinälen nach dessen Tod schwer, einen geeigneten Nachfolger für das Petrusamt zu finden. Man entschloss sich für eine Übergangslösung und wählte den 77-jährigen Patriarchen von Venedig, Angelo Giuseppe Roncalli. Der beleibte Roncalli, der sich den Namen Johannes XXIII. gab, strahlte Ruhe, Gelassenheit und Güte aus. Auch wenn niemand ahnen konnte, dass dieser Papst die katholische Welt derart verändern würde, so war der Tag seiner Wahl, der 28. Oktober 1958, doch ein Zeichen. Dieser Tag ist dem heiligen Judas Thaddäus geweiht, den die Gläubigen in schier unmöglichen und unlösbaren Anliegen anrufen.

Johannes XXIII. – Ein Mensch zum Anfassen

Johannes XXIII. war ein Bauernsohn, der 1881 in der Provinz Bergamo in der Lombardei zur Welt kam. Trotz seiner außergewöhnlichen Karriere in der Kirche blieb ihm die autoritäre und sakrale Distanz vieler Priester fremd. Er suchte Gemeinschaft, Austausch und Verständigung und das im ganz großen Rahmen: Kurz nach seiner Wahl hatte das Oberhaupt - zur Überraschung vieler Kardinäle - die Einberufung eines zweiten vatikanischen Konzils angekündigt. Am 11. Oktober 1962 wurde es in Rom feierlich eröffnet.

Papst Johannes XXIII
Johannes XXIII wollte die Katholische Kirche an die moderne Zeit anpassenBild: picture-alliance/dpa

"Verheutigung" der Kirche – Das Zweite Vatikanische Konzil

Die Erneuerung, die "Verheutigung" ("Aggiornamento") der Kirche war das Ziel der Versammlung. Dazu lud Johannes Vertreter aller Kirchen ein und stieß so den ökumenische Dialog an - ein Meilenstein in der 2000-jährigen Kirchengeschichte. Die vier Sitzungsperioden des Konzils erstreckten sich bis zum Dezember 1965. Ergebnisse waren eine Liturgiereform, die es seither ermöglicht, dass Gläubige überall auf der Welt die Gottesdienste in ihrer Muttersprache feiern können, ein neues Kirchenverständnis, das die Rolle der Laien in der Kirche hervorhob und das "gemeinsame Priestertum" aller Getauften betonte sowie eine Öffnung hin zur Welt.

Johannes XXIII. erlebte das Ende seines Reformwerkes nicht. Er erlag am 3. Juni 1963 einem Krebsleiden.

Zweites Vatikanisches Konzil 11.10.1962
Durch das Zweite Vatikanische Konzil sollte die Katholische Kirche offener werdenBild: picture-alliance/dpa

Johannes Paul II. – Visionär der Freiheit

Er hingegen war ein Unbekannter: Als am 16. Oktober 1978 der Erzbischof von Krakau, Karol Wojtyla, auf die Loggia des Petersdomes trat und sich als neuer Papst Johannes Paul II. der Welt präsentierte, war er vielen, auch den Kirchenkennern, kein Begriff. Doch das sollte sich rasch ändern. Der charismatische und agile Mann aus Polen eroberte die Massen im Sturm: die seiner Kirche und darüber hinaus. Dazu beigetragen haben die vielen Reisen des „eiligen Vaters“, wie ihn die Presse häufig nannte. Eine seiner ersten Reisen führte ihn in seine Heimat, das damals noch kommunistische Polen. Dort jubelten ihm Tausende zu. Seine Aufforderung, mit Hilfe des Heiligen Geistes das Antlitz ihres Landes zu verändern, entfachte einen Sturm, der schließlich zum Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in Polen und im ganzen Ostblock beitrug.

Erfahrungen von Entbehrung und Krieg

Johannes Paul II. war geprägt von den Erfahrungen seiner Jugend in einer von Deutschen besetzten und vom Krieg erschütterten Heimat und später der Unterdrückung durch die kommunistischen Machthaber. Auch nach der Einigung Europas blieb er ein Mahner für die Menschenrechte, warb für soziale Reformen und prangerte Konsum und Werteverfall an.

Liebling der Massen oder konservativer Hardliner

Johannes Paul II. war ein Konservativer auf dem Stuhl Petri. Trotz der Betonung der Rolle der Frau für das geistliche Leben blieb es beim Nein zum weiblichen Priestertum. Kritiker wies er in die Schranken und entzog ihnen nicht selten die kirchliche Lehrerlaubnis. Die deutschen Bischöfe zwang er in den 1990er Jahren, aus dem staatlichen System der Schwangerenkonfliktberatung auszusteigen.

Johannes Paul II. 1982
Johannes Paul II.: konservativ, charismatisch und viel unterwegsBild: Getty Images

Anderenorts setzte er Zukunftszeichen: 1984 rief er den Weltjugendtag ins Leben, der seitdem Jugendliche und junge Erwachsene aus allen Teilen der Welt begeistert und zusammenführt. 1986 und 2002 rief Johannes Paul Vertreter aller Religionen zu Weltgebetstagen nach Assisi. Herausragend war zu Beginn des Heiligen Jahres 2000, als er um Vergebung für die Sünden bat, die Angehörige der Kirche verübt hatten, auch am jüdischen Volk und an Andersdenkenden.

Ein Attentat und öffentliches Sterben

Dass der Papst nicht nur Freunde hatte, zeigte sich der gesamten Weltöffentlichkeit, als er am 13. Mai 1981 während einer Audienz auf dem Petersplatz von dem türkischen Extremisten Mehmet Ali Agca angeschossen wurde. Johannes Paul II. entging nur knapp dem Tod. In den 1990er Jahren musste er sich immer wieder neuen Operationen unterziehen. Hinzu kam eine Parkinsonerkrankungen, die seinen Gesundheitszustand mehr und mehr beeinträchtigte. Johannes Paul verbarg seine Krankheit nicht. Die ganze Welt nahm teil an seinem Leiden und schließlich auch an seinem Sterben. Während seiner letzten Stunden harrten Tausende auf dem Petersplatz in Rom und weltweit vor den Fernsehgeräten aus. Als er am 2. April 2005 nach einem 26-jährigen Pontifikat starb, ging für viele eine Ära zu Ende.

Santo subito – schnell heiligsprechen

Dass er gemeinsam mit Papst Johannes XXIII. am weißen Sonntag (27. April 2014) heiliggesprochen wird, hätte Johannes Paul II. sicher gefallen, schließlich war dies sein Lieblingssonntag im Jahreskreis. Vor zwei Monaten hatte Papst Franziskus per Dekret das für eine Heiligsprechung von Papst Johannes Paul II. notwendige Wunder anerkannt. Johannes XXIII. wird ohne anerkanntes Wunder zur Ehre der Altäre erhoben. Das gilt als klare Ansage an konservative Kreise und zeigt die Wertschätzung des amtierenden Papstes für Johannes XXIII. und die Errungenschaften des Konzils.