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Cosco investiert in Piräus

Daphne Grathwohl4. Januar 2013

"Mehr sparen geht nicht", sagen die Griechen. Und hoffen auf Investoren, die Arbeitsplätze schaffen. Eigentlich. Denn als Chinesen in die Stadt Piräus kamen, wollte man sie nicht. Das hat sich nun geändert.

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Pier II, Pireaus Container Terminal (PCT), (Foto: Daphne Grathwohl/DW)
Bild: DW/D. Grathwohl

Nein, das Gelände von Pier II dürfe man nicht allein betreten, erklärt der griechische Wachmann auf dem Parkplatz von "Piraeus Container Terminal" (PCT). Nur im Wagen von Captain Fu, dem General Manager von PCT, dürften Besucher über das Gelände. Er weist den Weg zum bescheidenen Bürogebäude von PCT, Tochtergesellschaft des chinesischen Logistik-Riesen Cosco. Die Reporterin fragt sich: Ausgewählte Ansichten, gelenkte Berichterstattung, die Bestätigung aller chinesischen Klischees?

Als PCT vor drei Jahren eine Lizenz in Pérama, im Westen des Hafens, erwarb, empörten sich die Griechen. "Cosco, go home!", skandierten Demonstranten, versperrten Zufahrten und blockierten die Arbeiten an Pier II. "Wer bei den Chinesen zehn Minuten zu spät kommt, zahlt zehn Euro", unken manche noch heute. Doch die große Protestbewegung ist abgeebbt. Manos Kommatéas ist in Passálimani geboren, im historischen Herzen des Hafens. Früher hatte er eine Firma für Schiffs-Sicherheitstechnik, jetzt fährt er Taxi. Die Krise hat auch ihn getroffen.

Aufbruchstimmung in Piräus

Es sei schwierig in Piräus, viele Menschen hätten keine Arbeit und litten unter den Sparmaßnahmen. Er hoffe zwar, dass sich die Lage bessere, doch so richtig scheint er es nicht zu erwarten. "Griechenland wirkt irgendwie – unreif." Manos glaubt, dass das chinesische Unternehmen Griechenland dabei unterstützen könne, aus der Krise zu kommen. "Das hätte alles schon früher passieren müssen." Die Chinesen bezahlten regelmäßig die Löhne, außerdem seien sie höflich und ausgesprochen gut erzogen.

Straße im Zentrum von Piräus (Foto: Daphne Grathwohl/DW)
Piräus braucht den AufschwungBild: DW/D. Grathwohl

Vorsicht, sagt Herr Zhang leise, und weist auf mögliche Hindernisse an Pier II hin. Der stellvertretende General Manager fährt Besucher im großen Audi über das Hafengelände. Riesige Schiffe werden hier von brandneuen Kränen be- und entladen. LKW holen Container ab oder bringen neue. Der Boden wurde verstärkt, so dass man jetzt fünf Container übereinander stapeln kann anstatt nur zwei, wie nebenan an Pier I, der unter griechischer Verwaltung steht. Bis Mai 2013 soll auch Pier III fertig sein, kleiner als Pier II, aber näher an den geplanten größeren Lagerflächen und mit mehr Tiefgang.

Effizienter als die griechische Konkurrenz

In den vergangenen drei Jahren hat PCT 300 Millionen Euro investiert.270 Menschen arbeiten direkt bei PCT, weitere 800 Arbeitsplätze in Zuliefererunternehmen hängen mittelbar an dem Logistik-Unternehmen. Nur sieben von ihnen sind Chinesen. Und die Muttergesellschaft Cosco hat noch mehr vor. Eine engere Zusammenarbeit mit dem Athener Flughafen Eleftherios Venizelos ist bereits seit zwei Jahren beschlossene Sache. Mitte November wurde eine Kooperation mit der griechischen Bahngesellschaft OSE vereinbart.

Gleisarbeiten am Pireaus Container Terminal (PCT) (Foto: Daphne Grathwohl/DW)
Pier II als Drehscheibe für Südeuropa?Bild: DW/D. Grathwohl

Piräus soll eine Drehscheibe zwischen Asien, Afrika und Europa werden. Man wolle den Schiffen den Umweg über Gibraltar bis Rotterdam oder Hamburg ersparen, so General Manager Fu Chengqiu. Stattdessen solle die Ware aus dem Osten oder Süden in Piräus entweder auf kleinere Schiffe oder direkt auf die Schiene gesetzt und nach Mittel- und vor allem Osteuropa gebracht werden.

Marode Bahnstrecken

Aber die Bahnstrecke durch Griechenland ist eingleisig und veraltet, es fehlen Tunnel und Brücken. Er habe die Situation des griechischen Bahnwesens nicht so genau studiert, erklärt Fu augenzwinkernd. Aber er sei überzeugt, dass man den Ausbau der Strecke beschleunigen könnte, wenn vier, fünf große Logistik-Unternehmen zusammenarbeiten. "The future is bright", sagt Fu - und scheint wieder ein chinesisches Klischee zu bedienen.

Die instabile politische Lage des Landes beeindruckt den Chinesen nicht. "Welche Partei nun an der Macht ist, ist ein internes Problem der Griechen. Ich mische mich nicht ein und vertraue jeder Partei, die an die Macht kommt. Sie müssen ihre Bevölkerung und ihre Interessen schützen und die Unternehmen bei der Entwicklung unterstützen." Welche Regierung gerade am Ruder ist, scheint tatsächlich egal zu sein. An den Wänden des dunklen, trotz des Winters klimatisierten Konferenzsaals hängen noch Bilder von Ex-Ex-Ministerpräsident Giorgos Papandreou.

"Harmony and Win Win"

"Keine Sorge, die griechische Regierung macht weiter. Und die Griechen sind schlau, sie wissen, wie man vorwärts kommt, und sie werden ihre Probleme überwinden", gibt sich der Chinese zuversichtlich. Und falls Griechenland die Eurozone verließe oder doch pleite gehe, gibt es ja immer noch die finanzielle Unterstützung des Mutterhauses in Peking. Bis 2043 läuft die Hafenkonzession für PCT. Geht es dem Unternehmen gut, profitieren auch die Menschen, so Fu optimistisch. Seine Botschaft und gleichzeitig der zentrale Slogan des Image-Films, den Besucher zu sehen bekommen: "Harmony and win win" - alle sollen profitieren, aber in Harmonie.

General Manager Captain Fu Chengqiu (Foto: Daphne Grathwohl/DW)
Volle Rückendeckung aus China - Kapitän Fu ChengqiuBild: DW

Und die anti-chinesischen Proteste? Ein kleiner Schatten legt sich auf Captain Fu´s geschäftsmäßig optimistische Miene. "Wir haben sehr gelitten", sagt er. "In den ersten acht Monaten, in denen Cosco verantwortlich war für die Finanzen, aber alles von der Hafenbehörde von Piräus kontrolliert wurde, hatten wir massive Verluste." Wochenlang hätten die Arbeiten still gelegen.

Eine große Cosco-Familie?

Doch mittlerweile habe sich die Situation verbessert. Das Unternehmen sei eine große Familie, man lerne von einander und entwickle Vertrauen. Man kümmere sich sehr um die Mitarbeiter, da sei es nicht nötig, dass sie gewerkschaftlich organisiert seien, so der PCT-Chef.

Pireaus Container Terminal (PCT), Haupteingang.(Foto: Daphne Grathwohl/DW)
Bescheidener Anfang: der Haupteingang von PCTBild: DW/D. Grathwohl

"Die, die den Protest gegen Cosco organisiert haben, waren doch gerade die Gewerkschafter, die um ihre Privilegien bangten", sagt die griechische Rezeptionistin, nachdem sie das Taxi bestellt hat. Sie habe schon bei vielen Unternehmen gearbeitet, unter anderem in der Management-Etage einer IT-Firma, die nun pleite sei. Bei PCT sei der Lohn nicht gekürzt worden, sagt die Mittdreißigerin, die vor Kurzem Mutter geworden ist. Noch sei nie habe man sie, ihre Persönlichkeit und ihre Zeit so respektiert wie hier. Außerdem könne sie jeden Tag aus drei Gerichten ihr Mittagessen auswählen - auf Kosten der Firma, sagt sie und weist den Weg zum Taxi.