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Haftstrafe für den Kammerdiener

6. Oktober 2012

Im Prozess um die Enthüllungaffäre "Vatileaks" ist der ehemalige Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, zu 18 Monaten Haft verurteilt worden. Er darf aber auf Milde hoffen.

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Paolo Gabriele (2.v.r.) bei der Urteilsverkündung (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Die drei Richter im Vatikan erkannten in ihrem Urteil mildernde Umstände an. Der 46-Jährige habe - "wenn auch fälschlicherweise" - angenommen, er tue das richtige, sagte Richter Guiseppe Dalla Torre.

Papst-Diener muss eineinhalb Jahre in Haft

Zudem sei Gabriele (Artikelfoto 2.v.r) ohne Vorstrafe und habe zuvor gute Arbeit im Vatikan geleistet. Darüber hinaus habe er seine Tat bereut. Während des Verfahrens habe er das Bewusstsein entwickelt, das Vertrauen von Papst Benedikt XVI. gebrochen zu haben.

Anklage hatte das Doppelte gefordert

Wegen Diebstahls und der Weitergabe sensibler Informationen verhängte das Gericht eine Haftstrafe von eineinhalb Jahren. Außerdem muss Gabriele die Prozesskosten tragen. Das Strafmaß blieb damit deutlich unter den von der Staatsanwaltschaft georderten drei Jahren.

Gabriele hatte gestanden, vertrauliche Dokumente aus den Gemächern des Papstes kopiert und weitergegeben zu haben. Unklar ist, wann der frühere Kammerdiener die Haft in einem italienischen Gefängnis antritt. Es ist nämlich damit zu rechnen, dass Papst Benedikt den verheirateten Vater von drei Kindern rasch begnadigen wird.

Vatikansprecher Federico Lombardi (Foto: AFP/GettyImages)
Vatikansprecher Lombardi: eine Begnadigung ist sehr wahrscheinlichBild: ANDREAS SOLARO/AFP/GettyImages

Papst Benedikt prüft Gerichtsakten

 "Die Möglichkeit einer Begnadigung ist sehr konkret und sehr wahrscheinlich", betonte Vatikansprecher Federico Lombardi nach der Urteilsverkündigung. Die Prozessunterlagen würden jetzt dem Papst zugeleitet. Die Verteidigung habe zur Prüfung des Urteils drei Tage Zeit, um eventuell Einspruch zu erheben, fügte Lombardi hinzu.

Gabriele war angeklagt, Briefe vom privaten Schreibtisch des Papstes entwendet und dem Journalisten Gianluigi Nuzzi übergeben zu haben. Dieser benutzte die Dokumente für sein Buch, in dem er über Korruption und Machtkämpfe im Vatikan schrieb. Gabriele sagte, es sei ihm nur darum gegangen, den Heiligen Vater zu beschützen und "über besorgniserregende Vorgänge in der Kirche" zu informieren.

Skandal um Macht Geld

Im Mai war er festgenommen worden, saß mehrere Wochen lang im Gefängnis und stand zuletzt unter Hausarrest. Die unter dem Begriff Vatileaks-Affäre bekannt gewordenen Vorgänge zählen zu den größten Skandalen in der jüngeren Geschichte des Vatikans.

In Nuzzis Buch geht es vor allem um Macht und Geld. Unter anderem nimmt der Autor die wegen Vorwürfen der Geldwäsche kritisierte Vatikanbank ins Visier. Deren früherer Chef Ettore Gotti Tedeschi wurde im Mai entlassen.

Unklar ist auch, ob der diebische Kammerdiener allein handelte. Vor Monaten sprach er von fast 20 Gleichgesinnten im Vatikan. Zuletzt gab er an, "ohne Komplizen" gehandelt zu haben, aber über viele "Kontakte" im Vatikan zu verfügen. Er sei zudem nicht der einzige gewesen, der "im Laufe der Jahre vertrauliche Informationen an die Medien weitergegeben" habe.

uh/rb (dapd, afp, kna)