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CDU-Spitze bremst in Steuerdebatte

26. September 2013

Vor der Wahl hat die Union Steuererhöhungen vielfach ausgeschlossen. Angesichts des anstehenden Koalitionspokers mit SPD und Grünen deutete die CDU einen Sinneswandel an. Doch CDU-Generalsekretär Gröhe dementiert.

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Der CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe im Porträt (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Große Koalition oder schwarz-grüne Koalition? Noch ist unklar, mit wem die Unionsparteien eher ein Bündnis schließen könnten. Denn sowohl SPD als auch Grüne haben sich im Wahlkampf für höhere Steuern eingesetzt, um unterschiedliche Vorhaben zu finanzieren. Plausibel ist jedoch, dass sich die potenziellen Partner auch in dieser wichtigen Frage annähern müssen.

Nach Spekulationen über einen Wortbruch versucht die CDU-Spitze, die parteiinterne Debatte über mögliche Steuererhöhungen wieder zu beenden. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe dementierte Medienberichte, wonach er sich für Steuererhöhungen ausgesprochen habe. "Die Berichterstattung ist falsch. Es gilt uneingeschränkt unser Wahlprogramm: Steuererhöhungen lehnen wir ab. Das sehr gute Wahlergebnis gibt uns ein starkes Mandat, für diese Position zu kämpfen."

Zugeständnis an SPD oder Grüne?

Die "Bild"-Zeitung hatte berichtet, bei internen Gesprächen habe Gröhe die Anhebung des Spitzensteuersatzes ausdrücklich als mögliches Zugeständnis an SPD oder Grüne ins Spiel gebracht. In einem Gespräch mit Vertretern des CDU-Wirtschaftsflügels habe Gröhe erklärt, dass sich die Partei eventuell mit einem höheren Spitzensteuersatz anfreunden müsse.

Verwirrung in der Steuerdebatte

Im Gegenzug wolle die CDU fordern, dass die SPD im Bundesrat die Abmilderung der sogenannten kalten Progression bei der Einkommenssteuer nicht mehr blockiert. Ein Gesetzentwurf der Regierungskoalition, der diesen Effekt abmildern und die Bürger um sechs Milliarden Euro entlasten sollte, war an der rot-grünen Mehrheit im Bundesrat gescheitert.

SPD und Grüne waren mit der Forderung nach höheren Steuern für höhere Einkommen und größere Vermögen in den Wahlkampf gezogen, um dadurch Spielräume für mehr Investitionen in Infrastruktur und Bildung zu gewinnen. Angesichts sprudelnder Steuereinnahmen hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel dies abgelehnt.

Schäuble und Laschet deuten Spielräume an

Inzwischen lehnten es die beiden Partei-Vize Julia Klöckner und Thomas Strobl ab, SPD für Koalitionsverhandlungen eine Anhebung des Spitzensteuersatzes anzubieten. Die Debatte war am Mittwoch ausgebrochen, weil Finanzminister Wolfgang Schäuble Steuererhöhungen nicht ausgeschlossen und der nordrhein-westfälische Parteivize Armin Laschet von "nötigen Kompromissen in allen Bereichen" gesprochen hatte.

Der CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle sagte, er könne sich eine moderate Erhöhung des Spitzensteuersatzes am oberen Ende vorstellen, um Entlastungen am unteren Ende gegenzufinanzieren. In die gleiche Kerbe hieb der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Middelberg. "Der Spitzensteuersatz ist kein Tabu, wenn wir am Ende mehr Gerechtigkeit und Vereinfachung erreichen", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.

Widerspruch von CSU und Wirtschaft

Scharfer Gegenwind kam dazu umgehend aus Bayern und der Wirtschaft. Bayerns Finanzminister Markus Söder stellte für die CSU klar, dass sie in Berliner Koalitionsverhandlungen keinerlei Steuererhöhungen akzeptieren werde. "Mit der CSU gibt es keine Steuererhöhungen", sagte Söder in München. Es gebe in Zeiten höchster Steuereinnahmen überhaupt keinen Anlass, darüber zu reden.

Auch der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Michael Fuchs sprach sich gegen höhere Steuern aus. "Wir haben den Bürgern - die Bundeskanzlerin persönlich - versprochen, das nicht zu tun", sagte der CDU-Politiker. Ohnehin seien Steuererhöhungen nicht nötig: "Wir haben kein Einnahmenproblem, wir haben ein Ausgabenproblem." Auch der Wirtschaftsrat der CDU warnte eindringlich vor Steuererhöhungen. CDU und CSU hätten auch deshalb die Wahl gewonnen, weil die Menschen ihrem Grundsatz vertrauten, dass sich Leistung lohnen müsse.

Besonders heftig fällt der Widerspruch der Wirtschaftsverbände aus. Der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Holger Schwannecke, sagte der "Bild"-Zeitung: "Eine Steuerpolitik zu Lasten der mittelständischen Wirtschaft darf es nicht geben." Er sprach sich gegen eine Reichensteuer und höhere Vermögens- oder Erbschaftsteuern aus.

DIHK erinnert an Wählerwillen

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, sagte der Zeitung: "Die Union muss bei den Koalitionsverhandlungen den breiten Wählerwillen einbringen und Steuererhöhungen wie bisher eine klare Absage erteilen." Eine Mehrbelastung der deutschen Wirtschaft durch höhere Steuern komme Firmen und Beschäftigte teuer zu stehen. "Einige 100.000 Arbeitsplätze könnten dann schnell in Gefahr geraten."

Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, warnte die CDU ebenfalls vor einer Kehrtwende. "Wenn Herr Schäuble jetzt beidreht, ist das der Einstieg in den Wortbruch", sagte Hüther der "Passauer Neuen Presse". Auch der Bund der Steuerzahler schlug erwartungsgemäß Alarm. "Wenn die CDU jetzt nachgibt, grenzt dieses Taktieren an eine massive Wahlkampflüge", sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel.

kle/hf (dpa, afp, rtr)