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Günstig reisen - quer durch Deutschland

Max Zander6. Juli 2014

Für Reisen in Deutschland galt lange: Wer kein eigenes Auto hat, muss Bahn oder Flugzeug nutzen. Das ist oft teuer und unpraktisch. Inzwischen bieten Fernbusse und Mitfahrzentralen preiswerte Alternativen.

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Weg für innerdeutsche Fernbuslinien ist frei
Bild: picture-alliance/dpa

Betriebsam, fast schon chaotisch geht es zu an diesem Freitagnachmittag am Zentralen Omnibusbahnhof Berlin. Gruppen warten vor der Anzeigentafel auf Freunde und Familie, Reisende steuern mit Rucksäcken und Taschen bepackt auf den Fahrsteig zu. An den Terminals nehmen quietschbunte Busse lange Schlangen mit Fahrgästen in Empfang. Hamburg, Düsseldorf und München stehen auf den Anzeigentafeln, aber auch Ziele im Harz und im Sauerland.

Mehr als 70 Jahre war die Deutsche Bahn neben den Airlines der einzige kommerzielle Anbieter von Fernreisen innerhalb Deutschlands. Anfang 2013 wurde das veraltete Personenbeförderungsgesetz zum Schutz der Bahn gekippt. Nun konkurrieren dutzende kleine und große Busanbieter auf rund 170 Verbindungen um die Gunst der Fahrgäste. Sie sind dank des harten Wettbewerbs deutlich billiger als Bahn oder Flugzeug. Die Strecke Berlin – München und zurück ist bereits für 34 Euro zu haben. Zum Vergleich: das reguläre Sparangebot der Bahn kostet hierfür 99 Euro, das billigste Flugticket 115 Euro.

Lockere Sprüche sorgen für jugendliches Image

Trotz der günstigen Preise zeichnet sich bei den meisten Fernbussen eine gute Servicequalität ab. So bieten fast alle Unternehmen Snacks und Getränke auf der Fahrt an. Wie die Bahn verfügen auch die Busse über Toiletten an Bord, Steckdosen in den Sitzreihen und darüber hinaus kostenloses - wenn auch nicht immer funktionstüchtiges - W-LAN. In der Tasche an der Rückseite der Sitze befinden sich Anleitungen für den Internetzugang. Trotz wiederholter Versuche will es uns nicht recht gelingen.

Da startet der Busfahrer auch schon den Diesel-Motor und begrüßt über die Sprechanlage seine Fahrgäste. Stefan heißt er und ist heute offenbar zu Scherzen aufgelegt: "Getränke gibt's hier vorn bei mir. Die Toiletten befinden sich im hinteren Teil des Busses. Aber tut mir bitte einen Gefallen: der rote Knopf, über dem 'Alarm' steht, ist nicht mit der Spülung zu verwechseln!"

Einigung auf bundesweiten Fernbus-Start ab 2013
Fahrgäste am ZOB Berlin warten auf ihren BusBild: picture-alliance/dpa

Busfahrer Stefan bringt die Unternehmenskommunikation seiner Firma vorbildlich rüber. Busreise-Anbieter wie Flixbus und Meinfernbus geben sich betont locker und haben wenig gemein mit dem verstaubten Image von Rentnergruppen auf Kaffefahrt, welches Busreisen bislang anhaftete. Die Hauptzielgruppe der Busanbieter sind vor allem junge Leute und Studenten, die wenig bezahlen können, dafür aber längere Fahrzeiten in Kauf nehmen. Mit maximal 100 Kilometern pro Stunde sind die Busse unterwegs und damit deutlich langsamer als die Konkurrenz auf Schienen. Zu Beginn der Schulferien, sowie vor und nach dem Wochenende haben Fahrgäste zudem oft mit verstopften Autobahnen zu kämpfen.

Fahrgemeinschaft mit oder ohne Smalltalk

Wer auf Reisen gern Leute kennen lernt, für den sind Mitfahrzentralen eine andere Alternative. Neben dem größten deutschen Portal für Fahrgemeinschaften, mitfahrzentrale.de, gibt es eine Reihe kostenloser Anbieter, wie drive2day, bessermitfahren und BlaBlaCar. Letzterer versteht sich als soziales Netzwerk für Menschen, die nicht gern allein im Auto unterwegs sind. Auf der Homepage können potentielle Fahrer und Mitfahrer Kurzbiografie und Foto veröffentlichen, das Facebook-Profil verlinken und ganz wichtig: den eigenen Redebedarf angeben. Wer lieber schweigend Musik hört, fügt seinem Profil ein Bla hinzu. Nutzer mit einem erhöhten Mitteilungsbedürfnis machen daraus ein BlaBlaBla. Über die Plattform werden die Fahrten vermittelt, alles weitere, wie etwa die Bezahlung, erfolgt später in Eigenregie. Im Schnitt kosten die Fahrten fünf Euro pro zurückgelegten 100 Kilometern. So zahlt man für die knapp 600 Kilometer-Strecke zwischen Berlin und München zwischen 25 und 30 Euro.

Verreisen per Anhalter
Es geht auch ganz ohne Geld: Trampen war früher sehr beliebt - heute finden sich Fahrgemeinschaften im NetzBild: picture-alliance/dpa

Angebote der Bahn nutzen

Trotz deutlich höherer Preise lässt sich auch bei Bahnfahrten und Flügen mitunter Geld sparen. Mit dem Online-Portal Bahn-Sharing hat die Deutsche Bahn auf die Konkurrenz durch die Mitfahrzentralen reagiert. Besitzer von Gruppentickets können über die Seite oder die zugehörige Smartphone-App Fahrten inserieren und die Kosten untereinander aufteilen. Weitere Bahn-Angebote bietet der Reiseveranstalter L-Tur an. Auf der Homepage sind Restbestände an Verbindungen erhältlich. Fahrten quer durch Deutschland, außerhalb der Stoßzeiten können dort für nur 25 Euro gebucht werden.

Für Touristen, die in Deutschland, Basel oder Salzburg landen, kommt je nach Fluggesellschaft, das Rail&Fly-Angebot der Deutschen Bahn infrage. Die Kooperation zwischen der Bahn und ausgewählten Airlines, darunter Lufthansa, Emirates und Air Berlin bietet ab 29 Euro ein 2. Klasse-Ticket vom Ankunftsort bis zu einem deutschlandweit beliebigen DB-Bahnhof an.

Fernbus-Reisen besonders günstig

Zurück auf der Autobahn. Der Fernbus mit Stefan am Steuer nähert sich langsam aber sicher seinem Ziel in der bayerischen Hauptstadt. Draußen ist es bereits dunkel, die letzten Gespräche im Inneren sind irgendwo zwischen Leipzig und Bayreuth zum Erliegen gekommen. Die meisten Passagiere schlafen, es riecht nach verbrauchter Luft.

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Die Brachnche boomt: Die Zahl der Busstrecken steigtBild: picture-alliance/dpa

"Liebe Fahrgäste, wir erreichen in Kürze den Zentralen Omnibusbahnhof München, für die, die noch nicht wach sind, wird es jetzt höchste Zeit." Busfahrer Stefan macht schon wieder Witze, während er gemächlich auf die Spur der Autobahnausfahrt wechselt. Kurz darauf, mit 21 Minuten Verspätung, kommt der grüne Koloss schließlich vor dem Terminal zum Stehen. Knapp acht Stunden war er unterwegs, 17 Euro hat die Fahrt gekostet. Wer geduldig ist und auf Luxus verzichten kann, für den ist der Fernbus - zumindest vom Preis her - unschlagbar.