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Grünen-Fraktion hat neue Doppelspitze

Nina Werkhäuser8. Oktober 2013

Das schlechte Wahlergebnis der Grünen geht auch auf das Konto von Katrin Göring-Eckardt. Dennoch wurde sie klar an die Spitze der Fraktion gewählt. Und mit ihr der Parteilinke Anton Hofreiter. Ein Porträt.

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Die neuen Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter, Foto: dpa
Die neuen Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Katrin Göring-Eckardt und Anton HofreiterBild: picture-alliance/dpa

Katrin Göring-Eckardt ruht in sich. Die 47-jährige Thüringerin bleibt gelassen, auch wenn es um sie herum hektisch zugeht. Die schmale Frau mit den langen braunen Haaren ist freundlich und zugewandt, vertritt ihre Meinung aber mit Bestimmtheit. Wenn Göring-Eckardt mit ihrer leisen Stimme spricht, wird es still im Raum. Polemik ist ihre Sache nicht und Politik nicht ihr ganzes Leben. Die gläubige Christin und Mutter zweier erwachsener Söhne war bis vor kurzem Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland. Dieses Amt legte sie nach der Bundestagswahl nieder, um sich ganz ihrer Arbeit in der Fraktion zu widmen.

Aus der DDR-Opposition zu den Grünen

In der DDR engagierte sich Göring-Eckardt, die evangelische Theologie studiert hat, in der kirchlichen Opposition und in der Bürgerbewegung. Über das "Bündnis 90", das sich mit den westdeutschen Grünen zusammenschloss, kam sie in den Landesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen in Thüringen. 1998 wurde sie erstmals in den Bundestag gewählt.

Aus ihrer Biografie leitet sie ab, dass die Grünen sich künftig noch stärker als Partei der Freiheit und der Bürgerrechte positionieren müssen, erst recht nach dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag. "Diese Frage der Freiheitspartei - ich sage Euch das ganz ehrlich auch als Ossi: Ich bin dafür auf die Straße gegangen, dass mir niemand mehr vorschreibt, wie ich zu leben habe und wann ich meine Meinung sagen darf und wann nicht", erklärte sie auf dem kleinen Parteitag der Grünen nach der Bundestagswahl. "Wir sind die Freiheitspartei in dieser Republik, die Bürgerrechtspartei und die Partei der Selbstbestimmung."

Erfahrung als Fraktionschefin

Katrin Göring-Eckardt war bereits von 2002 bis 2005 Fraktionschefin im Bundestag, hat also Erfahrung mit der Koordination der unterschiedlichen Strömungen bei den Grünen. Sie selbst gehört den "Realos" an, dem konservativeren Flügel der Partei. In der rot-grünen Koalition befürwortete sie die umstrittenen Arbeitsmarkt- und Sozialreformen ("Agenda 2010") von Bundeskanzler Gerhard Schröder, SPD. Als die Grünen nach der Bundestagswahl 2005 in die Opposition gingen, konnte sich Göring-Eckardt nicht an der Spitze der Fraktion halten. Sie musste dieses Amt an Renate Künast abtreten und wurde Vizepräsidentin des Bundestags.

Kritische Stimmen zur Kandidatur

Bei der Urwahl zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl schlug Göring-Eckardt ihre Konkurrentinnen um Längen. Daraus leitet die 47-Jährige den Anspruch ab, in der Partei weiter ganz vorne mitzumischen. Aber Göring-Eckardts Streben nach dem Fraktionsvorsitz war nicht unumstritten: Als Spitzenkandidatin trägt auch sie eine Mitverantwortung für das schwache Wahlergebnis der Grünen, das mit nur 8,4 Prozent weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Ihre Wahlkampf-Auftritte waren solide, zogen aber nicht wie erhofft neue Wähler im bürgerlichen Milieu an.

Katrin Göring-Eckardt neben einer Sonnenblume, Foto: REUTERS
Das maue Wahlergebnis hat ihr persönlich nicht geschadet: Katrin Göring-EckardtBild: Reuters

Während die bisherigen Fraktionsvorsitzenden Jürgen Trittin und Renate Künast die Konsequenzen aus der Wahlschlappe zogen und nicht wieder kandidierten, warf Göring-Eckardt sofort ihren Hut in den Ring. Sie wolle ihrer Partei in dieser Funktion helfen, "aus dem Loch wieder herauszukommen". Die Ursache der Wahlschlappe sieht Göring-Eckardt auch in der bevormundenden Haltung ihrer Partei gegenüber den Wählern. "Die Leute haben sich von uns bedroht und belehrt gefühlt und nicht begeistert, und das ist das Problem." Auch ihr Problem, meinten einige ihrer Fraktionskollegen, unter ihnen die Wirtschaftsexpertin Kerstin Andreae. Sie trat in einer Kampfkandidatur um den Fraktionsvorsitz gegen Katrin Göring-Eckardt an, unterlag aber klar und deutlich.

Anton Hofreiter steigt an die Spitze auf

Auch der linke Parteiflügel hat nach dem Rückzug von Jürgen Trittin eine neue Führungsfigur: Der Bayer Anton Hofreiter wird die Fraktion zusammen mit Katrin Göring-Eckardt leiten. Mann und Frau, West und Ost, linker und rechter Parteiflügel - der Proporz ist mit dieser Doppelspitze in Formvollendung gewahrt.

Anton Hofreiter, Foto: dpa
Aufstieg: Anton HofreiterBild: picture-alliance/dpa

Hofreiter war bisher vor allem Bahnfahrern bekannt: Als verkehrspolitischer Sprecher seiner Fraktion kritisierte er immer wieder Pannen bei der Bahn. Hofreiter, der von seinen Freunden Toni genannt wird, ist Doktor der Biologie und hat in den Anden botanische Studien betrieben. Im Bundestag sitzt der 43-Jährige seit 2005 und leitete zuletzt den Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.

Markenzeichen des Münchners sind seine langen blonden Haare und sein schnörkelloses Auftreten. "Für mich ist einer der zentralen Markenkerne der Grünen die Ökologie, die Umweltfrage, die Rettung unseres Planeten und der Lebensgrundlagen", sagt er über seine Motivation, Politik mitgestalten zu wollen.