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Grüne: Kampf um Spitzenämter

Marcel Fürstenau26. September 2013

Nach dem Rückzug der Fraktionsspitze und dem Verzicht Claudia Roths auf eine Kandidatur für den Parteivorsitz drängt die zweite Reihe nach vorne. Leidtragende könnte die bisherige Vizepräsidentin des Bundestages sein.

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In großen gelben Buchstaben prangt das Wort "Grün" auf einem grünen Hintergrund. Im Vordergrund sind die Schatten zahlreicher Personen zu erkennen. (Foto: Patrick Seeger dpa/lsw)
Zahlreiche Grüne treten aus dem Schatten der Partei- und Fraktionsspitze.Bild: picture-alliance/dpa

Kurz vor dem Länderrat der Grünen am Samstag in Berlin melden immer mehr Vertreter aus Bund und Ländern ihre Ambitionen auf frei werdende Spitzenposten an. Über eine Kandidatur der Bundestagsabgeordneten Kerstin Andreae für den Fraktionsvorsitz wurde bereits seit Tagen spekuliert. Am Donnerstag bestätigte die 44-jährige Freiburgerin ihr Interesse. Die Wirtschaftsexpertin Andreae zählt zum sogenannten Realo-Flügel der Grünen.

Aus dem Kreis der Parteilinken hatte schon zu Wochenbeginn der bayrische Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter seine Kandidatur für den Fraktionssitz bekannt gegeben. Das bislang amtierende Führungsduo – Jürgen Trittin und Renate Künast – wird nach dem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl (8,4 Prozent) nicht mehr antreten. Außerdem bewirbt sich die Spitzenkandidatin bei der Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt, um den Fraktionsvorsitz.

Göring-Eckardts Aussichten verschlechtern sich

Da die Grünen ihre parlamentarische Doppelspitze zumeist mit einer Frau und einem Mann besetzen, zeichnet sich eine Kampfkandidatur zwischen Andreae und Göring-Eckardt ab, die in der gerade zu Ende gegangenen Legislaturperiode stellvertretende Bundestagspräsidentin war. Weil ihr viele eine Mitschuld an der Wahl-Schlappe vom vergangenen Sonntag geben, könnte die 47-jährige Thüringerin zur großen Verliererin bei der personellen Erneuerung der Grünen werden.

Katrin Göring-Eckardt
Nachdenklich: Katrin Göring-EckardtBild: picture-alliance/Sven Simon

Während die Umweltpartei definitiv eine neue Fraktionsführung bekommen wird, läuft es an der Parteispitze auf eine Kombination aus alt und neu hinaus. Der bisherige Vorsitzende Cem Özdemir hat gute Chancen wiedergewählt zu werden. Co-Chefin Claudia Roth hingegen wird nicht mehr kandidieren. An ihre Stelle will die frühere saarländische Umweltministerin Simone Peter treten, die am Donnerstag auf ihrer Homepage ihre Bewerbung öffentlich gemacht hat. Interesse an diesem Posten wird außerdem Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke nachgesagt. Sollte auch sie kandidieren, könnte es bei der Wahl um den Parteivorsitz ebenfalls zu einer Kampfkandidatur zwischen zwei Frauen kommen.

Frauen sind bei Ämtern gesetzt

Laut Satzung muss bei der Wahl zu gleichen Ämtern mindestens eine Frau gewählt werden. Theoretisch könnten auch alle Spitzenposten in weibliche Hände geraten. Doch bislang haben sich die Grünen meistens für eine doppelte Quotierung entschieden: Frau und Mann, Realo und Linker. Welche Kandidaten die besten Chancen haben, auf diese Frage dürfte es auf dem bevorstehenden Länderrat in Berlin erste Antworten geben. Das höchste Gremium zwischen den Parteitagen will die Weichen für das weitere Vorgehen stellen. Die neue Parteispitze soll noch in diesem Herbst gewählt werden, ein Jahr früher als turnusmäßig vorgesehen. Und bereits am 8. Oktober steht die Wahl der Fraktionsführung im Bundestag an.

Kerstin Andreae (Foto: Bernd Weißbrod/dpa)
Angriffslustig: Kerstin AndreaeBild: picture-alliance/dpa

Kerstin Andreae positioniert sich dabei auch schon programmatisch. Nach der Niederlage bei der Bundestagswahl gehe es darum, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, heißt es in einem Brief an die Fraktionsmitglieder. "Weil wir es ernst mit der ökologischen Modernisierung meinen, wollen wir neue Brücken zur Wirtschaft und in die Gesellschaft schlagen", schreibt Andreae. Als Vorteil könnte sich für sie erweisen, dass sie dem starken Landesverband Baden-Württemberg angehört. In dem von großen Konzernen wie Daimler-Benz und einem starken Mittelstand geprägten Bundesland regiert mit Winfried Kretschmann der erste und einzige grüne Ministerpräsident.

Dass Andreaes potenzielle Gegenspielerin Göring-Eckardt den Kampf nicht freiwillig aufgeben will, stellte sie am Donnerstag durch den Verzicht ihres Amtes als Präses der Evangelischen Kirche (EKD) in Deutschland klar. Sie sehe für sich nun die Aufgabe, "mit ganzer Kraft" an der künftigen Entwicklung der Grünen mitzuwirken, erklärte Göring-Eckardt nach EKD-Angaben.