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Griechisch-deutsche Spannungen

Jannis Papadimitriou8. August 2012

Wegen der Schuldenkrise sind viele Griechen schlecht auf Deutschland und die Deutschen zu sprechen. Dazu tragen insbesondere die Boulevardmedien bei - aber auch die Äußerungen deutscher Politiker.

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Eine griechische Zeitung zeigt Angela Merkel mit Hitler-Bärtchen und Nazi-Symbolen (Foto: AP)
Bild: dapd

Deutsche Boulevardblätter sprechen von den "Pleite-Griechen" und fordern die Regierung in Athen dazu auf, griechische Inseln zu verkaufen - zwecks Schuldentilgung. Griechische Karikaturisten zeichnen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Militäruniform, als Zirkusdompteuse oder sogar mit Nazi-Symbolen. Negative Äußerungen einzelner Politiker in beiden Ländern tragen auch nicht zur Annäherung zwischen Griechen und Deutschen bei.

Die schlechte Stimmung sei Teil des in ganz Europa grassierenden Populismus, der durch die Krise verstärkt worden sei, meint Maria Giannakaki. Sie ist Abgeordnete der europafreundlichen Partei "Demokratischen Linke" im Parlament. Damit die Beziehung zwischen Griechen und Deutschen wieder besser werde, müsse sich ihr zufolge die gesamteuropäische Stimmung ändern.

Umfrage: Deutschland als "feindliches Land"

"Die Krise lässt überall in Europa das Gespenst des Nationalismus aufkommen, die europäische Idee wird zu Unrecht schlecht gemacht und verteufelt", beklagt Giannakaki. Weder Griechenland noch Deutschland seien schuld an der Wirtschaftsmisere, aber das müsse man den Menschen erklären. "Das ist in erster Linie die Aufgabe der Politik im jeweiligen Land, die leider sträflich vernachlässigt wurde", so die Abgeordnete. Doch trotz anti-deutscher Äußerungen in der Presse und beleidigender Karikaturen kann Maria Giannakaki nicht glauben, dass alle Griechen die Deutschen zu Feinden erklären oder umgekehrt.

Griechische Bürger vor einem Grafitti-Bild eines Heiligen mit einem Sack Euro-Münzen in der Hand (Foto: Reuters)
Laut einer Umfrage hegen nur 1,5 Prozent der Griechen Sympathien für DeutschlandBild: Reuters

Ein ganz anderes Bild bietet dagegen die vor wenigen Monaten veröffentlichte Umfrage des Athener Wochenmagazins "Epikaira", das auch sonst Seitenhiebe in Richtung Berlin austeilt. Angeblich würden 76 Prozent der befragten Griechen Deutschland als "feindliches Land" betrachten; nur 1,5 Prozent hätten Sympathie für die Bundesrepublik. Noch vor sechs Jahren bezeichneten 80 Prozent der Griechen in Umfragen Deutschland als besonders sympathisches Land.

Viele Griechen setzen Deutschland mit Angela Merkel gleich

"Die Methodik der Umfragen kam mir seltsam vor", gibt Maria Giannakaki zu bedenken. "Wir wissen nicht einmal, wie die Fragen genau formuliert wurden." Allerdings würden viele der Befragten Deutschland mit der deutschen Regierung oder gar mit Angela Merkel als Einzelperson gleichsetzen, meint sie. Gleich zu Beginn ihres Mandats als Abgeordnete möchte sie eine Debatte über Europa anstoßen, die den Griechen eine Gelegenheit zur Selbstkritik bietet und Missverständnisse über Deutsche ausräumen solle.

Angelos Koveos, Politikexperte der angesehenen Athener Wochenzeitung "To Vima", sieht in diesem Punkt großen Handlungsbedarf in Griechenland. "Außerdem müssen die Griechen in Punkto Krisenbewältigung von den Deutschen einiges lernen", erklärt der Journalist, der in Tübingen studiert hat: Zum Beispiel einen disziplinierten Umgang mit Geld.  

Deutsche Politiker haben zur schlechten Stimmung beigetragen

Koveos sieht die Verantwortung für die schlechte Stimmung zwischen Griechenland und Deutschland auch bei deutschen Politikern. "Es wird gelegentlich der Versuch unternommen, anderen Ländern eine moralisierende Betrachtung der Wirtschaft aufzuzwingen, als ginge es um eine Frage von Schuld und Sühne", kritisiert er. Die Politiker beider Seiten würden sich mit ihren negativen Äußerungen vor allem innenpolitisch profilieren wollen.

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Schlechte Stimmung zwischen Griechenland und DeutschlandBild: Igor Ostapchuk - Fotolia

Medien könnten eine Vorreiterrolle beim Abbau von Vorurteilen übernehmen, glaubt der Athener Journalist: "Zu den Aufgaben der Presse gehört es nicht nur, Konflikte zu schildern, sondern diese auch zu interpretieren und, wenn möglich, Lösungen aufzuzeigen", sagt Koveos.