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Datentransparenz in Deutschland

Rachel Baig21. Februar 2013

Das Internetportal Govdata soll amtliche Daten für Bundesbürger zugänglich machen. Aber kann es halten, was es verspricht? Netzaktivisten sind skeptisch. Und schon zu Beginn ist das Portal völlig überlastet.

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Internetportal Govdata (Foto: DW)
Bild: DW

"Verwaltungsdaten für Jedermann" ist der Slogan von Govdata. Viel mehr konnte man zunächst auf dem Internetportal nicht finden. Als die Seite am Dienstag (19.02.2013) online ging, war der Server erst einmal überlastet. Ziel des Projekts ist es, an einem zentralen Ort verschiedene Arten von Behördendaten der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die angestrebte Bandbreite ist groß: Sie reicht vom Bundeshaushalt, über Radtourtipps bis hin zu Umweltmesswerten.

Die Zahl der Kritiker des Projekts ist in den vergangenen Monaten gestiegen. Selbst wenn Govdata endlich fehlerfrei läuft: Netzaktivisten bemängeln, dass zu wenig Daten verfügbar sein werden. Sie fordern außerdem, dass alle Daten ohne jede Einschränkung frei zur Verfügung stehen sollten - also auch für kommerzielle Zwecke.

Datenkabel (Foto: dapd)
Welche Daten rücken die Behörden raus?Bild: dapd

Als das Bundesinnenministerium im vergangenen Jahr ein offenes Datenportal für ganz Deutschland ankündigte, begrüßten Internet-Aktivisten und Transparenz-Befürworter noch die Aktion. Sie nahmen an Workshops des Innenministeriums teil und berieten Regierungsbeamte in der Planungsphase. Deutschland wollte hiermit einem Trend aus den USA und Großbritannien folgen.

Zu hohe Erwartungen?

Die Umsetzung der Idee gestaltet sich schwieriger als erwartet. "Ein Datenportal, das ähnlich wie in den USA oder Großbritannien funktioniert, kann es in Deutschland gar nicht geben. Schon allein, weil jedes Bundesland seine eigene Landesregierung hat und diese eigenständige Entscheidungen treffen", sagt Beate Lohmann, Ministerialdirektorin im Innenministerium, im Gespräch mit der Deutschen Welle - und versucht damit all zu hohe Erwartungen zu dämpfen.

Dabei soll Govdata laut Innenministerium sogar für Laien einfach zu bedienen sein. Jeder soll nach Region und Fachbegriff Daten finden und nutzen können. Doch ob bestimmte Informationen auch zu kommerziellen Zwecken genutzt werden dürfen, entscheidet die Behörde, die die Daten zuliefert.

Beate Lohmann (Foto: privat)
Beate LohmannBild: privat

Netzwerkaktivisten finden gerade diesen Aspekt ungerecht. Der Zugang zu diesen Daten würde sogar im Alltag helfen. "Zum Beispiel, wenn Sie in eine neue Stadt umziehen und eine neue Wohnung suchen. Sie können den Datensatz der Wasserqualität mit dem der Immobilienpreise zusammenstellen, und auf einer Karte visualisieren. So können Sie vergleichen, wo man die beste Wasserqualität zum günstigsten Mietpreis bekommt", sagt Markus Beckedahl, einer der Gründer von Netzpolitik, einem Blog für Freiheit und Offenheit im Internet.

Nur wenige Wochen vor dem Start des Datenportals hatten viele einstige Befürworter ihre Unterstützung entzogen. "Wir sind unglücklich darüber, dass der Dialog in den letzten zwei Jahren nicht gefruchtet hat. Wir haben viel Zeit in das Projekt investiert", sagt Blogger Beckedahl. Dabei hatten Netzaktivisten gehofft, die Plattform würde eine Ära der Offenheit und Transparenz im Umgang mit staatlichen Daten starten.

Bisher wurden offizielle Daten in Deutschland, wie auch in anderen Ländern, von verschiedenen Behörden betreut. Der größte Teil der Information war also nur auf Anfrage erhältlich. Dabei ist seit 2006 der Anspruch auf Zugang zu den von Regierung und Verwaltung erhobenen Daten auch gesetzlich geregelt. Demnach hat jeder einen Anspruch darauf, amtliche Informationen zu erhalten. Dass dieser Anspruch heutzutage auch bedeutet, dass Daten digital zur Verfügung stehen müssen, haben sowohl die Bundesregierung als auch Netzaktivisten erkannt. Deshalb hatte das Bundesinnenministerium einen Auftrag an das Fraunhofer Institut gegeben, eine entsprechende Webseite zu erstellen.

Netzaktivisten vom Chaos Computer Club (Foto: dpa)
Kritik von Netzaktivisten: Zu wenig Daten, zu viele EinschränkungenBild: picture-alliance/dpa

"Ein eher kleiner Schritt"

Christian Heise, von der Open Knowledge Foundation, hat auch an den Workshops des Innenministeriums teilgenommen, um bei der Umsetzung des Projekts zu helfen. Jetzt ist er einer der zwölf Aktivisten, die in einer gemeinsamen Erklärung die Regierung kritisieren. "Während des letzten Workshops haben wir realisiert, dass die Plattform nicht das ist, was sich 'Open Government' nennt", sagt Heise. Hinter dem Fachbegriff Open Government verbirgt sich der Wunsch nach einer Öffnung von Regierung und Verwaltung und damit der Freigabe aller Daten, die von offiziellen Stellen gesammelt worden sind.

Christian Humborg, Geschäftsführer von Transparency International Deutschland, sagt, es könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein - aber nur bis zu einem gewissen Punkt. "Natürlich ist so etwas ein Schritt vorwärts. Die Frage ist aber, wie groß ist der Schritt. Ich denke, dass es leider nur ein eher kleiner Schritt ist", so Humborg.

Christian Humborg (Foto: dpa)
Christian HumborgBild: picture-alliance/dpa

Die Stadt Hamburg ist zurzeit führend in Bezug auf offene Datenportale in Deutschland. "Die Entwicklungen in Hamburg sind am interessantesten, weil sie auf einem Gesetz beruhen. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie dieses Gesetz umgesetzt wird - ich denke, es ist ein einzigartiger Fall weltweit", sagt Humborg. Anders als bei Govdata - wo Behörden nur freiwillig Informationen veröffentlichen sollen - läuft es in Hamburg anders: Dort sind öffentliche Stellen verpflichtet, ihre Daten weiterzugeben. Die Städte Berlin und München haben ebenfalls offene Datenportale ins Leben gerufen.

Netzaktivist Heise hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass auch die Bundesregierung den positiven Beispielen aus den Ländern folgen wird. Wenn der Druck von Bürgern und Wirtschaft groß genug sei, dann müsse auch die Bundesregierung eine Datenplattform anbieten, die wirklich offen und transparent ist.