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Glosse: Sicherheit geht über alles

Andreas Sten-Ziemons26. September 2014

Eigentlich sollte auch in der Bundesliga das Freistoßspray eingeführt werden. Allerdings hat der TÜV das Mittel verboten. Zu Recht, findet Andreas Sten-Ziemons. Nicht auszudenken, was da alles passieren kann!

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Freistoßspray bei der WM in Brasilien (Foto: EPA/IVAN FRANCO)
Bild: picture-alliance/dpa

Wenigstens einer hat aufgepasst: Während ganz Fußball-Deutschland der Einführung des Freistoßsprays entgegenfiebert und sich darauf freut, dass der Abstand zwischen Ball und Freistoßmauer künftig einwandfrei und für jeden sichtbar auf dem Rasen aufgesprüht wird, hebt der Technische Überwachungsverein, kurz TÜV, mahnend den Zeigefinger. Zum Glück! Der TÜV ist in Deutschland unter anderem für die Prüfung und Zertifizierung neuer Produkte zuständig. Er hat das in Argentinien hergestellte Freistoßspray, das nun auch in der Bundesliga eingeführt werden sollte, neun Tage lang getestet, ihm anschließend die Rote Karte gezeigt und seine Einführung verboten.

Brüste beim Freistoß

Die Begründung: Im Spray seien auch Parabene enthalten, die im Verdacht stünden, hormonell wirksam zu sein. Vor allem fehle aber die Kennzeichnung mit dem Flammensymbol für hochentzündliche Produkte. Sollten die Bundesliga-Schiedsrichter das Spray trotz Verbot benutzen, hätten sie mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren und einer Geldbuße zu rechnen.

Wow, wer hätte gedacht, dass das Spray, das bei der WM in Brasilien doch so gute Dienste geleistet hat, so ein durch und durch gefährliches Produkt ist? Hormone! Da zittert doch jeder Profisportler schon, wenn er nur das Wort hört. Nicht auszudenken, wenn der Schaum unbeabsichtigt in eine offene Wunde gerät und man nach dem Spiel dann für die Dopingkontrolle ausgelost wird. Das kann eine ganze Karriere gefährden. Positiv ist an der Hormongeschichte allerdings, dass der Schiedsrichter ein neues Druckmittel hätte, um bei der Ausführung von Freistößen Spielverzögerung zu verhindern. Zum Beispiel mit einem lapidaren Satz wie: "Jetzt schieß schon, sonst wachsen dir noch Brüste!"

Viel zu gefährlich!

Und dann fehlt auch noch das Flammensymbol! Ja, seid ihr denn in Argentinien mit dem Klammerbeutel gepudert? Da kommt doch sonst keiner drauf, dass in einer Spraydose brennbares Gas enthalten sein könnte. Diese Gauchos! Weltmeister werden können sie nicht und Spraydosen kennzeichnen schon gar nicht.

Allerdings, eines verstehe ich beim besten Willen nicht: Wie bitte schön soll das Zeug denn eigentlich in Flammen aufgehen? Immerhin hat Mario Basler seine aktive Karriere lange beendet, es läuft also kein Spieler mehr mit brennender Zigarette über den Platz.

Andreas Sten-Ziemons (Foto: DW)
Sportredakteur Andreas Sten-ZiemonsBild: DW

Zugegeben: Immer wieder kommt es vor, dass erregte Fans kurz bevor ein Freistoß ausgeführt werden soll, ihrem Unmut über den soeben ertönten Freistoßpfiff Luft verschaffen, indem sie ein Feuerzeug in Richtung Platz schleudern. Und wenn das jetzt just in der Sekunde unten ankommt, in der sich der Schiedsrichter bückt und bei der Freistoßspraydose aufs Knöpfchen drückt? Und wenn es dann die Spitze eines Fußballschuhs trifft? Und wenn der auch noch aus einem rauen, der Haifischhaut nachempfundenen Obermaterial hergestellt worden ist? Und wenn sich dann beim Aufschlag auf dem Schuh das kleine Rädchen am Feuerzeug dreht und der Funke überspringt? Na dann: BUMM! Ja, verdammt nochmal, wer möchte denn solch ein Risiko eingehen? Immerhin sind Frauen und Kinder im Stadion.

Aber bitte mit Sahne!

Also, was soll man machen? Wenn der TÜV das Freistoßspray partout nicht auf dem Bundesligarasen haben möchte, muss man wohl oder übel eine Alternative finden… Rasierschaum zum Beispiel. Wobei ich auch hier bereits Probleme sehe, wenn auch keine, die mit Sicherheitsaspekten zu tun haben: Immerhin hat Weltmeister Mats Hummels einen lukrativen Werbevertrag mit einem Kosmetikkonzern, der auch Rasierschaum herstellt. Ebenso rasiert sich Weltmeister Thomas Müller allabendlich im Werbefernsehen die Achselhöhle und bekommt dafür viel Geld von einem anderen Hersteller, der ebenfalls Rasierschaum verkauft. Welch ein Interessenkonflikt! Muss dann Hummels immer erst seinen Berater fragen, ob er einen Freistoß ausführen darf, wenn der Schaum auf dem Rasen aus der falschen Dose kommt? Und wird Müller per einstweiliger Verfügung gezwungen, nicht am Spiel teilzunehmen, weil der Schiri keinen Schaum seines Sponsors verwendet?

Daher behilft man sich vielleicht besser mit Sprühsahne aus der Dose. Für die macht momentan keiner der Bundesligastars exklusive Werbung, sie brennt nicht und schmeckt auch noch gut. Das sollte also funktionieren. Zu Schwierigkeiten käme es bei der Verwendung von Sprühsahne wohl nur dann, wenn Reiner "Calli" Calmund zufällig im Stadion sein sollte. Der schwergewichtige und für seinen Heißhunger bekannte Ex-Manager aus Leverkusen könnte auf die Idee kommen, aufs Spielfeld zu laufen und das Zeug wegzuschlecken. Und das zöge dann zwar keine Ordnungsstrafe nach sich, aber mit Sicherheit eine längere Spielunterbrechung.