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Globaler Kunstzirkus

Sabine Oelze19. Juni 2014

Die Art Basel ruft und alle kommen: Sammler, Galeristen, Kuratoren. Zum 45. Mal trifft sich die internationale Kunstschickeria in der Schweiz. Die Verkäufe liefen schon zur Vernissage blendend.

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Bildergalerie Art Basel 2014
Bild: DW/S. Oelze

Art Basel: Kunst mit Menschen

180.000 Euro habe die Skulptur von Isa Genzken gekostet, sagt Galerist Daniel Buchholz. Die Betonung liegt dabei auf der Vergangenheitsform. Denn der Verkauf ist bereits über die Bühne gegangen. Schon kurze Zeit nach der Eröffnung der Art Basel hat Genzkens "Who kills death" aus der Serie "Empire/Vampire" (2004) den Besitzer gewechselt. Solche schnellen Erfolge verschaffen dem Galeristen eine entspannte Messezeit. Denn in einer knappen Woche muss er rund 60.000 Euro Unkosten - für Transport, Standmiete und Versicherungen - wieder reinholen. Hinzu kommen Unterkunft und Verpflegung in einem Land, das alle Nicht-Schweizer als teuer empfinden. Kein Wunder, dass manche Galeriemitarbeiter in der Baseler Jugendherberge nächtigen, damit die Kosten nicht explodieren.

Große Kunst im kleinen Nest

286 Galeristen aus 34 Ländern präsentieren Werke von mehr als 4000 Künstlern. So richtig erklären lässt sich der Erfolg der Art Basel nicht: Die Stadt ist klein und gemütlich. Tram-Bahnen zuckeln durch sauber gekehrte Straßen an Fachwerkhäusern vorbei. Im Rhein, der hier besonders sauber ist, darf gebadet werden. Und doch trifft sich die Kunstschickeria hier und nicht in Berlin oder New York. Seit 1970 konkurrieren die international bedeutendsten Galeristen um die international bedeutendsten Sammler. Ob Museum of Modern Art und Metropolitan Museum aus New York oder das Art Institute aus Chicago – alle großen Museen der Welt schicken ihre Einkäufer vorbei. Mit gut gefülltem Portemonnaie. Direktor Marc Spiegler sieht Basel pars pro toto für Europa. Drei Kontinente haben die Macher der Messe inzwischen mit ihren Filialen erobert: Europa (Art Basel,) Amerika (Art Miami Beach) und Asien (Art Hongkong).

Assemblage von Isa Genzken
Empire/Vampire heißt eine Reihe von Assemblagen der Künstlerin Isa Genzken aus dem Jahr 2004Bild: DW/S. Oelze

Very important reicht nicht

Basel ist das Epizentrum. Vernissage-Tag, 15 Uhr: Die Messehallen füllen sich. Der Einlass ist gestaffelt in ein VIP-Klassensystem, das unterscheidet zwischen Very Very Important, Very Important und Important People. Je bedeutender, also kaufkräftiger ein Sammler, desto früher wird er auf die Galeristen losgelassen. Das garantiert Exklusivität und scheint die Kauflust zu steigern. Die New Yorker Galerie Andrea Rosen ist jedenfalls um 15.15 Uhr schon zu 75 Prozent ausverkauft. Ihr Geheimnis sei die Mischung von atelierfrischer Kunst und historischen Positionen aus den 60er und 70er Jahren, erklärt ein Mitarbeiter. Eine Installation von Josephine Meckseper demontiert den amerikanischen Glauben an Fortschritt durch Motorisierung. Sie soll 220.000 Dollar kosten. Auch am Nachbarstand der Galerie Konrad Fischer springen gleich mehrere rote Punkte neben den neuen Fotoarbeiten des Düsseldorfer Künstlers Thomas Ruff ins Auge.

Drei goldene Uhren, unter denen "Basel", Miami" und "Hongkong" geschrieben steht
Geld spielt keine Rolex: drei goldene Uhren hängen im Eingangsbereich der MesseBild: DW/S. Oelze

Irrationale Kostenentwicklung

Das Geheimnis des Kunstmarkts - also wovon die atemberaubenden Preissteigerungen oder Flops abhängen - ist bislang noch nicht gelüftet. Vieles hat mit Charisma und Glaubwürdigkeit des Galeristen zu tun. Auf der Art Basel wird alles dafür getan, dass die ganze Stadt vibriert während der Messe. Seltene Filme laufen in den Kinos der Stadt, Künstler stellen nicht nur in den Messehallen, sondern auch in der Altstadt aus. Art Parcours heißt die Nebenreihe, die dazu verleiten soll, die ausgetretenen Pfade zu verlassen und die Gassen zu erkunden. Die Kunstmuseen der Stadt und der Umgebung überschlagen sich mit Ausstellungen.

Kunstwerk von Josephine Meckseper
Kunst, die den Konsum kritisiert, von Josephine MeckseperBild: DW/S. Oelze

Und dann gibt es noch die Art Unlimited, die zeigt, dass in Basel alles möglich ist – oder möglich gemacht wird. In einer gigantischen Halle dürfen Galeristen Skulpturen, Installationen und Filmarbeiten zeigen, die normale Formate sprengen.

Kunst, die alle Formate sprengt

Die Galerie Konrad Fischer ist gleich zwei Mal bei "Art Unlimited" vertreten - und zwar mit derart großen Installationen, dass sogar die Art Basel beinahe an ihre Grenzen gestoßen wäre: Carl Andrés Sockelskulptur "Steel Peneplain" aus dem Jahr 1982 war nicht unterzubringen. Sie besteht aus 300 Stahlplatten und wurde für die Documenta 7 in Kassel geschaffen. Gianni Jetzer, der Kurator von "Art Unlimited", hatte schließlich die Idee, sie nicht parallel, sondern diagonal zur Außenwand zu legen. Und so hat es dann doch noch geklappt: Die Art Basel-Besucher spazieren bis Sonntag über die fünf Millionen Dollar teure Bodenskulptur. Noch ist sie zu haben. Aber ein Museum hat schon Interesse angemeldet.