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Das große Rennen

Klaus Esterluß7. April 2015

Jedes Jahr steht ein anderes von 12 Tieren im Zentrum des chinesischen Kalenders. Was sind das für Tiere und wofür stehen sie? Historisch belegt sind sie alle. Und über einige gibt es mystische Geschichten zu erzählen.

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(Photo: Klaus Esterluss/DW)
Bild: DW/Klaus Esterluss

12 Tiere sind im chinesischen Horoskop vereint, zuerst kommt die Ratte, ihr folgen Ochse, Tiger, Hase, Drache, Schlange, Pferd und Ziege. Denen wiederum Affe, Hahn und Hund. Das Schwein bildet den Abschluss. Wieso aber steht die Ratte ganz vorn, der starke, majestätische Tiger nur an dritter Stelle, und warum ist als einziges mystisches Wesen ein Drache in der Reihe dabei? Nun, um die Tiere und um ihre Reihenfolge ranken sich etliche Legenden.

Wahrscheinlich gibt es mehr Legenden als es Tiere im Tierkreis gibt. Welche die richtige ist, das spielt keine Rolle. Alle sind für die wahr, die an sie glauben, oder nicht?

Ein Wettkampf um Schläue und Gerissenheit

Nehmen wir zum Beispiel den Buddhismus. Vor seiner Abreise von der Erde, so sagen die, die daran glauben, rief Buddha alle Tiere zu einer Versammlung. Es kamen aber nicht alle, sondern nur 12. Zur Belohnung für ihr Erscheinen bekam jedes Tier ein Jahr. Und so dreht sich der Kreislauf und alle 12 Jahre ist das erste Tier erneut an der Reihe, das Tier des Jahres zu sein. Die Jahre selbst wurden anhand der Reihenfolge ihrer Ankunft verteilt.

Eine andere Überlieferung besagt, dass Gott zu einem Festessen gerufen habe. Dazu sollten sogar 13 Tiere kommen. Neben den oben genannten, auch die Katze. Die kam aber nicht, weil die Ratte ihr einen Streich spielte. Sie sagte nämlich, das Essen sei am folgenden Tag. Also schlief die Katze und träumte vom Bankett, während die anderen Tiere, wieder in der Reihenfolge ihres Erscheinens geordnet, sich den Bauch vollschlugen.

Die Katze, und auch hier gibt es mehrere Überlieferungen, die sich einig sind, ist seit der List der Ratte nicht mehr gut auf Nagetiere zu sprechen. Und seit diesem Tag, am Boden zerstört, wie sie war, sinnt die Katze auf Rache und jagt. Ratten, aber auch Mäuse. Wer nimmt es ihr übel?

Das große Rennen

Die meistzitierte Geschichte aber geht so: Seit jeher war bekannt, dass Katzen und Ratten die schlechtesten Schwimmer im ganzen Tierreich waren. Aber so schlecht sie schwammen, so schlau waren sie auch. Als nun der Jade-Kaiser zu einem Treffen der Tiere rief, bei dem die Reihenfolge der Tierkreiszeichen festgelegt werden sollte, kamen nun Ratte und Katze auf eine List. Weil auf dem Weg zum Treffpunkt ein Fluss war und sie bekanntlich schlechte Schwimmer sind, überredeten sie den Ochsen, sie auf dem Rücken über den Strom zu tragen.

Gutmütig und einfältig, wie der Ochse nun einmal war, willigte er ein. Mitten auf dem Fluss gab die Ratte der Katze aber einen Stoß, die fiel ins Wasser und ertrank jämmerlich. Der Ochse bekam von alledem nichts mit. Als er sich dem anderen Ufer näherte, sprang die Ratte, sobald sie es konnte, vom Rücken des Ochsen ans Ufer und kam als erstes Tier beim Jade-Kaiser an. Dicht gefolgt vom Ochsen natürlich, der als zweites Tier in den Kreis aufgenommen wurde.

Kurze Zeit später erschien, keuchend und vor Erschöpfung auf zittrigen Beinen, der Tiger. Es sei so schwer gewesen den Fluss zu überqueren, sprach der Tiger. Die Stromschnellen hätten ihn die ganze Zeit nach unten gezogen. Aber dank seiner großen Kraft sei es ihm doch gelungen, lebendig ans andere Ufer zu kommen. Fortan war er der dritte der Runde.

Nicht minder glücklich, aber weniger erschöpft, folgte dem Tiger der Hase. Er war auf seinem Weg über den Fluss von einem Stein zum nächsten gesprungen, wie es der Hasen Art ist. Doch an einem Stein geriet er ins Straucheln und stürzte beinahe in die reißenden Fluten. In letzter Sekunde konnte sich der Hase aber an einem Baumstamm festklammern und erreichte doch noch das andere Ufer.

Allerdings hat ihm dabei wohl der Drache geholfen, heißt es in der Überlieferung, denn der kam als nächstes, als fünftes Tier der Reihe beim Jade-Kaiser an. Der Kaiser war natürlich sehr neugierig, warum nur der fliegende, schnelle und starke Drache erst als fünfter am Ziel angekommen sei. Der mächtige Drache erklärte, dass er immer wieder anhalten musste, um allen Menschen und Geschöpfen der Erde zu helfen. Denn das ist die Natur der Drachen, sie sind hilfsbereit, wie Ratten hinterlistig sind. So sei er zurückgehalten worden. Am Ende dann, so der Drache, habe er den hilflosen Hasen an seinen Baumstamm geklammert gesehen und ihn mit einem Atemstoß auf den rechten Weg ans Ufer gebracht.

Die Selbstlosigkeit des Drachen freute den Jade-Kaiser sehr und so nahm er ihn auch in die Reihe der Tiere auf.

Als das geschehen war, schwoll vom Fluss her das Getrappel von Hufen an und das Pferd erschien. Um eines seiner Beine hatte sich aber die Schlange gewickelt, die, kurz vor dem Ziel, lossprang und das Pferd so sehr erschreckte, dass es strauchelte. So kam die Schlange als sechstes Tier ins Ziel und das Pferd erst als siebentes.

Das große Finale

Nicht lange danach und in kurzem Abstand erschienen Ziege, Affe und Hahn am Ufer des Flusses. Sie hatten sich gegenseitig auf die andere Seite geholfen. Dem Hahn war ein Floß aufgefallen und er hatte die anderen beiden aufgefordert, es mit ihm zu benutzen. Ziege und Affe waren gern bereit dazu, sie befreiten das Floß vom Gestrüpp und paddelten so schnell sie konnten über den Fluss. Weil sie sich gemeinsam so angestrengt hatten, war der Kaiser hochzufrieden und gab ihnen die Plätze 8 bis 10.

Fehlen noch zwei, um die Runde der 12 komplett zu machen. Als elftes Tier kam der Hund im Ziel an. Obwohl er doch eigentlich ein guter Schwimmer war, konnte er nicht wiederstehen, noch etwas im Wasser zu spielen, wie Hunde das nun einmal gern tun.

Und als der Jade-Kaiser beinahe so weit war, das Rennen für beendet zu erklären und wir nun nur 11 Tierkreiszeichen gehabt hätten, hörte er von weit her das leise Quieken eines Schweinchens. Und dann kam es angetrabt. Es sei während des langen Weges hungrig geworden, sagte das Schwein zur Erklärung. Also habe es eine kleine Pause eingelegt, um danach unverzüglich weiter zu eilen. Doch leider, leider sei es stattdessen eingeschlafen. So kam es, dass das Schwein nur das 12. Tier der Runde geworden ist.

Und die Katze? Nun ja, das hatten wir schon. Um ihren ertrunkenen Urahn zu rächen, machen Katzen seit diesem Rennen Jagd auf die Mäuse und Ratten, die sie zu Gesicht bekommen. Und das werden sie wohl auch für alle Zeit tun.