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Takt, Rap und Klimawandel

Klaus Esterluß5. Mai 2015

Baba Brinkman gibt der Natur eine unterhaltsame Stimme. Rap, sagt er, ist das perfekte Genre für Umweltschutz, nirgends passen mehr Worte in eine Minute Song. Und: Rap ist seit jeher eine Musik mit Botschaft.

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Baba Brinkman
Bild: Baba Brinkman
Baba Brinkman
Bild: Baba Brinkman

Rap war schon immer eine Musik mit einer Aussage. Musiker des Genres sprachen schmerzliche Themen an, das harte Leben in bestimmten Gegenden etwa. Oder blutige Konflikte zwichen bestimmten Gruppen. Rap war immer auch politisch. So sieht es auch der kanadische Rapper Baba Brinkman. Seine Texte sind genauso politisch, greifen aber auch auf eher Genre-untypische Bereiche, wie Natur und Klimawandel. Global Ideas hat mit dem Musiker über die Idee hinter Zeilen wie den folgenden gesprochen: "I just feel like wilderness is dope // I’m tryin’ to get a dose // I feel better minutes later when I get exposed // I be readin’ National Geographic for centrefolds."

Global Ideas: Warum hast du dich für Rap entschieden, um deine Botschaft unters Volk zu bringen, und nicht, wie viele andere Musiker, für einen Ethno- oder Weltmusik-Ansatz?

Baba Brinkman: Die einfache Antwort lautet: Ich bin von Berufswegen ein Rapper. Ich habe mich für Rap schon sehr viel früher entschieden, als überhaupt klar war, welche Themen ich heute ansprechen würde. Ich mag die Kunstform einfach, den Beat, die Reime, die Wortspiele. Und als ich als Rapper immer besser wurde, zeigte sich für mich immer mehr, dass ich hier ein gutes Vehikel hatte, um soziale Themen oder die Umwelt anzusprechen.

Woher kommt die Liebe zum Rap?

Ich wurde vor allem von Rappern beeinflusst, die Geschichten erzählen konnten. Leute wie Slick Rick, Eminem, Notorious BIG, Jay-Z, Nas, Common oder Atmosphere. Und dann waren da auch noch etliche Schriftsteller, die ich der klassischen, englischen Literatur verdanke, wie Chaucer, Shakespeare, oder Coleridge und Byron. In letzter Zeit kommt einiges an Inspiration auch von Komikern, Louise CK, oder Chris Rock, John Stewart und Tim Minchin. Komiker sind ziemlich gut darin, die Wahrheit auf den Punkt zu bringen.

Gibt es Musikrichtungen, die besser geeignet sind, eine Botschaft zu überbringen, als andere?

Rap eignet sich hier hervorragend, weil man ganz einfach mehr Worte pro Minute in einem Rap-Text unterbringen kann, als anderswo. Die Wortfolge ist viel schneller. Und Rap hat auch traditionell eine wegweisende Bedeutung. Die Musik ist nicht zögerlich oder widersprüchlich, sondern selbstbewußt und stark. Und das ist eine ziemlich sichere Bank, um mit einer Aussage Eindruck zu machen. Egal, mit welcher.

Wie bringt man Menschen am besten dazu, sich mit unsexy Themen auseinanderzusetzen, wie etwa Klimawandel oder Naturschutz?

Eine gute Taktik ist es, anzuerkennen, klarzumachen, dass diese Themen nicht sonderlich attraktiv sind. So kann man erstmal eine Verbindung zum Publikum herstellen. Aber dann muss man ihre Erwartungen untergraben und sie mit einem unerwarteten sexy Ansatz treffen. Ein Beispiel. Ich habe einen Track, der "Walden Pond" heißt. Das ist ein Ort, an den sich der Schriftsteller Henry David Thoreau zurückgezogen hat, um Ruhe zu finden. Der Song selbst ist aber durch einen aggressiven, treibenden Beat gekennzeichnet, das völlige Gegenteil also. Irgendwie funktioniert das. Am Ende des Liedes sind die Leute immer voll dabei.

Gibt es eine Szene von Musikern, die in deinem Bereich aktiv sind, oder bist du eher ein einsamer Wolf?

Es gibt mit Sicherheit Musiker, die in den einzelnen Feldern, die ich beackere, auch aktiv sind. Meine "Marke" ist allerdings nicht allein Umweltschutz oder Naturwissenschaften oder soziale Gerechtigkeit oder mittelalterliche Literatur an sich. Es geht eher um das große Ganze, dass alle Bereiche verbindet. Dieser rote Faden, den ich versuche in die Welt zu tragen, sind die "guten, aber komplexen Ideen" dahinter. Das ist wichtig, wenn auch anfangs etwas kompliziert.

Deine Musik findet auf der Bühne statt. Wie sieht das aus?

Meine Shows kann man wohl am besten als "ein Teil Rap-Konzert, ein Teil Comedy und ein Teil TED Talk" beschreiben. Ich trete vor allem in Theatern auf. Manchmal läuft es dann wie eine Vorlesung, manchmal wie Stand-Up Comedy. Ich mag vor allem Theater, weil man hier viele verschiedene Genres unter einem Dach zusammen bringen kann.



Erzähle uns was zu deinem Hintergrund - bist du ein Wissenschaftler mit einer Musikerseele, oder bist du ein Musiker, der vielfältige Interessen hat?

Ich verstehe mich selbst vor allem als Rapper. Es ist aber nun mal so, dass ich mich für das große Ganze interessiere, für Wissenschaft und wie die Gesellschaft so funktioniert. Für viele Menschen ist Rap oft nichts anderes als eine "niedere" Kunstform. Das ist falsch. Ich sehe Rap als eine sehr komplexe Kunstform, die jedes Thema behandeln kann, wenn nur der Rapper den Mut dazu hat, es zu versuchen.

Bildung ist wichtig. Gehst du in Schulen und Universitäten, hältst du Vorlesungen?

Ja, ich trete sehr oft vor Studenten auf. In den vergangenen Jahren waren das hunderte von Auftritten und Workshops. Ich mag es, in Schulen zu sein, weil ich damit den Finger am Puls der Zeit behalten kann. Aber wenn ich mein Material ausschließlich für Schulen schreiben würde, würde das zu kurz greifen. Ich muss größer denken, für eine weitere Zielgruppe. Das funktioniert dann auch gut an Schulen.

Du stehst überall auf der Welt auf Bühnen. Wo schon und zu welchen Anlässen?

Das sind zuviele Shows, um sie alle zu nennen. Aber ich habe in Australien, Neuseeland, Kanada, Europa, Großbritannien und die USA getourt, und selbst vor ein paar Jahren sogar in Ägypten und Hong Kong. Da ist schon einiges passiert.

Woher kommt das Geld für deine Arbeit, Plattenverkäufe vermutlich nicht in erster Linie?

Das Geld kommt vor allem über Auftritte und Aufträge, bei denen ich gebucht werde, um Songs über etwas zu schreiben, oder bei einem Event zu performen. Etwas Geld kommt auch von Plattenverkäufen, aber es ist weniger, als das, was meine Live-Shows ausmachen. Im Idealfall kann ich diesen Trend umkehren, so dass ich es mir leisten kann, mehr Zeit zum kreativ arbeiten zu haben, und weniger reisen zu müssen.

Wo muss mehr Aufklärungsarbeit zu Klima- und Naturthemen betrrieben werden, in Industrie- oder Entwicklungsländern?

Die Industrieländer sind für den Großteil der Emissionen verantwortlich. Wenn sie ihren Lebensstil ändern, kann das den größten Unterschied machen. Das scheint der größte Bedarf im Augenblick zu sein. Aber für Entwicklungsländer, deren Infrastruktur langsam aufholt, ist es wichtig, die schmutzigsten Technologien zu vermeiden und sich stattdessen hin zu umweltfreundlicheren Lösungen zu bewegen. Glücklicherweise muss nicht jedes Land den selben Lernprozess durchlaufen, weil wir unsere Erfahrungen weitergeben können.

Vielen Dank für das Interview.