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Gesucht: Frauen, die Frieden schaffen

Heiner Kiesel10. Juni 2015

Vor 15 Jahren haben die UN die Rolle von Frauen in Friedenseinsätzen durch eine Resolution gestärkt. Beim diesjährigen Tag des Peacekeepers lobt Innenminister de Maizière die mutigen Helferinnen aus Deutschland.

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Niger Soldat an der Grenze zu Nigeria
In Niger soll die EU-Mission EUCAP für Stabilität im Innern sorgenBild: Getty Images/AFP/I. Sanogo

Vorne auf der Bühne hat sich Hausherr Thomas de Maizière hinter das Rednerpult gestellt. Der Bundesinnenminister hat rund 250 Gäste um sich versammelt, mit denen er den "Tag des Peacekeepers" begehen möchte.

"Ich habe großen Respekt vor dem, was sie da unter schwierigsten Bedingungen in den Einsatzgebieten leisten", sagt der Minister. Seine Zuhörer tragen vor allem Polizei- oder Bundeswehruniformen, blau, waldgrün und grau. Rechtsanwältin Christina Wagner fällt da mit ihrem Kleid im kräftigem Rot auf.

Die Juristin ist eingeladen worden, um für ihre Arbeit bei der EU-Mission in Niger (EUCAP Sahel-Niger) geehrt zu werden. "Das ist schon ziemlich toll, dass unsere Arbeit hier von höchster Stelle gewürdigt wird, sonst bemerkt man uns höchstens, wenn mal was passiert, eine Geiselnahme oder ein Unglück", sagt sie.

Rechtsanwältin Wagner berät in Niger einheimische Richter und Anwälte in punkto Menschenrechten. Bereits vor 15 Jahren wurde eine EU-Resolution zum Einsatz von Frauen bei UN-Friedensmissionen verabschiedet. Die Bundesregierung will dieses Jahr ganz bewusst den Einsatz von Frauen bei den UN-Friedenmissionen in den Mittelpunkt stellen.

Christina Wagner Foto: Heiner Kiesel
Christina Wagner arbeitet seit 2013 als Juristin in NigerBild: DW/H. Kiesel

Faire Verfahren für Terroristen

Juristin Wagner erlebt in Niger den Kampf die islamistische Vereinigung Boko Haram mit. Das westafrikanische Land ist in den Krieg gegen die radikalen Eiferer eingetreten. "Wir", sagt sie, wenn sie vom Eintritt in die regionale Allianz gegen Boko Haram spricht. Der Kampf gegen den Terror hält die Gesellschaft in Atem.

In Workshops versucht sie Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte dafür zu sensibilisieren, dass die Verdächtigen trotz allem ein Recht auf ein faires Verfahren und die Einhaltung von Fristen haben. Und natürlich nicht gefoltert werden dürfen. "Man sieht manchmal sehr direkt, ob eine Fortbildung fruchtet", sagt sie. Kürzlich habe ein Teilnehmer eines Seminars die Verteidigung eines Terrorverdächtigen übernommen. "Der wirkt gut vorbereitet und seine Statements sind in Ordnung."

Außenminister Frank-Walter Steinmeier, UN-Untergeneralsekretärin Phumzile Mlambo-Ngcuka und Gastgeber Bundesinnenminister Thomas de Maizière
Außenminister Frank-Walter Steinmeier, UN-Untergeneralsekretärin Phumzile Mlambo-Ngcuka und Bundesinnenminister Thomas de Maizière zollten den deutschen Helfern ihren RespektBild: DW/H. Kiesel

Nach den Ministern spricht eine hochrangige Vertreterin der Vereinten Nationen über die Rolle von Frauen beim Aufbau von Demokratie und funktionierenden staatlichen Strukturen. Christina Wagner dreht den Kopf nach rechts und schaut eine Reihe hinter sich. Dort sitzen ihre Eltern und ihre sechsjährige Tochter. Die hat sie zu der Feier im Berliner Innenministerium mitgebracht; ihren dreijährigen Sohn hat sie lieber zu Hause gelassen.

"Ohne die Eltern hätte ich das ja nie machen können – wie ich bei EUCAP angefangen habe, da haben die auf die Kinder aufgepasst und tun das heute noch." Vielleicht steckt da auch mehr dahinter. Dass Christina Wagner schon früh bei ihrem Jurastudium daran dachte, ihr Fachwissen mit einem Engagement im Ausland zu verbinden, liegt wohl an einem Helfer-Gen in der Familie aus Nordhessen.

"Es war das richtige für mich!"

Ihre Mutter hat Hilfslieferungen nach Russland organisiert, der Bruder ist aktiver Lokalpolitiker, bis vor kurzem Bürgermeister. Wenn Christina Wagner über die Strapazen und die Gefahren des Einsatzes spricht, aber auch über die "wirklich sehr netten Menschen" in Niger und der ruhigen Atmosphäre in Niamey, dann weiß sie: "Es war das richtige für mich!"

Es ist ein Gefühl der Befriedigung, die viele Deutsche zum Helfen motiviert, auch wenn der überaus größte Teil des deutschen Kontingents an den Einsätzen aus den Reihen von Polizei, Zoll und Bundeswehr kommt. 3500 Deutsche sind derzeit in Friedensmissionen aktiv, vermeldet die Statistik des Zentrums für internationale Friedenseinsätze.

Bei insgesamt 197.000 Aktiven in Einsätzen weltweit, sind das etwas unter zwei Prozent. Eine Auswahl davon steht schließlich auf der Bühne im Konferenzsaal. "Das nächste Mal sind wieder Männer dabei", scherzt de Maizière, der zusammen mit seinem Kollegen Steinmeier gläserne Gedenkpreise verteilt.

Dann sollen Wagner und die anderen Geehrten noch kurz über ihre Erfahrungen sprechen. Ein Offizier übernimmt die Moderation. Er will auch wissen, wie das so als Frau ist, im Hilfseinsatz. Die Harmonie der Feierstunde wird etwas aufgebrochen, als sich eine Richterin, die im Kosovo arbeitet, darüber ärgert, dass ihre Behörde es ihr so schwer gemacht habe, in den Auslandseinsatz zu gehen. Eine andere Peacekeeperin fordert, dass gezielter Helfer angeworben werden müssten.

Christina Wagner
Zu Besuch bei Flüchtlingen aus Mali: Christina Wagner als PeacekeeperinBild: Wagner

Das sind Themen, die bei dieser Feierstunde nicht richtig vertieft werden konnten. Die Minister müssen weiter zum nächsten Termin. Und draußen warten auch noch die Häppchen auf weiß eingekleideten Stehtischen.