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Polizei fahndet nach Janukowitsch

24. Februar 2014

Die neue ukrainische Führung hat den gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch wegen "Massenmordes" zur Fahndung ausgeschrieben. Das teilte der kommissarische Innenminister Arsen Awakow bei Facebook mit.

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Viktor Janukowitsch (Archivfoto 2011, dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

DW-Korrespondent Markus Reher aus Kiew

Gegen den gestürzten ukrainischen Präsidenten wird wegen "Massenmords" ermittelt. Auch nach anderen ranghohen Amtsträgern werde wegen desselben Vorwurfs per Haftbefehl gefahndet, erklärte der kommissarische Innenminister Arsen Awakow am Montag auf seiner Facebook-Seite. Awakow ist ein Vertrauter der früheren Ministerpräsidentin Julia Timoschenko, die im Zuge des politischen Umsturzes am Wochenende aus der Haft freigelassen wurde.

Nach Informationen Awakows hält sich Janukowitsch auf der prorussisch geprägten Halbinsel Krim am Schwarzen Meer auf. Zuletzt war Janukowitsch in der Stadt Donezk gesehen worden, von wo aus er am Samstagabend in Begleitung bewaffneter Leibwächter in einem Flugzeug das Land verlassen wollte. Grenzschützer verhinderten nach eigenen Angaben die Flucht.

Bei blutigen Straßenschlachten zwischen Sicherheitskräften und Regierungsgegnern waren in der vergangenen Woche in Kiew und in anderen Städten zahlreiche Menschen getötet worden. Auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz wurden Berichten zufolge zahlreiche Demonstranten mit anscheinend gezielten Schüssen in Kopf und Brust getötet. Die bisherige Opposition hatte am Wochenende nach monatelangen Protesten die Macht in Kiew übernommen und rasch alle wichtigen Posten besetzt. Die bisherige Regierungspartei von Janukowitsch kündigte an, in die Opposition zu gehen.

DW-Korrespondent Markus Reher aus Kiew

Derweil zweifelt Russland die Legitimität der neuen Führung der Ukraine an. Deren Anerkennung durch einige Staaten sei eine "Verirrung", sagte Ministerpräsident Dmitri Medwedew.

Bundesregierung mahnt zur Zurückhaltung

Die Bundesregierung rief am Montag die neue politische Führung dazu auf, den Zusammenhalt des Landes zu wahren und auch auf den Osten und Süden des Landes zuzugehen. Am Ende des Übergangsprozesses müssten transparente, faire und demokratische Wahlen stehen, so Regierungssprecher Steffen Seibert. Mit Blick auf das Assoziierungsabkommen mit der EU betonte Seibert, dass die Tür weiterhin offen stehe. Allerdings sei "in diesen Tagen die Herstellung einer gewissen politischen und staatlichen Stabilität vorrangig." Die internationale Gemeinschafte müsse einen umfassenden Ansatz haben, um wirtschaftliche Reformen im Land zu begleiten. Die Bundesregierung prüfe weitere Möglichkeiten der Unterstützung, auch im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warnte die neuen Machthaber in Kiew vor Rachegelüsten. Die künftigen politischen Führer müssten vielmehr die Eskalation der Gewalt stoppen, sagte der SPD-Politiker der spanischen Zeitung "El País".

Timoschenko besuchte derweil erstmals nach ihrer Haftentlassung ihre kranke Mutter. Die 53-Jährige sei unter großer Geheimhaltung mit einer Privatmaschine in ihre Heimatstadt Dnjepropetrowsk rund 400 Kilometer südöstlich von Kiew geflogen, berichtete der Fernsehsender TSN. Timoschenko war am Samstag nach zweieinhalb Jahren umstrittener Haft freigelassen worden.

Ukraine braucht Milliarden

Nach dem politischen Umsturz in der Ukraine braucht das Land nach Angaben der Übergangsregierung finanzielle Unterstützung in Höhe von bis zu 35 Milliarden Dollar (25,5 Milliarden Euro). Dies sei der Bedarf für das laufende und das kommende Jahr, erklärte Finanzminister Juri Kolobow. Er rief den Westen auf, in den kommenden zwei Wochen eine Geberkonferenz zu organisieren, um einen Hilfsplan auszuarbeiten.

Übergangspräsident Alexander Turtschinow hatte zuvor gewarnt, die Ukraine stehe nach dem Sturz von Janukowitsch am Wochenende vor dem Staatsbankrott. Die USA und der Internationale Währungsfonds (IWF) stellten dem Land bereits Unterstützung in Aussicht. Aus der Europäischen Union gibt es ähnliche Stimmen. Der Westen ist sich dabei weitgehend einig, dass Hilfen an Bedingungen geknüpft werden sollten. In Kiew wird an diesem Montag die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zu Krisengesprächen mit der neuen Führung erwartet. Dabei soll es auch um Finanzhilfen gehen.

Ukraine: Russland kritisiert Machtwechsel

Erler will Russland einbinden

Der Osteuropa-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, will Russland an Finanzhilfen für die Ukraine beteiligen. Im ARD-"Morgenmagazin" sagte Erler: "Infrage kommen drei verschiedene Geber: Das sind die EU, der Internationale Währungsfonds und das ist natürlich die Russische Föderation."

Bisher sei das Hauptproblem, dass es noch keine handlungsfähige Regierung in Kiew gebe, mit der man über Bedingungen für Finanzhilfen reden könne, sagte der SPD-Politiker. "Denn keiner wird Geld geben zum Nulltarif." Erler erwartet, dass die Ukrainer künftig den Gürtel enger schnallen müssten. Gaspreise müssten angehoben und die Staatsausgaben gekürzt werden, was sich auf Renten und Gehälter auswirken werde.

kle/wa (dpa, rtr, afp)