1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Genug verloren"

Sarah Wiertz12. Februar 2014

Nach vielen Rückschlägen haben die Rodel-Doppelsitzer Tobias Wendl und Tobias Arlt den ganz großen Coup geschafft: Gold bei den Olympischen Spielen. Endlich, mag man sagen, sie haben es sich wirklich verdient.

https://p.dw.com/p/1B7ap
Die deutschen Rennrodler Tobias Arlt und Tobias Wendl
Bild: picture-alliance/dpa

In den vergangenen beiden Wintern waren Tobias Wendl und sein Hintermann Tobias Arlt eine Klasse für sich im Rodel-Doppelsitzer. Sie reihten Weltcupsieg an Weltcupsieg - und brachten sich damit in die exponierte Stellung des Favoriten-Paares. Der Druck auf ihnen war immens groß - alle erwarteten Gold von "den beiden Tobis", wie sie im deutschen Lager genannt werden. Als es gelang, löste sich die Anspannung mit einem doppelten Jubelschrei. Die ersten Worte im Zielbereich der olympischen Rodelbahn Sanki waren dann auch voller Emotionen. "Das ist geil, einfach unglaublich", freute sich Arlt, während sein Partner Wendl überglücklich anfügte: "Wir haben gezeigt, was wir draufhaben. Das waren zwei blitzsaubere Läufe." Das kann man so sagen.

Sie beherrschten die Konkurrenz in beiden Läufen, ließen nie einen Zweifel aufkommen, wer sich die goldene Medaille am Ende sichern würde. In den Bergen von Krasnaja Poljana stellten sie zugleich einen neuen Rekord auf: Nie siegte ein Doppelsitzer in der Geschichte der Winterspiele mit einem größeren Vorsprung: 0,522 Sekunden - im Rodeln sind das nach nur zwei Läufen Welten.

Viele Rückschläge führten zum Triumph

Dabei verlief die Karriere für die beiden mittlerweile 26-Jährigen alles andere als gradlinig. Bei den vergangenen Olympischen Winterspielen in Vancouver 2010 musste das Duo zu Hause bleiben - zu stark war die teaminterne Konkurrenz. "Damals waren wir Vierter im Gesamt-Weltcup. Mit so einem Ergebnis nicht zu Olympia zu fahren, war einfach nur hart", gab Arlt damals zu.

Tobias Wendl und Tobias Arlt jubeln (Foto: dpa)
Das Duo Wendl und Arlt teilt sich vieles: zum Beispiel Schlitten und Twitter-Account.Bild: picture-alliance/dpa

Doch das war nicht der einzige Rückschlag: Bei der Weltmeisterschaft 2011 im italienischen Cesana stürzten die beiden schwer. Bei der Heim-WM 2012 in Altenberg fuhren sie auf den undankbaren vierten Platz. Frustriert waren die beiden damals, denn ihre Ansprüche waren größer. Aber aufgeben? Das kam für Arlt und Wendl nicht in Frage. Fast trotzig trainierten sie noch mehr und noch härter.

"Wir haben in den letzten Jahren oft genug verloren", erklärt Doppelsitzer-Steuermann Wendl rückblickend. Und fügt weise hinzu: "Aber nur durch's Verlieren lernt man das Siegen." Nachdem die beiden deutschen Weltklassedoppel Patric Leitner/Alexander Resch sowie André Florschütz/Torsten Wustlich nach Vancouver 2010 ihre Karriere beendeten, kam die Zeit der rasenden Tobis: Seit der Saison 2010/2011 sind die beiden das neue Spitzendoppel Deutschlands im Rennrodeln - und haben das nun mit Gold in Sotschi eindrucksvoll belegt.

"Jetzt mit etwas mehr Hirn"

Aber auch die besten Doppel-Rodler der Welt können allein von ihrem Sport nicht leben: Arlt arbeitet als Polizeiobermeister bei der Bundespolizei, Wendl ist Sportsoldat bei der Bundeswehr. Seit 13 Jahren liegen die beiden Freunde gemeinsam auf dem Schlitten, Wendl hat als der kräftigere Steuermann die Position über dem zehn Kilogramm leichteren Arlt. "Wir verstehen uns annähernd blind. Als wir uns kennengelernt haben, gab es ja noch keine iPhones", sagte Wendl mit einem Augenzwinkern über das gute Verhältnis, während Arlt anfügte: "Die Harmonie muss stimmen, sonst fehlt auch im Rennen irgendwas."

Aber reicht ein guter Draht zueinander schon zu Olympiagold? Nein, in der komplexen Disziplin des Doppelsitzers geht viel über einstudierte Bewegungsabläufe. Und sie haben den Vorteil, ein gutes Team um sich zu wissen: "Ein erfahrener Rennrodler hat uns gesagt, dass nach dem Start immer noch 1000 Meter Fahrstrecke vor uns liegen", beschreibt Arlt schmunzelnd das Erfolgsgeheimnis. Von wem der Rat kommt? Von Heimcoach Patric Leitner, 2002 mit Alexander Resch letzter deutscher Doppelsitzer-Olympiasieger. Aus deren Schatten sind die beiden mit Gold eindrucksvoll herausgetreten.