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Merkel ignoriert Attacke der Linken

Marcel Fürstenau9. April 2014

Die Kanzlerin rechtfertigt im Parlament ihre Politik. Über Kritik der Opposition am Europa-Kurs der Bundesregierung geht sie wortreich hinweg, indem sie lange über die innenpolitische Agenda redet.

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Angela Merkel redet in der Generaldebatte des Bundestages.
Bild: Reuters

Kritik und Eigenlob im Bundestag

Es ist Haushaltswoche im Deutschen Bundestag. Zum Auftakt brachte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den Bundesetat für dieses Jahr ein. Er hat ein Volumen von knapp 300 Milliarden Euro. Über die Verwendung des Geldes wird anschließend mehrere Tage diskutiert. Höhepunkt ist traditionell die sogenannte Generaldebatte. Dabei geht es weniger um finanzielle Details als um die allgemeine Linie der Regierungspolitik. Wichtigste Rednerin ist natürlich Bundeskanzlerin Angela Merkel (im Artikelbild). Die Christdemokratin nutzte die ihr am Mittwoch (09.04.2014) zustehenden 35 Minuten für einen stark innenpolitisch geprägten Ausblick.

Die auf fast vier Stunden angesetzte Aussprache begann mit einer Überraschung. Für die Linke, stärkste Oppositionsfraktion im Bundestag, sprach nicht der von allen erwartete Gregor Gysi. Anstelle des wortgewaltigen Fraktionschefs attackierte Katja Kipping die Koalition aus Konservativen (CDU/CSU) und Sozialdemokraten. Das von der Regierung ausgegebene Ziel, im nächsten Jahr keine neuen Schulden aufnehmen zu wollen, bezeichnete Kipping als "Buchungstrick". Statt Unternehmen stärker zu besteuern, plündere Schwarz-Rot Überschüsse der Sozialkassen, um einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können.

Griechenland: Kipping spricht von "unterlassener Hilfeleistung"

Besonders heftig kritisierte die Linken-Abgeordnete den Europa-Kurs der Bundesregierung. Sie "spaltet den Kontinent", wetterte Kipping unter Hinweis auf die Zustände in Griechenland. Als Beispiel verwies sie auf die Situation im Gesundheitswesen. Patienten würden mangels Geld lebensnotwendige Operationen verweigert, sagte Kipping. Das "Kürzungsdiktat" für Griechenland sei "unterlassene Hilfeleistung".

Bundeskanzlerin Merkel konterte die Angriffe der Linken, indem sie das Reizwort Griechenland erst gegen Ende ihrer Ausführungen kurz in den Mund nahm, ohne auf Details einzugehen. Viel mehr lag ihr daran, dem angestrebten schuldenfreien Etat 2015 eine historische Dimension zu verleihen. Das habe es nämlich zuletzt 1969 gegeben, betonte Merkel. Zugleich merkte sie an, die europäische Schuldenkrise sei noch nicht überwunden. Außerdem gebe es neue Unsicherheiten durch die Entwicklung in der Ukraine.

Kanzlerin sieht Deutschland als "Globalisierungsgewinner"

Viel Raum räumte die Regierungschefin der deutschen Wirtschaftspolitik ein. Deutschland gehöre zu den "Gewinnern der Globalisierung", weil man eine wettbewerbsfähige Industrie und einen starken Mittelstand habe. Wichtig sei es, die Innovationsfähigkeit zu erhalten. Kreativität sei der "Treiber unseres Wohlstands". Dabei spielten Investitionen eine entscheidende Rolle, allen voran in das wichtigste Kapital, "unsere Menschen". Merkel sprach von zusätzlichen Geldern für Bildung, Forschung und Kindergärten.

Auch in die Verkehrsinfrastruktur und die Energieversorgung solle mehr investiert werden. Eine besondere "gesellschaftspolitische Dimension" habe die Digitalisierung, sagte Merkel. Datenschutz und Datensicherheit seien "legitime Notwendigkeiten", an denen man noch viel arbeiten müsse. Die nach wie vor lodernde Ausspähaffäre rund um den US-Geheimdienst NSA ließ die Kanzlerin unerwähnt.

Zum Schluss noch ein paar Worte zur Krim-Krise

Ganz zum Schluss erwähnte Merkel stichwortartig die Themen Demografie und Integration. Vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft kommt ihnen in Deutschland eine große Bedeutung zu. Die Teilhabe von Migranten am Berufsleben solle gestärkt werden, sagte die Kanzlerin. Mit der lange umstrittenen, inzwischen aber beschlossenen doppelten Staatsbürgerschaft solle ein Impuls gesetzt werden: "Ihr seid hier willkommen, ihr seid Teil der Gesellschaft", sagte Merkel an die Adresse von Einwanderern.

Am Ende ihrer Rede machte Merkel noch einen Schlenker zur Krim-Krise. Es sei nicht erkennbar, "wie Russland zur Entspannung der Situation beiträgt". Wichtig sei es, die verbliebenen "Gesprächsfäden" zu nutzen. Die Ukrainer müssten selbst über ihr Schicksal entscheiden können, dabei werde Deutschland "behilflich" sein. Das Modell des Interessenausgleichs sei das "Modell der Zukunft", sagte Merkel. Wie der im Falle der Krim-Krise aussehen könnte, ließ sie in der Generaldebatte des Deutschen Bundestags offen.