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Nepals Gemeinschaftswälder

Jennifer Collins /ke14. April 2015

Klimawandel, Abholzung und Landraub - all das zehrt an Nepals Artenvielfalt, bedroht aber auch das Wohlergehen von Millionen Nepalesen auf dem Land. Der Ansatz, Wälder gemeinschaftlich zu bewirtschaften, kann helfen.

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Eine Frau sammelt Feuerholz ein
Bild: Rob Goodier / Engineering for Change / CC BY-SA 2.0

Nepals Landschaft ist alles andere als eintönig. Ihr Variantenreichtum beginnt bei weiten Graslandschaften, reicht über feuchtwarme Regen- und Pinienwälder bis hinauf in schneebedeckte Gipfel. Das kleine, bergige Land ist überproportional reich an Arten. Hier leben aber auch einige der ärmsten Menschen der Welt.

Das Überleben der meisten von ihnen hängt stark davon ab, dass es den Pflanzen- und Tierarten in Nepal einigermaßen gut geht. Wo aber Klimawandel, Abholzung und das Ausbeuten der vorhandenen, wertvollen Ressourcen an der Tagesordnung sind, wird es schwierig. Umweltschutzorganisationen ist dieser Zusammenhang klar, sie versuchen, neben dem Erhalt der Artenvielfalt des Landes, auch einen gewissen Lebensstandard für die Bevölkerung zu gewährleisten.

"Wenn man den Kampf um den Naturschutz wirklich gewinnen will, muss man die Armut abbauen", sagt Oliver Langrand. Er ist der Geschäftsführer des Critical Ecosystem Partnership Fund (CEPF), einer US-Umweltschutz-Gruppe. "Tut man das nicht, wird sich der Trend, den wir gerade erleben, nicht umkehren. Die Natur wird weiter verschwinden und die Armut größer. Man wird merken, dass beide eng miteinander verbunden sind."

Auch wenn die Armut in Nepal in den vergangenen Jahren leicht zurückgegangen ist, landet das Land in den meisten Entwicklungs-Ranglisten noch immer auf einem der hinteren Plätze. So steht es aktuell etwa im Human Development Index der Vereinten Nationen auf dem #link:http://hdr.undp.org/en/content/human-development-index-hdi:145. von 187 Plätzen#. Nepal hat zudem eines der niedrigsten Bruttoinlandsprodukte (BIP) pro Kopf in der Welt.

Fast die Hälfte des Landes ist mit Wald und Buschland bedeckt. Allein dadurch sind große Teile der Landbevölkerung vom Wald und den Arten, die darin zu finden sind, abhängig. Sie sichern ihr Leben durch die Produkte des Waldes und verdienen mit ihm ihr Geld. Landwirtschaft, auch Fischerei und Waldwirtschaft beschäftigen noch immer knapp 80 Prozent der Bevölkerung. Sie haben, nach offiziellen Angaben im Jahr 2014, #link:http://www.cbd.int/doc/world/np/np-nr-05-en.pdf:für 35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes# gesorgt.

In der Vergangenheit hat Nepals Regierung durchaus daran gearbeitet, Natur und Gesellschaft in Einklang zu bringen. So wurde die Bevölkerung dafür entlohnt, wenn sie ihr Land geschützt hat. Allerdings, sagen Umweltschützer, genug wurde noch nicht getan.

Nepal ebnet den Weg zu gemeinschaftlicher Waldnutzung

Als die Regierung in den späten 50er Jahren versuchte, von Gemeinschaften bewirtschaftete Wälder unter staatliche Obhut zu stellen, scheiterte sie kläglich. Ein Grund dafür war das Ignorieren von althergebrachten, gewachsenen Nutzungssystemen der indigenen Bevölkerung. Anders als prognostiziert, wurden in Folge der Verstaatlichung immer mehr Bäume gefällt. Infolge dessen kam es zu einer massiven Degradierung der Böden und, als Konsequenz daraus, verheerenden Überflutungen. Das geht aus den Untersuchungen von Ghan Shyam Pandey hervor, der für die Global Alliance of Community Forestry (GACF) arbeitet, ein nepalesisches Netzwerk, das die Gesellschaften der Wälder repräsentiert.

Erst in den 1970er Jahren erkannte die Landesführung die bedeutende Rolle, die von der Bevölkerung für einen erfolgreichen Umweltschutz ausging. Als Konsequenz begann das Land, erste Schritte in Richtung einer gemeinsamen, gemeindenahen Waldbewirtschaftung zu gehen. Sogenannte Kommunale Waldnutzer-Gruppen wurden gegründet, die das Ziel hatten, die Landnutzung zu überwachen und Ressourcen nachhaltig zu nutzen.

"Sie haben erkannt, dass man den Wald nicht schützen und gleichzeitig bewirtschaften kann, ohne die Menschen vor Ort", sagt Pandey. "Unsere Wälder und Landwirtschaft sind eng miteinander verzahnt. Dieses Zusammenspiel hat die Lebensqualität merklich erhöht. So liefert der Gemeinschaftswald Feuerholz, Bauholz und andere Produkte, die den Menschen vor Ort sehr nützlich sind."

In Waldnutzer-Gruppen sind inzwischen 35 Prozent der knapp 28 Millionen Nepalesen organisiert. Sie bewirtschaften insgesamt rund zwei Millionen Hektar Wald.

Gemeinschaftsarbeit für Waldschutz

Jede Gruppe entwickelt einen eigenen Plan, wie sie ihren Teil des Waldes nachhaltig entwickeln und nutzen will. Entscheidungen darüber, welche Produkte entnommen werden, also etwa Bauholz oder Medizinpflanzen, werden von der Gemeinschaft gefällt. Sie basieren oft auf Traditionen und überliefertem Wissen und seien ein Best-Practice-Prinzip, erklärt Panday.

Dass dieser Kurswechsel funktioniert, zeigt sich an der zurückgehenden Entwaldung des Landes. #link:http://www.rightsandresources.org/news/thomson-reuters-foundation-an-opportunity-to-get-conservation-right/:Die Wälder sind in einigen Gebieten sogar vergrößert worden.# Und auch die Wilderei hat abgenommen, seit die lokalen Gemeinden mehr Einfluss haben. Der März 2014 markierte dabei für Nepal einen Meilenstein, denn ein Jahr lang war kein Nashorn gewildert worden. Ebenso wenige Elefanten oder Tiger.

Auch wenn es, wie das Center for International Forestry Research (CIFOR) feststellt, bislang keine umfassende Studie über die Auswirkungen gemeinschaftlich genutzter Wälder auf die Armut #link:http://www.cifor.org/publications/pdf_files/OccPapers/OP-81.pdf:in der entsprechenden Region gibt#, haben sie doch einen bedeutenden Anteil am Lebensunterhalt der Menschen. Sei es durch das Bereitstellen von Ressourcen und durch gewonnene Produkte. Und auch der Öko-Tourismus hat inzwischen einen Beitrag am Auskommen der Menschen. Zwischen 2009 und 2012 sind die Einnahmen daraus um 91 Prozent gestiegen. Laut Angaben der Regierung erhalten die Einheimischen #link:http://www.cbd.int/doc/world/np/np-nr-05-en.pdf:zwischen 30 bis 50 Prozent dieser Einnahmen#.

Schutzlösungen in abgelegenen Gemeinden

Die Geschäftsführerin des CEPF, Nina Marshall, hat Projekte in einigen der abgelegensten Regionen Nepals besucht, etwa in der Kangchendzönga-Region an der Grenze zu China. Sie sagt, dass die Einführung von ökologischer Landwirtschaft, aber auch neue und effiziente Kocher, die von den Einheimischen selbst hergestellt und auch verkauft werden, sehr dabei geholfen haben, Umweltschutz, Einkommen und Gesundheit zu stabilisieren.

"Wir unterstützen die Ethnobotanische Gesellschaft in Nepal, als ein Beispiel. Die haben 714 Familien darin unterrichtet, wie man Medizin- oder auch Würzpflanzen kultiviert", so Marshall. "Diese Familien haben nun einen besseren Zugang zu Medikamenten, die sie sonst hätten kaufen müssen. Nun könnten sie sie selbst verkaufen."

Allerdings kann Abgeschiedenheit ein Problem für manche Gruppen sein. "Die Gegend ist arm, es gibt kaum Entwicklung", sagt Marshall. "Als ich unsere Projekte besucht habe, gab es dort keine Straßen." Dass es keine Straßen gibt, stellt auch für den Öko-Tourismus zurzeit noch ein Problem dar. Es verhindert auch, dass die Einheimischen ihre Waren schnell und einfach auf Märkten verkaufen können.

Hier muss noch sehr viel getan werden, um lokale Produkte besser zu vermarkten, ergänzt Pandey vom GACF. "Wenn Gemeinschaften lokale Spezialitäten oder Produkte herstellen, haben sie es schwerer, sich auf regionalen oder größeren Märkten zu behaupten. Hier dominieren größere Unternehmen", sagt er.

Macht das beste aus der gemeinsamen Forstwirtschaft

Dennoch, viele Gemeinschaften nutzen noch nicht das volle Potential ihrer Wälder, um sichere Einkommen zu generieren. Konkrete Maßnahmen, die geschaffenen Einkommen auch zu sichern, fehlen noch, steht in #link:http://www.landcoalition.org/sites/default/files/publication/1266/Lokniti_Land_Grab_Mar2012.pdf:einer Studie des GACF#. Sie ergänzt, dass, auch wenn sich die Waldflächen vergrößert hätten, sich "der Lebensunterhalt der Armen und Benachteiligten nicht wie erwartet verbessert" habe.

Pandey, der seit mehr als 20 Jahren in Nepals Wäldern arbeitet, fordert eine Ausdehnung des Gemeinschaftswald-Konzepts, auch auf staatlich bewirtschaftete Wälder. Die seien immer noch von Missmanagement und hohen Abholzungsraten gezeichnet. Heute gehören noch #link:http://www.rightsandresources.org/news/campaign-carves-way-forward-for-nepals-indigenous-communities-forest-rights/:58 Prozent der Wälder der Regierung#.

Viele Gemeinschaften bewirtschaften ihre Wälder seit Generationen, sie sind eng an Kultur und Identität gebunden, sagt Pandey. Er selbst zählt sich auch zu den Verwaltern der Wälder. "Ich bin eigentlich ein Bauer", sagt er. "Ich komme aus dem Flussgebiet. Und Wälder waren immer schon Teil meines Lebens."

Eine Kochstelle
Verbesserte Kocher verbrauchen weniger Feuerholz und leiten den Rauch besser ab.Bild: Douglas Mason
Ein roter Panda in Blättern.
Die Bambuswälder in Nepal sind auch die Heimat des bedrohten Roten Panda.Bild: Tambako The Jaguar / CC BY-ND 2.0
Ein Gemeinschaftswald (Foto: Douglas Mason)
Gemeinschaftswälder sind Quelle für Nahrung, Brennstoff und Medizin.Bild: Douglas Mason