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Weltweit gesucht: Jobs für Jugendliche

Andreas Gorzewski27. Juni 2013

Fast überall auf der Welt wächst die Jugendarbeitslosigkeit. Experten warnen vor Unruhen. Ein Patentrezept gegen die Krise haben sie jedoch nicht. Jedes Land muss vielmehr seinen eigenen Weg finden.

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Arbeitslose warten vor einem Arbeitsamt in Madrid (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Junge Leute sind die Zukunft der Gesellschaft, doch in vielen Ländern sehen Jugendliche kaum eine berufliche Zukunft für sich. Derzeit sind laut Internationaler Arbeitsorganisation (ILO) weltweit mehr als 73 Millionen junge Männer und Frauen arbeitslos gemeldet - Tendenz steigend. Die Krisenländer Spanien und Griechenland hat es besonders hart getroffen. Dort liegt die Rate der Jugendarbeitslosigkeit bei über 50 Prozent. Doch auch in Nahost, Afrika, Asien oder Lateinamerika haben viele kaum eine Chance auf eine Arbeit, von der sie leben können. Nationale Lösungsvorschläge sind so unterschiedlich wie die Gründe für die Krise.

Experten sehen die zunehmende Jugendarbeitslosigkeit mit Sorge. Massimiliano Mascherini von der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in Dublin mahnt: "Soziale Unruhen durch Jugendarbeitslosigkeit sind ein Aspekt, den unsere Politiker bedenken sollten." Eine lange Arbeitslosigkeit entfremde die jungen Menschen von der Gesellschaft. Populisten oder Extremisten könnten sich die Enttäuschung der jungen Leute zu Nutze machen, warnt der italienische Forscher beim Global Media Forum der Deutschen Welle. Mit Blick auf Europa fügt er hinzu: Es sei außerdem nicht nachhaltig, wenn 14 Millionen Menschen unter 30 Jahren ohne Arbeit, Schul- oder Berufsausbildung seien.

Arbeitslose afrikanische Männer sitzen auf einer Mauer in Germa, Libyen (Foto: dpa)
In Afrika warten viele junge Menschen auf einen Job, von dem sie leben könnenBild: picture-alliance/dpa

Statistiken können täuschen

Statistisch gesehen sieht es in einigen Regionen besser aus als in Europa. So lag die Jugendarbeitslosigkeit 2012 in den afrikanischen Staaten südlich der Sahara offiziell bei nur 11,8 Prozent. In den Industriestaaten einschließlich der EU lag die Quote bei 18,1 Prozent. Diese Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Denn viele junge Afrikaner melden sich erst gar nicht arbeitslos. Sie können es sich nicht leisten, auf einen Job zu warten. Sie tauchen in keiner Statistik auf, weil sie jede Arbeit annehmen müssen - und sei sie noch so miserabel. Keine andere Region hat den ILO-Angaben zufolge so viele Menschen, die zwar arbeiten, aber dennoch bitterarm sind.

Die Barrieren zum Arbeitsmarkt können je nach Land und Region sehr unterschiedlich sein. In Nordafrika und Nahost investiere kaum jemand, erklärt die Arbeits- und Jugendforscherin Ghada Barsoum von der Amerikanischen Universität in Kairo. Deshalb gebe es für nachrückende Generationen keine Jobs. Außerdem konzentrierten sich zu viele Menschen auf eine Stelle im öffentlichen Dienst, der aber längst nicht alle Absolventen von Schulen und Universitäten aufnehmen könne. Junge Frauen haben es dabei noch viel schwerer als Männer, beklagt Barsoum. Laut ILO lag die Arbeitslosenrate für junge Männer in Nahost im Jahr 2012 bei 24,5 Prozent, für Frauen bei 42,6.

Starre Arbeitsmarktregeln in Europa kritisiert

Eine Zauberformel gegen Jugendarbeitslosigkeit gebe es nicht, bedauert Barsoum. Deshalb muss jedes Land einen eigenen Weg für seine Jugend finden. In Europa schotten nach Ansicht des Arbeitsökonomen Jochen Kluve unter anderem starre Regeln den Arbeitsmarkt ab. Länder wie Frankreich oder Spanien schafften demnach durch ihre Gesetze zu Mindestlöhnen und Kündigungsschutz eine hohe Hürde für junge Menschen. "Solche Länder müssen diese Barrieren abbauen", sagt der Forscher der Berliner Humboldt-Universität. Darüber hinaus könnten Regierungen den jungen Leuten mit Fortbildungsmaßnahmen und öffentlichen Beschäftigungsangeboten helfen.

Jochen Kluve, Professor für Empirische Arbeitsökonomik der Humboldt-Universität Berlin, beim Global Media Forum in Bonn (Foto: DW)
Arbeitsökonom Kluve mahnt flexiblere Strukturen anBild: Andreas Gorzewski

Mascherini weist auf die Diskrepanz zwischen Ausbildung und Anforderungen des Arbeitsmarktes in vielen Ländern hin. Junge Leute kämen von einer Universität, ohne je eine Stunde gearbeitet zu haben. Ihre Qualifikation und ihre Erfahrungen passten nicht zu den Erwartungen der Arbeitgeber, weil Arbeit und Ausbildung zwei völlig getrennte Bereiche seien. Das müsse geändert werden. Außerdem müssten einige Staaten ihre strikte Sparpolitik überprüfen. Wenn eine Regierung keine Anreize und Zuschüsse für Arbeitgeber bieten könne, sei es schwer, neue Jobs zu schaffen.

Binnenmigration oft sinnvoller als Auswanderung

Auswanderung ist Mascherini zufolge keine Lösung. Es helfe wenig, jungen Spaniern oder Griechen die Jobsuche in Deutschland zu empfehlen. "Wir sind Europa, wir haben 21 verschiedene Sprachen", weist er auf die Sprachbarriere hin. Dagegen sei es sinnvoll, innerhalb eines Landes mobil zu sein. Wer in Andalusien keinen Job finde, könne im spanischen Baskenland sein Glück versuchen. Im Gegensatz zum gebeutelten Süden Italiens gebe es in Norditalien durchaus noch Angebote.

Junge Deutsche haben insgesamt deutlich weniger Probleme, den Sprung ins Berufsleben zu schaffen. Dennoch gebe es auch in der Bundesrepublik einen Teil der Jugendlichen, der nicht vergessen werden dürfe, fordert Arbeitsökonom Kluve. Wie in vielen Entwicklungsländern finden auch in Deutschland gerade die Jugendlichen, die keinen oder einen schlechten Schulabschluss haben, nur schwer eine Stelle. Deshalb müsse das Bildungssystem flexibler werden. "Wenn wir sehen, dass jemand 25 Jahre langzeitarbeitslos ist, dann entstand das Problem irgendwo in dem Weg durch unser Bildungssystem", sagt Kluve.

Berufseinsteiger informieren sich auf einer Aus- und Weiterbildungsmesse in Halle/Saale an einer Job- und Lehrstellenbörse (Foto: dpa)
Ohne guten Schulabschluss finden auch viele Jugendliche in Deutschland keine ArbeitBild: picture-alliance/dpa