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Gauck thematisiert Leid der Rotarmisten

6. Mai 2015

Der Bundespräsident hat an die Bürger appelliert, das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen im Dritten Reich stärker in den Blick zu nehmen. Zugleich dankte Gauck der Roten Armee für die Befreiung Deutschlands.

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Bundespräsident Joachim Gauck enthüllt in Schloss Holte-Stukenbrock eine Gedenktafel für die auf dem Friedhof begrabenen russischen Kriegsgefangenen (Foto: picture-alliance/dpa/B. Thissen)
Gauck enthüllt in Schloss Holte-Stukenbrock eine Gedenktafel für die dort begrabenen sowjetischen KriegsgefangenenBild: picture-alliance/dpa/B. Thissen

Bundespräsident Joachim Gauck hat eine stärkere Würdigung des Leids sowjetischer Kriegsgefangener unter den Nationalsozialisten angemahnt. Das grauenhafte Schicksal dieser Gefangenen sei in Deutschland nie angemessen ins Bewusstsein gekommen, es liege in einem "Erinnerungsschatten", sagte Gauck bei einem Besuch des sowjetischen Ehrenfriedhofs in Schloss Holte-Stukenbrock und der nahe gelegenen NS-Dokumentationsstätte "Stalag 326" zum 70. Jahrestag des Weltkriegsendes.

5,3 Millionen Kriegsgefangene - mehr als die Hälfte starben

"Millionen von Soldaten der Roten Armee sind in deutscher Kriegsgefangenschaft ums Leben gebracht worden - sie gingen an Krankheiten elendig zugrunde, sie verhungerten, sie wurden ermordet", erklärte der Bundespräsident. Es müsse davon ausgegangen werden, dass von über 5,3 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen deutlich mehr als die Hälfte starben.

Für die Aufarbeitung dieser Verbrechen forderte Gauck die Deutschen auf, nicht nur ihre historischen Kenntnisse zu erweitern. Nötig sei besonders, "unser Herz und unsere Seele zu öffnen für das, was wir kaum glauben wollen". Der Bundespräsident würdigte in diesem Zusammenhang ehrenamtliche Initiativen wie die "Blumen für Stukenbrock", die sich seit Jahrzehnten für ein solches neues Bewusstsein einsetzten.

Keine Unterscheidung zwischen Westalliierten und Sowjets

Ausdrücklich dankte Gauck den sowjetischen Soldaten für die Befreiung Deutschlands von der NS-Diktatur. Dieser "aufopferungsvollen Kampf der ehemaligen Gegner in Ost und West" habe es möglich gemacht, dass Deutschland heute in Freiheit und Würde leben könne, so der Bundespräsident. Er machte damit keine Unterscheidung zwischen Westalliierten und Sowjets. Der Dank an die sowjetischen Soldaten ist politisch sensibel, weil seit Wochen darüber gestritten wird, wie des Kriegsendes gedacht werden soll. Angesichts der politischen Spannungen mit Russland wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim reisen die meisten westlichen Regierungschefs nicht zur militärischen Siegesparade am 9. Mai nach Moskau.

Gauck legte zum Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren an dem Mahnmal der westfälischen Kriegsgräberstätte einen Kranz nieder und enthüllte eine Stele mit den Namen der dort bestatteten Kriegstoten. An der Zeremonie nahmen rund 20 Botschafter von Ländern auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion sowie Diplomaten der westlichen Alliierten teil. In den Massengräbern auf dem Soldatenfriedhof in Schloss Holte-Stukenbrock liegen mehr als 65.000 Tote. In dem nahe gelegenen damaligen Kriegsgefangenenlager "Stalag 326" waren zwischen 1941 und 1945 Tausende Menschen inhaftiert und zu Tode gekommen, größtenteils russische Rotarmisten.

sti/kle (dpa, rtr, epd)