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Sorge über den Klimawandel

Bettina Marx14. April 2014

Die Erde erwärmt sich weiter – mit dramatischen Folgen. Der Weltklimarat warnt in seinem jüngsten Bericht vor dem Klimawandel und fordert rasche Gegenmaßnahmen. Die Bundesregierung will mit der Energiewende Vorbild sein.

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Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel spricht bei der Vorstellung des 5. Weltklimaberichts an der TU in Berlin Foto: DPA
Bild: picture-alliance/dpa

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die Rolle Deutschlands als Vorreiter bei der Bekämpfung des CO2-Ausstoßes bekräftigt. Bei der Vorstellung des jüngsten Berichts des Weltklimarates an der Technischen Universität (TU) in Berlin, sagte Gabriel, die Bundesrepublik verfolge ambitionierte Klimaziele. Bis zum Jahr 2050 wolle man die Treibhausgase um 80 bis 95 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Nur so sei eine Begrenzung der Erderwärmung auf 2 Grad Celsius erreichbar. "Bis 2050 wollen wir 60 Prozent unseres Energieverbrauchs und 80 Prozent unseres Stromverbrauchs durch erneuerbare Energien decken", erklärte Gabriel im voll besetzten großen Hörsaal Audimax der Universität vor Forschern und Studenten. Gleichzeitig wolle Deutschland sich mehr auf die Energieeffizienz konzentrieren. Dies sei ein zentraler Bestandteil der deutschen Energiewende.

Deutschland als Vorbild

Deutschland könne anderen Ländern dabei als Vorbild und Modell dienen, fügte Gabriel hinzu. "Ich glaube, die Energiewende in Deutschland ist eine große Erfolgsstory, denn wir haben die erneuerbaren Energien von einer Nischentechnologie zu einer führenden Technologie gemacht", so der Wirtschaftsminister, der auch für die Energiepolitik zuständig ist. Im Jahr 2000 seien nur 6 Prozent des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energien gewonnen worden. Heute seien es bereits 25 Prozent. Dabei müsse man allerdings darauf achten, dass die Wirtschaft nicht unter zu hohen Energiekosten leide, ergänzte Gabriel. "Heute sind die Energiekosten für die industrielle Wettbewerbsfähigkeit mindestens so wichtig wie die Löhne." So mache die Energie immerhin bis zu 60 Prozent der Produktionskosten aus, während Löhne und Gehälter nur 20 Prozent ausmachten.

Hinzu komme ein steigendes Ungleichgewicht bei den Energiekosten. Wegen der Schiefergasproduktion in den USA seien dort die Energiepreise gefallen. In Europa sei Strom infolgedessen ungefähr zweieinhalb Mal so teuer wie in den USA und Gas sogar dreimal so teuer. Darum müsse man sicherstellen, dass die Produktion von Energie-intensiven Gütern nicht aus Europa abwandere. "Wenn Energie-intensive Produkte nur in Ländern mit niedrigen Klimastandards hergestellt werden und nicht mehr in Ländern mit hohen Standards werden wir dem Klima überhaupt nicht helfen, sondern im Gegenteil", betonte Gabriel. Darum müsse man ein Klimaabkommen abschließen, dass alle Industrieländer und die Schwellenländer einschließe.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und die Klimaforscher Rajendra Pachauri und Ottmar Edenhofer bei der VGorstellung des 5. Weltzustandsberichts an der TU Berlin Foto: DPA
Gabriel und die Klimaforscher Pachauri und Edenhofer (v.r.n.l.)Bild: picture-alliance/dpa

Der Bericht des Weltklimarats

Am Sonntag hatte der Weltklimarat (IPCC) in Berlin den Bericht der Arbeitsgruppe III, die sich mit dem Klimaschutz befasst, vorgelegt. 235 Autorinnen und Autoren aus 58 Nationen hatten dafür Tausende von wissenschaftlichen Publikationen ausgewertet. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass die Emissionen von Treibhausgasen trotz politischer Maßnahmen im letzten Jahrzehnt schneller angestiegen seien als in den drei Jahrzehnten zuvor. "Die Emissionen steigen und steigen und steigen", stellte Ottmar Edenhofer, Klimaforscher und Professor an der TU-Berlin und Co-Vorsitzender der Arbeitsgruppe III des Weltklimarates, fest. Verantwortlich dafür seien die fossilen Energieträger. Seit 1970 habe sich der CO2-Ausstoß mehr als verdoppelt. Dies sei auch auf die steigende Wettbewerbsfähigkeit der Kohle zurückzuführen.

Wenn es nicht gelinge, diesen Trend umzukehren, würden die Temperaturen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um bis zu 4,8 Grad Celsius ansteigen, mahnte Edenhofer. Die Folgen einer solchen Erderwärmung seien dramatisch und nicht bezahlbar. Wenn dagegen sofort gehandelt werde, müsse man nur mit geringen Einbußen beim weltweiten Wirtschaftswachstum rechnen. Der Klimaforscher forderte, alle Länder müssten sofort mit der Reduzierung der Treibhausgase beginnen und einen einheitlichen und global gültigen Preis für Emissionen festlegen.

Symbolbild Eisschollen am Nordpol Foto: Imago Arctic Circle
Die Erwärmung der Erde lässt die Pole schmelzenBild: imago/chromorange
Der Potsdamer Klimaforscher und Professor an der TU Berlin Ottmar Edenhofer Foto. REUTERS
Der Potsdamer Klimaforscher Ottmar Edenhofer hat am Bericht des Weltklimarats mitgearbeitetBild: Reuters

Diskussion um die Kohle

Der Bericht des Weltklimarats hat in Deutschland unterdessen eine Debatte über die weitere Nutzung der Kohleenergie ausgelöst. Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif sagte, die Kohle sei der Klimakiller Nummer eins. Der Energieexperte Patrick Graichen erklärte, die Kosten für ein altes Steinkohlekraftwerk seien inzwischen viel günstiger als die für ein neues Gaskraftwerk. Um dies klimafreundlich zu verändern müssten die Preise für den Ausstoß von CO2 deutlich steigen. "Ein nationaler Kohlekonsens würde Regierung, Stromproduzenten, Gewerkschaften und Umweltgruppen zusammenbringen und Wege finden, um diesen schrittweisen Wandel gemeinsam zu gestalten", sagte Graichen.

Auch der frühere Chef des UN-Umweltprograms (UNEP), Klaus Töpfer, forderte einen Ausstieg aus der Kohleverstromung. Er nannte den Anstieg der Kohlekraft in Deutschland "das Paradox der deutschen Energiewende". Am vergangenen Freitag sagte er bei einer Pressekonferenz in Berlin, Deutschland dürfe sich bei der Energiewende nicht nur auf die Stromerzeugung beschränken. Um eine Reduzierung von Treibhausgasen zu erreichen, müsse man sich auch mit Wärmedämmung befassen und darüber hinaus eine Verkehrswende anstreben.