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G7: Was will die Wirtschaft?

Sabine Kinkartz, Berlin20. Mai 2015

Anfang Juni treffen sich die G7 im bayerischen Schloss Elmau. Was dort auf der Agenda steht, betrifft vor allem auch die Wirtschaft. Ihre Lobbyisten trafen sich in Berlin mit der Kanzlerin und stellen Forderungen.

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Deutschland G7 Ulrich Grillo und Angela Merkel
Bild: J. Macdougall/AFP/Getty Images

Es ist nicht mehr lange hin, bis sich die Regierungschefs der sieben führenden westlichen Industrienationen, also Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA unter dem Vorsitz von Bundeskanzlerin Angela Merkel versammeln. Grund genug für die G7, oder wie es alternativ heißt: B7, die Präsidenten der größten Wirtschafts- und Industrieverbände, sich ebenfalls zusammen zu setzen und ihre Interessen auf den Punkt zu bringen. Immerhin erwirtschaften die sieben großen Industrienationen zusammen 46 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts. 35 Prozent des weltweiten Handels gehen auf ihr Konto.

Die Grundstimmung sei gut gewesen, so beschreibt Ulrich Grillo, der Präsident des Bundesverbandes der Industrie, das zweitägige Treffen in Berlin. "Und das nicht nur, weil wir gestern Abend lecker zusammen gegessen haben." Die Wirtschaftsbosse sind sich ihres Gewichts bewusst. Doch gerade die Bedeutung, die sie für den Wohlstand in ihren Ländern haben, macht sie auch anfällig für die vielen weltweiten Krisen.

Die Welt sei unsicherer geworden, stellt Grillo fest. "In diesem Jahr stehen wir vor beispiellosen politischen, sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen: Sie reichen von zwischenstaatlichen Konflikten über Terrorismus und soziale Instabilität bis hin zu neuen Sicherheitsbedrohungen."

Der Präsident der Medef (Mouvement des enterprises de France), Pierre Gattaz (l-r), der Präsident der Keidanren (Nippon Keizai Dantai Rengokai), Sadayuki Sakaibara, die Präsidentin der Buisnesseurope, Emma Marcegaglia, BDI-Präsident Ulrich Grillo, die Leiterin der kanadischen B7-Delegation, Monique Leroux, der Repräsentant des U.S. Chamber of Commerce, David M. Cote und der Präsident der Confindustria (Confederazione Generale dell' Industria Italiana), Giorgio Squinzi posieren am 20.05.2015 in Berlin am Rande eines Treffens der Präsidenten der G7-Wirtschaftsverbände, der B7 anlässlich des G7-Gipfels in Elmau. Foto: Britta Pedersen/dpa
Die B7 wollen mitredenBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Russland weiter außen vor

Ein umfassender Themenkatalog für das Gespräch der B7 mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, das am Montag stattfand. Auch über Russland wurde gesprochen. "Natürlich wäre es der Wunsch der deutschen Wirtschaft, die Sanktionen wieder runterzufahren und irgendwann auch wieder zu G8 und B8 zurück zu kommen", sagt Grillo. "Einseitig diese Sanktionen zurück zu nehmen, wäre aber der falsche Weg." Dafür müssten erst grundlegende Bedingungen erfüllt sein. Schließlich seien die Sanktionen wegen der russischen Verstöße gegen das Völkerrecht eingeführt worden.

Er habe immer die Position vertreten, dass langfristige Rechtssicherheit wichtiger sei als kurzfristige Gewinne, betont der BDI-Präsident. Der Bundesaußenminister habe im Gespräch mit den Wirtschaftsverbänden gesagt, dass es Fortschritte bei der Umsetzung des Abkommens von Minsk über eine Waffenruhe im Osten der Ukraine gebe. Minsk weiter umzusetzen, sei der richtige Weg, so Grillo. Daran müsse weiter gearbeitet werden.

Kommuniqué mit "Empfehlungen"

Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern, bis Russland wieder mit am Tisch sitzen darf. "Wir teilen grundlegende Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte, Freiheit und Offenheit unserer Gesellschaften, sowie das Vertrauen in die Marktwirtschaft", so fasst der deutsche Industrie-Präsident die Grundsätze der G7 zusammen. Auf dieser Grundlage müsse die globale Agenda vorangetrieben werden.

Wie das geschehen soll, das haben die B7 in einem Kommuniqué zusammengefasst. "Industrielle Innovation für eine nachhaltige Welt" ist das 21-seitige Papier überschrieben, das Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Treffen im Kanzleramt am Nachmittag übergeben wurde. Auf der Liste der "Empfehlungen" stehen unter anderem die Nachhaltigkeit globaler Lieferketten, die Energie- und Klimapolitik, die effiziente Nutzung von Ressourcen, sowie die Gesundheitspolitik.

Die G7 müssten ehrgeizige Reformen für mehr Wachstum auf den Weg bringen, heißt es. Obwohl sich die Weltwirtschaft nach der Finanzkrise stabilisiert habe, "besteht kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen". Hindernisse für Investitionen müssten beseitigt werden, gleiche Wettbewerbsbedingungen seien unverzichtbar.

Sorge um den freien Handel

Mehr als eine Stunde nahm sich die Kanzlerin für die Wirtschaftsverbände Zeit und bedankte sich anschließend für die gemachten Vorschläge. Das Gespräch sei ein zentrales im Reigen der Vorgespräche vor dem G7-Gipfel in Elmau gewesen, so Angela Merkel.

Sie habe mit den B7 über die Themen Lieferketten und Handel, über Energie und Gesundheit gesprochen, berichtete die Regierungschefin. Die Wirtschaftsverbände sind mit der derzeitigen Handelspolitik nicht zufrieden. Der freie Welthandel sei in Gefahr: "Dass Staaten neue protektionistische Barrieren aufbauen, erfüllt uns mit Sorge", sagt Grillo. Ein Ausweg sei der Abschluss von Freihandelsabkommen. Die sieben Wirtschaftsverbände stehen geschlossen hinter dem Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA.

Es werde für alle Beteiligten große Vorteile bringen, wenn die derzeit im transatlantischen Handel noch erhobenen Zölle von zehn Milliarden US-Dollar abgebaut würden. Gefordert wird auch eine möglichst baldige Umsetzung des WTO-Abkommens über Handelserleichterungen. "Die G7 sollten mit gutem Beispiel vorangehen, wie wir meinen, und das Abkommen zügig ratifizieren und umsetzen", fordert Grillo. "Zudem verlangen wir, dass sich die G7 für einen erfolgreichen Abschluss der Doha-Runde der Welthandelsorganisation einsetzen."

Was wird aus dem Klimaschutz?

Die Forderung nach Wettbewerbsgleichheit wird vor allem vor dem Hintergrund der Energiewende betont. Die Diskussion über sichere, bezahlbare und saubere Energie gehöre auf die globale Agenda, betont BDI-Präsident Grillo, sie dürfe nicht nur national und nicht nur europäisch geführt werden. Alle Parteien müssten "vergleichbare, ehrgeizige und überprüfbare Beiträge" leisten. Nationale Sonderwege würden hingegen nur die Wirtschaft belasten.

BdT Deutschland Bayerische Bereitschaftspolizei in Kruen
Schloss Elmau: G7-Tagungsort in malerischer KulisseBild: Reuters/M. Dalder

Die Bundeskanzlerin stimmt dem grundsätzlich zu. Derzeit sei man von weltweit möglichst gleichen Rahmenbedingen bei den Klimazielen noch weit entfernt, so Angela Merkel. Dabei seien sie das Beste für die Wirtschaft. "Wir in Europa, die wir im Klimaschutz sehr weit vorangehen, haben daran natürlich ein ganz wesentliches Interesse."

Plädoyer für fossile Brennstoffe

Es wird ganz deutlich, dass die Wirtschaftsverbände mitreden wollen, wenn es darum geht, was auf dem UN-Klimagipfel Ende des Jahres in Paris beschlossen werden soll. Der Abschluss eines Klimaankommens sei eine wichtige staatliche Aufgabe, betont Grillo. "Jedoch sind wir überzeugt, dass die Expertise aus der Wirtschaft notwendig ist, um die Ziele wirklich zu erreichen." Schließlich seien es oft genug die Unternehmen, welche die Maßnahmen der Energie- und Klimapolitik in der Praxis umsetzen müssten.

So lassen die Wirtschaftsverbände auch keinen Zweifel daran, dass sie sich das Geschäft mit Kohle, Gas und Öl nicht vollkommen vermiesen lassen wollen. "Die Klimaschutzbemühungen sollten sich auf Effizienzverbesserungen, neue Technologien und nachfrageseitige Faktoren konzentrieren, während sie gleichzeitig Unternehmen nicht daran hindern sollten, fossile Brennstoffe verantwortungsvoll zu gewinnen und auf den Markt zu bringen, heißt es im Kommuniqué der B7.