Fukushima: Unendliche Pannenserie
Nachdem neue, extrem hohe Strahlenwerte an der Atomruine Fukushima gemessen wurden, kündigt Japan eine Finanzspritze in Millionenhöhe an, um die radioaktiven Wassermassen einzudämmen.
Regierung als Krisenmanager
Die japanische Regierung unter Premierminister Shinzo Abe will Handlungsfähigkeit demonstrieren: Nachdem am Wochenende bekannt geworden war, dass die Strahlenbelastung auf dem Gelände des havarierten Atomkraftwerks in Fukushima deutlich höher ist als bislang angenommen, schaltet Tokio sich jetzt direkt in die Krisenbewältigung ein.
Millionen-Paket aus Steuergeldern
Umgerechnet 360 Millionen Euro will die Regierung für die Sicherung der Anlage zur Verfügung stellen: Mit dem Geld sollen Lecks eingedämmt werden, um ein weiteres Austreten radioaktiv verseuchten Wassers zu verhindern. Geplant ist unter anderem der Bau eines fast 1,5 Kilometer langen unterirdischen Schutzwalls aus gefrorenem Erdreich um die Reaktoren.
Botschaft des Regierungschefs
"Die Welt schaut auf uns, um zu sehen, ob wir die Stilllegung des Atomkraftwerks Fukushima bewerkstelligen", so der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe am Dienstag (03.09.). Die Regierung verkündete ihr Eingreifen in die Fukushima-Dauerkrise medienwirksam wenige Tage vor der Entscheidung über die Vergabe der Olympischen Spiele 2020. Dort steht Tokio in der Endauswahl.
Drastische Zahlen
2.200 Millisievert pro Stunde: So hoch ist die Strahlenbelastung, die jetzt an einem der Wassertanks auf dem Gelände der Atomruine gemessen wurde. Ein Rekordwert. Am Dienstag (03.04.) war von 1.800 Millisievert die Rede gewesen. Ein Mensch könnte dieser Strahlung gerade einmal vier Stunden ausgesetzt sein - dann hätte er eine tödliche Dosis aufgenommen.
Tepco weiter unter Kritik
Tepco war nach dem Atomgau von 2011 wegen unzulänglichem Katastrophenmanagements stark in die Kritik geraten. Jetzt wird der Betreiberfirma vorgeworfen, das Ausmaß der Katastrophe weiterhin zu vertuschen und die Öffentlichkeit nur scheibchenweise zu informieren.
Unbeherrschbare Wassermassen
Nach dem Erdbeben und dem Tsunami kam es in einigen Reaktoren zur Kerschmelze. Seitdem wird pausenlos Kühlwasser in die Reaktoren gepumpt. Das verseuchte Wasser wird in Tanks gelagert. Es soll aufbereitet werden, um es erneut zur Kühlung einzusetzen. Das Problem: Jeden Tag dringt Grundwasser ein und vermischt sich mit dem kontaminierten Kühlwasser.
Undichte Sammelbecken
Im Zusammenhang mit den Tanks, in denen das radioaktive Wasser gesammelt wird, kam es wiederholt zu Problemen: Denn die meisten der Behälter bestehen aus zusammengeschraubten Stahlplatten, immer wieder wurden daran Lecks entdeckt. Es wird vermutet, dass auf diesem Weg radioaktiv verseuchtes Wasser durch Abwassersysteme ins Meer geflossen ist.
Gefahrenstufe offiziell erhöht
Erst am 19. August war bekannt geworden, dass rund 300 Tonnen von radioaktivem Wasser ausgelaufen und zu einem großen Teil versickert waren (Foto). In Folge des bislang schwersten Störfalls seit der Kernschmelze hob die Atomaufsichtsbehörde die Gefahrenstufe erstmals auf 3 von 7 auf der internationalen Bewertungsskala für nukleare Zwischenfälle (Ines) an.
Soll es der Pazifik ausbaden?
Um der Wassermassen inerhalb der Anlage Herr zu werden, schließt die japanische Atomaufsichtsbehörde NRA nicht aus, Wasser gezielt ins Meer abzupumpen, vorausgesetzt, die radioaktive Belastung liegt unter dem "Grenzwert". Nach Angaben von NRA-Chef Shunichi Tanaka ist ein solcher Schritt "unvermeidlich", weil es nicht genug Lagerkapazitäten für die riesigen Mengen verstrahlten Kühlwassers gibt.
Leben im Schatten der strahlenden Ruine
Die Atomkatastrophe von Fukushima wird die Menschen in der Region noch lange beschäftigen. Nach Angaben von Tepco wird die vollständige Sicherung des havarierten Kraftwerks bis zu 40 Jahre dauern.