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Frischer Wind im Kleinformat

21. September 2010

Es weht ein frischer Wind durch die Branche der regenerativen Energien: Mini-Windräder liefern Strom für den Eigenbedarf. Gerade abgelegene Regionen in Entwicklungsländern können von den Kleinwindanlagen profitieren.

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Solareinheit und Windrad (Quelle: cc/Argonne National Laboratory)
Hybridformen kombinieren die Nutzung von Solar- und WindenergieBild: CC/Argonne National Laboratory

Es wird früh dunkel in den Anden. In Äquatornähe geht die Sonne gegen 18 Uhr unter, dann ist zwölf Stunden lang Nacht, mit kleinen Variationen das ganze Jahr über. In Lima oder Quito stört das nicht weiter - wie in den Industrieländern wird bei Einbruch der Dämmerung einfach der Lichtschalter gedrückt. In manchem Andendorf ist das nicht so einfach: Abgelegene Regionen sind häufig nicht ans Stromnetz angeschlossen.

Das Dilemma der Peripherie

Nicht nur in Südamerika bleiben die Lichter oft aus. Weltweit haben 1,6 Milliarden Menschen keinen Zugang zu Elektrizität - das bedeutet ein Leben, wie man es in Europa oder Nordamerika seit mehr als einhundert Jahren nicht mehr kennt; ein Leben, das sich nach dem Wandel der Jahreszeiten, nach Sonnenauf- und -untergang richtet. Betroffen sind vor allem Menschen, die fernab der städtischen Zentren leben. Das Dilemma der Peripherie ist bekannt - lösen lässt es sich mit dem Ausbau regenerativer Energien, die dezentral einsetzbar sind.

Windturbiene auf einem Dach (Quelle: cc/tswind)
Kleinwindanlagen können auch abgelegene Regionen mit Elektrizität versorgenBild: CC/tswind

Solarzellen auf Hüttendächern sind mittlerweile in der so genannten Dritten Welt keine Seltenheit mehr. Jetzt bekommt die Sonnenenergie Unterstützung: Mini-Windräder können den Strombedarf von Haushalten und Landwirtschaftsbetrieben abdecken, bedienungsfreundlich und klimaneutral.

"Kleinwindanlagen sind eine echte Chance für Entwicklungsländer", sagt Ulf Gerder vom Bundesverband Windenergie (BWE). In der Mongolei beispielsweise sind Kleinstanlagen häufig die einzige Stromquelle von Nomaden - die Windräder sind so klein, dass sie auf dem Pferd transportiert werden können.

Entwicklung braucht Energie

Energie ist Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung. Menschen in armen Ländern sind zur Stromerzeugung häufig auf Dieselgeneratoren oder Batterien angewiesen - ein nicht nur teurer, sondern auch umweltfeindlicher Weg der Energiegewinnung. Mit Mini-Windrädern lassen sich Armutsbekämpfung und Klimaschutz wirkungsvoll verknüpfen.

Mit diesem Ziel bemüht sich in Ostafrika die Nichtregierungsorganisation (NGO) Green Africa um die Installation von Kleinwindanlagen, vorwiegend in Kenia, Burundi und Ruanda. "Der Anschluss an Elektrizität wirkt sich auf viele Bereiche des Lebens positiv aus", erklärt Kefa Rabah von Green Africa. Die Menschen könnten beispielsweise ihre Handys zu Hause aufladen - früher mussten sie dafür kilometerweit in die nächste Stadt laufen. In vielen Regionen Afrikas ist das Mobiltelefon die einzige Kommunikationsmöglichkeit.

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Nachhaltige Entwicklung: Das Dorf Susya im Westjordanland versorgt sich mit Wind- und SolarkraftBild: AP

Auch die Bildungschancen haben sich laut Rabah durch den Stromanschluss verbessert: "Die Kinder von Ziegenhirten, die früher erst mit Einbruch der Dunkelheit nach Hause zurück kamen, können jetzt am Abend ein paar Stunden lesen und ihre Hausaufgaben erledigen."

Eine Option für Europa

Kleinwindkraftanlagen sind indes nicht nur für Schwellen- und Entwicklungsländer eine Option. Auch in Europa und Nordamerika entscheiden sich immer mehr Menschen für diese Form der nachhaltigen Energiegewinnung. Um das Klima zu schützen, aber auch aus Kostengründen. Denn in vielen Ländern unterstützt der Staat die Einspeisung nachhaltig erzeugter Energie ins Stromnetz.

Kleinwindturbine (Quelle: Thomas Mies /CC)
Klein, aber effektiv: Miniwindrad im EinsatzBild: CC/Thomas Mies

Einen gravierenden Nachteil haben die Mini-Windräder zumindest für deutsche Nutzer: Während ins Stromnetz eingespeister Strom aus Photovoltaikanlagen mit zwischen 24 und 42 Cent pro Kilowattstunde vergütet wird, gibt es für Energie aus Windkraft nur 9 Cent.

"Solar- und Windenergie sollten nicht miteinander konkurrieren, sondern sich ergänzen", empfiehlt Gerder vom BWE. Tatsächlich gibt es bereits Hybridformen, bei der Solar- und Windenergie gemeinsam genutzt werden.

Mini-Windräder machen Schule

Auch in der armen, schwer zugänglichen nordperuanischen Provinz Cajamarca weht dank der Unterstützung der NGO Soluciones Practicas ein neuer Wind: Mittels Kleinwindanlagen können mehr als 4000 Familien in der Region ihren täglichen Verbrauch von circa 0,3 Kilowattstunden abdecken.

Damit die Dorfbewohner die Anlagen selbst instand halten können, gibt es in jedem Ort Techniker, die die Batterien der Räder auswechseln und Reparaturen durchführen können. Darüber hinaus hat Soluciones Practicas ein Schulungszentrum für alternative Stromversorgung eingerichtet, um das Erfolgsmodell in andere entlegene Regionen zu exportieren.

Denn Mini-Windräder liefern nicht nur sauberen Strom - sie bieten Menschen in den entlegendsten Winkeln der Welt die Möglichkeit, von der Peripherie ins Zentrum zu rücken. In der Andenregion Cajamarca ist bereits etwas Licht ins Dunkel gebracht worden.

Autorin: Nele Jensch
Redaktion: Ranty Islam