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Friedrich: "Zu viel Geheimniskrämerei"

Bernd Riegert19. Juli 2013

Innenminister Hans-Peter Friedrich tritt für mehr Datenschutz für europäische Bürger ein. Nach der Daten-Spionage durch Geheimdienste fordert er im Interview mit der DW mehr Transparenz von den USA.

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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) beim informellen Treffen der EU-Innenminister in Vilnius, Litauen. Foto: Bernd Riegert, DW
Bild: DW/B. Riegert

Deutsche Welle: Herr Minister, wie sollte die europäische Antwort auf Abhörskandale und das Abgreifen von Daten durch Geheimdienste aussehen? Was kann Europa beim Datenschutz besser machen?

Hans-Peter Friedrich: Zum einen muss die klare Antwort und ich glaube auch Botschaft an die USA heißen: Wir wollen den Schutz der Datenschutz-Souveränität unserer Bürger! Dazu gehört in erster Linie Transparenz. Was passiert mit meinen Daten, die ich irgendjemandem, ob im öffentlichen Bereich, im Privaten oder in der Wirtschaft, aushändige?

Mit welcher Rechtsmaterie kann man jetzt einen Rahmen schaffen, um das zu sichern? Erstens mit der Datenschutz-Grundverordnung, also einem Recht, das für ganz Europa gelten soll, und zwar für Unternehmen, auch die großen amerikanischen Kommunikationsunternehmen. Da verlangen wir, dass Unternehmen, die Daten europäischer oder deutscher Bürger an irgendwelche amerikanische Behörden übermitteln, dies auch mitteilen und melden müssen. Ich glaube, dass dies ein zwingender Bestandteil von Transparenz ist.

Zweitens wollen wir zusammen mit unseren amerikanischen Freunden, die ja ein Freihandelsabkommen wollen und in der Wirtschaft noch enger zusammenrücken wollen, ein gemeinsames Verständnis über die Sicherheit von Daten entwickeln. Deswegen werden wir das so genannte "Safe Harbor Abkommen", das Standards für die Unternehmen regelt und von der US-Regierung anerkannt wird, nachschärfen müssen. Und ich glaube, dass wir eine Art digitale Grundrechts-Charta brauchen, um ein gemeinsames Verständnis mit den Amerikanern zu entwickeln über den Schutz der Privatsphäre und die Daten-Souveränität. In allen drei Bereichen müssen wir jetzt zügig vorankommen.

Aber sitzen die Unternehmen, es handelt sich ja meist um große amerikanische Konzerne, nicht zwischen allen Stühlen? Auf der einen Seite die amerikanischen Behörden, die sagen, ihr müsst uns die Daten geben. Auf der anderen Seite die Europäer, die sagen, ihr müsst uns sagen, was ihr tut. Ist das nicht eine schwierige Lage?

Ja, das ist eine sehr schwierige Lage. Das ist ja das, was momentan gerade passiert. Yahoo klagt gegen die amerikanische Regierung und sagt: 'Wir müssen uns in Europa rechtfertigen und verteidigen können. Und ihr sagt uns, wir können nichts sagen. Wir können mit einer solchen Situation nicht leben. Das schädigt unser Geschäft.' Hier entsteht massiver Druck auf die amerikanische Regierung, auch mit Hilfe der amerikanischen Gerichte wird man da an der einen oder anderen Stelle eine Neuorientierung der amerikanischen Gesetzgebung erwarten dürfen.

Es sind ja nicht nur amerikanische Geheimdienste betroffen, auch europäische Dienste haben offenbar Daten abgegriffen. Zielen Sie mit Ihrer europäischen Initiative auch ein wenig auf die eigenen Dienste?

Für mich ist wichtig, dass man versteht, dass fast jedes Land einen Geheimdienst hat und jedes Land verpflichtet ist, die Sicherheit seiner Bürger herzustellen. Der internationale Terrorismus kann nur mit einer internationalen Zusammenarbeit der Geheimdienste verhindert werden. Deswegen brauchen wir enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Das ist überhaupt keine Frage, aber eines ist auch klar: Jeder Nachrichtendienst muss auf der Basis der Gesetze, die von demokratischen Parlamenten erlassen sind, arbeiten. Das muss sichergestellt sein. Das machen die meisten Staaten durch Kontrollkommissionen, durch entsprechende Institutionen in ihrem eigenen Bereich.

Aber dazu gehört natürlich auch, dass die rechtlichen Grundlagen, auf denen die Behörden arbeiten, offengelegt werden. Da gibt es für mich bei den Amerikanern zu viel Geheimniskrämerei. Ich glaube, dass es für einen demokratischen Staat angemessen ist, dass er die Verfahren und die Prinzipien, nach denen seine Nachrichtendienste arbeiten, offenlegt. Da muss er ja noch keine operativen Geheimnisse verraten. Ich glaube, dass wir dazu jetzt einfach kommen müssen.

Viele Bürger in Europa sind besorgt. Glauben Sie, dass der verbesserte Datenschutz noch vor den Europa-Wahlen im Mai 2014 Hand und Fuß bekommen wird und dass man schnell handeln kann?

Absolut! Wir sind dabei, die Datenschutz-Grundverordnung voran zu treiben. Das ist natürlich ein sehr, sehr komplexes Werk, das in viele Bereiche des Lebens der Bürger eingreift. Das muss sehr sorgfältig gemacht werden, weil dieses Recht ja unmittelbar gilt. Das heißt, es wird sofort nationales Recht durch europäisches Recht ersetzt. Das muss sehr sorgfältig sein und auch handhabbar sein für die Gerichte. Aber ich glaube, wir kommen gut voran und 2014 liegen Ergebnisse auf dem Tisch.

Hans-Peter Friedrich (56) ist seit März 2011 Bundesinnenminister. Zuvor hatte der konservative Politiker die Landesgruppe der bayrischen CSU im Bundestag geleitet. Friedrich reiste Anfang Juli in die USA, um Informationen über die massenhafte Datenauswertung von Telefon- und Internetkommunikation durch den Geheimdienst NSA zu erhalten. Antworten stehen nach Angaben Friedrichs noch aus. Beim Treffen der EU-Innen- und Justizminister am Freitag (19.07.2013) in Vilnius setzte sich Friedrich für mehr europäischen Datenschutz ein.