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Friedlicher Protest gegen Rechts

Marcus Lütticke6. Mai 2013

Die Bilder sind noch in Erinnerung: Vor einem Jahr kam es bei einer Kundgebung der rechtsextremen Partei "Pro NRW" in Bonn zu Gewaltakten von Salafisten gegen Polizisten. Doch dieses Mal blieb alles unter Kontrolle.

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Demonstration der Partei "Pro NRW" am 05.05.2013 in Bonn-Bad Godesberg - Gegendemonstranten (Foto: DW/Marcus Lütticke)
Bild: DW/M. Lütticke

Es ist heiß am diesem Sonntagnachmittag (05.05.2013) auf dem Theaterplatz in der Innenstadt von Bonn-Bad Godesberg. Mannschaftswagen der Polizei parken entlang der Häuserfronten. Ein Großteil des Platzes ist abgesperrt. Hinter der Absperrung haben sich etwa 400 Menschen versammelt, die gegen eine Kundgebung der rechtsextremen Partei "Pro NRW" demonstrieren wollen.

"Wir sind heute hier, um 'Pro NRW' keinen Platz zu bieten und friedlich für Toleranz zu demonstrieren", sagt ein Demonstrant. Der 32-jährige Bonner hält ein Plakat mit zwei bunten Zeichentrickpferden und der Aufschrift "Ponys statt Nazis!" hoch. "Ich hab gemerkt, dass man mit Unsinn gut auf sich aufmerksam machen kann", sagt er mit einem Augenzwinkern.

Spontan zur Demo

Von der angekündigten Kundgebung der Rechten ist zu diesem Zeitpunkt noch nichts zu sehen. Und so widmen sich die etwa 400 Protestler des Bündnisses "Bonn stellt sich quer" den Rednern auf der eigenen Bühne, hören Musik, genießen die sommerlichen Temperaturen und diskutieren.

Demonstration der Partei "Pro NRW" am 05.05.2013 in Bonn-Bad Godesberg (Foto: DW/Marcus Lütticke)
Demonstration der Partei "Pro NRW"Bild: DW/M. Lütticke

Doch nicht alle sind gezielt heute zur Demo gekommen. Tariq K. wollte eigentlich nur spazieren gehen und bemerkte dann, dass Teile der Innenstadt abgesperrt sind: "Ich hatte zwar davon gelesen, wusste aber nicht, dass das heute ist." Der 51-Jährige schließt sich spontan den Demonstranten an.

Plötzlich wird es laut. Trillerpfeifen und antifaschistische Protestrufe schallen über den Platz. Polizisten formieren sich vor den Absperrgittern. Der Grund ist schnell ausgemacht: Am anderen Ende des Platzes ist ein schwarzer Kleinbus vorgefahren und eine Handvoll "Pro NRW"-Aktivisten beginnt damit, Lautsprecherboxen aufzubauen. Sollen das schon die mehreren hundert rechten Demonstranten sein, die "Pro NRW" im Internet angekündigt hatte?

Überraschende Sitzblockade

"Angemeldet hat 'Pro NRW' 100 bis 150 Teilnehmer", sagt Ulrich Faßbender, Pressesprecher der Polizei. Sein Kollege ergänzt, dass vermutlich gleich zwei Busladungen eintreffen werden. Doch zunächst beschallen die Rechtsextremen den Platz nur mit einem seltsamen Mix aus Popmusik und Klassik. "Looking for Freedom" von David Hasselhoff dröhnt aus den Boxen.

Demonstration der Partei "Pro NRW"am 05.05.2013 in Bonn-Bad Godesberg - Gegendemonstranten (Foto: DW/Marcus Lütticke)
GegendemonstrantenBild: DW/M. Lütticke

Auf dem Platz wird es nun hektisch. Aus mehreren Ecken strömen Einsatzkräfte der Polizei vor die Lautsprecher der Rechten. Dort ist wie aus dem Nichts eine Gruppe von etwa 25 Gegendemonstranten aufgetaucht und startet eine Sitzblockade. Sofort bilden die Polizisten einen Kreis um die Jugendlichen. Zeitgleich kommen etwa 40 "Pro NRW"-Mitglieder auf den Platz und postieren sich unmittelbar vor der eingekreisten Gruppe. Zu Handgreiflichkeiten kommt es jedoch nicht.

"Wir haben keine Erkenntnisse, dass es heute hier unfriedlich sein wird. Bei der Thematik kann man das sicher nicht ausschließen, aber es gibt im Moment keine Hinweise darauf", sagt Polizeisprecher Faßbender. Trotzdem hat sich die Polizei intensiv auf den Einsatz vorbereitet. Zu bitter sind wohl die Erinnerungen an den Mai 2012, als in Bonn bei einer Kundgebung von "Pro NRW" gewaltbereite Salafisten auftauchten und Polizisten schwer verletzten.

Keine Gewalt

Doch heute bleibt es ruhig. Nur für einen Moment wird es nochmal hektisch, als aus den Reihen von "Pro NRW" eine Wasserflasche auf die eingekreisten jungen Gegendemonstranten fliegt. Nach einer kurzen Rangelei ist die Situation aber wieder unter Kontrolle.

Etwa eine Stunde lang schimpfen die Redner der Rechtspopulisten über den Islam und halten Plakate mit durchgestrichenen Moscheen in die Luft. Der Versammlungsort Bad Godesberg wird als Zentrum des Islamismus in Deutschland bezeichnet.

Für die zahlreichen Pressevertreter und einige Polizisten ergibt sich nun gegen Ende der Veranstaltung die Möglichkeit, kurz Abkühlung zu suchen. Direkt hinter dem Aufmarschplatz der Rechten ist ein Eiscafe. Normalerweise wäre an einem so warmen Tag mit vielen Kunden zu rechnen gewesen, doch durch den abgesperrten Zugang bleibt der Umsatz heute aus. "Polizisten und Journalisten, das war's. Unsere Kunden sind heut gar nicht da", ärgert sich ein Eisverkäufer, der seit zehn Jahren in dem Godesberger Café arbeitet. An einen solchen Ausnahmezustand kann er sich in all den Jahren nicht erinnern.

Gegen 15 Uhr ist der ganze Spuk vorbei. Die Rechten ziehen ab und auf dem Theaterplatz kehrt langsam wieder Ruhe ein. Bei der Polizei freut man sich über den erfolgreichen und weitgehend reibungslosen Einsatz. Auch das Bündnis "Bonn stellt sich quer" zeigt sich mit dem Verlauf der Veranstaltung zufrieden. Und im Eiscafé hofft man, dass wenigstens der Rest des Tages noch etwas Umsatz bringt.