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Frauen mit Macht

Manuela Kasper-Claridge, z.Zt. London24. Juni 2014

Mächtige Frauen aus Wirtschaft und Politik sind der Einladung des US-Wirtschaftsmagazins Fortune gefolgt, um sich in London über ihre Arbeit auszutauschen. Die Frauenquote war dabei kein Thema.

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Nigerias Finanzministerin Ngozi Okonjo-Iweala (Foto: NICHOLAS KAMM/AFP/Getty Images)
Einflussreich: Nigerias Finanzministerin Ngozi Okonjo-IwealaBild: NICHOLAS KAMM/AFP/Getty Images

Endlich kann sie einmal durchatmen. Belen Romana sitzt in einem Londoner Hotel und erzählt von ihrer Arbeit. Vor einigen Wochen hatte sie tatsächlich einen freien Sonntag, der erste in zwei Jahren. Es war ein Tag, an dem ihre Bank mal keine Schlagzeilen produzierte.

Belen Romana erzählt dies mit einem gewissen Fatalismus. Sie ist Chefin von Sareb, Spaniens Bad Bank. Für viele Spanier ein Ärgernis. Denn Sareb muss 50 Milliarden Euro an so genanten "toxic assets" verwerten. Das sind Anlagen, deren Wert dramatisch gefallen ist, eine Folge der Euro Krise. Darunter sind Immobilien, in denen viele Spanier wohnen. Diese werden jetzt unter anderem amerikanischen Hedge Fonds angeboten.

"Wir müssen verkaufen, das ist unser Ziel", sagt Romana. In 15 Jahren soll Sareb die Vermögenswerte zum besten Preis verkauft haben. Den Begriff Bad Bank mag sie allerdings überhaupt nicht. "Wir haben noch nicht einmal eine Banklizenz." Deshalb sei Sareb im klassischen Sinne keine Bank. Romana erzählt mit großer Bestimmtheit von den Herausforderungen in dieser Position. Die Bankwelt wird von Männern dominiert, Hedge Fond Manager sind harte Verhandlungspartner. Sie wollen den größten Profit. Sareb dagegen den besten Preis.

Frauen machen Karriere

Belen Romanas Karriere ist ebenso erstaunlich wie die anderer Frauen, die an diesem Tag ihre Erfahrungen in London austauschen. Sie haben es geschafft und gehören zur Elite in Wirtschaft oder Politik. So wie Ngozi Okonjo-Iweala, Finanzministerin Nigerias (Artikelbild). Sie war schon Außenministerin ihres Landes und arbeitete unter anderem bei der Weltbank.

Mit großer Leidenschaft erzählt sie von den intensiven Verhandlungen mit dem sogenannten Pariser Club über die Entschuldung Nigerias. Damals hatte Nigeria über 30 Milliarden Auslandsschulden angehäuft. Okonjo-Iweala war Mitglied der nigerianischen Delegation und machte sich nicht nur Freunde.

Die Ministerin engagiert sich seit Jahren gegen die notorische Korruption in ihrem Land. "Wir haben in der Vergangenheit 45.000 Scheinarbeiter identifiziert", erzählt sie. Personen, die nur auf dem Papier existierten, denen aber ein Gehalt überwiesen wurde. "Das wäre heute nicht mehr möglich."

Mutter entführt

2012 wurde ihre Mutter entführt. Einzige Forderung der Entführer: die Ministerin solle zurücktreten. Sie tat es nicht, und durch glückliche Umstände kam ihre Mutter frei. Damals habe sie oft darüber nachgedacht, alles hinzuwerfen.

Die klassischen Frauenthemen wie Frauenquote oder gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit sind an diesem Tag in London kein Thema. Viele der Teilnehmerinnen empfinden das als wohltuend. Stattdessen geht es um die Lage der Weltwirtschaft, Chancen für Startup-Unternehmen oder Marketing mit Social Media. Und doch ist die Atmosphäre anders als bei anderen Konferenzen. "Hier gibt es keine grimmigen alten Männer", die oft die Diskussionen dominieren würden, sagt eine Teilnehmerin.

Unlösbare Aufgaben

Die Karriere vieler Frauen verlaufe nicht geradlinig, so die Erkenntnis einiger Teilnehmerinnen, manchmal bekommen sie einen Top Job, weil die Aufgabe fast unlösbar erscheine. So wie Maelle Gavet. Die Französin spricht fließend Russisch und arbeitete als Beraterin für Boston Consulting. 2009 wurde sie Managing Director bei Ozon, bereits zwei Jahre später war sie die Chefin des Unternehmens.

Ozon ist das russische Äquivalent zu Amazon, aber die Entwicklung verläuft nicht ohne Probleme. So sind die Transportwege in Russland teilweise abenteuerlich. Die Logistik war und ist deshalb eine der größten Herausforderungen. Trotzdem gelang es Gavet in einer aktuellen Finanzierungsrunde, 150 Millionen Dollar an Risikokapital einzusammeln. Wirtschaftliche Auswirkungen der angespannten politischen Situation durch die Ukraine-Krise sieht sie derzeit nicht. "Wir konzentrieren uns auf Russland. Die Banken haben unsere Kreditlinien überprüft, aber da wir so viel Risikokapital eingesammelt haben, brauchen wir die nicht."

Gavet baut einen eigenen Transportdienst auf, der Kundenkontakt wird über Social-Media-Kanäle intensiviert. Ozon hat laut Gavet heute rund 70 Millionen Kunden und über 2500 Mitarbeiter. In diesem Jahr war sie zusammen mit vier anderen Unternehmern in den Kreml eingeladen. Der russische Präsident, Wladimir Putin, wollte sich über die Chancen der Internet-Wirtschaft informieren. Auf die Frage, wie es war, antwortet Gavet mit einem vielsagenden Lächeln: "Ich war die einzige Ausländerin und die einzige Frau."