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Franken-Freigabe sorgt für Finanz-Chaos

Hilke Fischer (mit afp, dpa, rtr)15. Januar 2015

Die Schweizer Notenbank wirbelt mit einer überraschenden Entscheidung die Finanzmärkte durcheinander. Der Euro gerät unter Druck, die Börsenkurse brechen erst ein, legen dann aber kräftig zu.

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Schweiz Frank Banknoten
Bild: Reuters/K. Pempel

Die Entscheidung der Schweizer Notenbank SNB kam völlig überraschend - und sorgte für heftige Turbulenzen an den Finanzmärkten. Nach der Aufhebung des Mindestkurses schnellte der Kurs des Franken zunächst um fast 30 Prozent in die Höhe. Zwischenzeitlich gab es für einen Euro nur noch 85 Rappen (0,85 Franken), später lag der Kurs bei 1,03 Franken pro Euro. Im Vergleich zum US-Dollar fiel der Euro auf den tiefsten Stand seit November 2003.

Der deutsche Leitindex Dax und andere europäische Börsen knickten kurzfristig ein. Der Goldpreis legte kräftig zu. In Polen kommt der Höhenflug des Franken rund 700.000 Haushalte teuer zu stehen, die Immobilienkredite in Schweizer Franken abgeschlossen haben.

An der Schweizer Börse stürzte der Leitindex SMI zwischenzeitlich um rund zwölf Prozent ab und schloss letztlich bei einem Minus von fast neun Prozent - das ist der größte Tagesverlust seit 25 Jahren. Vor allem die Aktien von Schweizer Banken und Luxusmarken gaben stark nach. Der Aktienkurs des weltgrößten Uhrenherstellers Swatch büßte mehr als 16 Prozent ein. Investoren verkauften ihre Anteile aus Sorge vor den Auswirkungen der Zentralbank-Entscheidung. Denn durch den aktuellen Kursanstieg des Franken verteuern sich Schweizer Waren im Ausland um 20 bis 30 Prozent.

Unternehmen fürchten um Exporte

Swatch-Chef Nick Hayek bezeichnete die Entscheidung der Nationalbank als «Tsunami». Auch die Maschinenbauer befürchten "katastrophale Auswirkungen" auf die überwiegend mittelständischen Unternehmen, wie der Arbeitgeberverband Swissmechanic mitteilte. Nach Angaben der Schweizer UBS-Bank könnten die negativen Folgen für die Exportwirtschaft rund fünf Milliarden Schweizer Franken oder 0,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts betragen. Für Touristen werde die bereits teure Schweiz jetzt noch teurer, warnte der Schweizer Tourismus-Verband.

Um die Aufwertung des Franken zu begrenzen, entschied die Notenbank zeitgleich, den "Strafzins" für Guthaben auf Girokonten bei der Nationalbank zu erhöhen. Wird ein bestimmter Freibetrag überstiegen, werden statt bisher 0,25 Prozent jetzt 0,75 Prozent fällig. Zugleich hält sich die Notenbank den Ankauf ausländischer Währungen offen.

Mindestwechselkurs als Reaktion auf die Euro-Krise

Inmitten der Eurokrise hatte die Nationalbank vor fast dreieinhalb Jahren angesichts eines anhaltenden Höhenflugs des Franken die Notbremse gezogen: Sie legte einen Mindestwechselkurs von 1,20 Franken für einen Euro fest, den sie durch Euro-Ankäufe sicherte. Diese "außerordentliche und temporäre Maßnahme" in einer Zeit "größter Verunsicherung an den Finanzmärkten" habe die Schweizer Wirtschaft vor schwerem Schaden bewahrt, erklärte die Nationalbank nun. Die hohe Nachfrage von Investoren nach der sicheren Währung war zu einer Belastung für die wichtige Schweizer Exportwirtschaft geworden. In der Zwischenzeit habe sich die Wirtschaft des Landes umgestellt, so die SNB.

Ein Festhalten an dem Kursziel hätte auf lange Sicht keinen Sinn ergeben, rechtfertigte SNB-Chef Thomas Jordan die überraschende Aufgabe des Franken-Mindestkurses. "Der Ausstieg musste überraschend erfolgen", erklärte er. Hintergrund sei unter anderem die unterschiedliche Entwicklung der Geldpolitik in den bedeutenden Währungsräumen: Während in den USA die erste Zinserhöhung seit der Finanzkrise ansteht, dürfte die Europäische Zentralbank am 22. Januar mit breit angelegten Anleihekäufen eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik beschließen. Das kann den Euro schwächen. Die SNB hätte dann noch mehr Euro kaufen müssen, um den Franken zu verteidigen.

DAX Entwicklung an der Börse in Frankfurt 05.01.2015
Der Dax schwankte an diesem Tag um 400 PunkteBild: Reuters

Dax wieder über 10.000 Punkte

Am Ende des Tages ging es dann auch für den Dax wieder aufwärts: Zum ersten Mal in diesem Jahr überschritt der deutsche Leitindex die 10.000 Punkte. "Der Schritt der SNB, die Wechselkursbindung aufzuheben, hat den Markt völlig überrascht. Das hat verunsichert und daher ging es erst einmal kräftig abwärts im Dax", sagte ein Beobachter. Letztlich werde es aber für den deutschen Export viel einfacher, Waren in Richtung Schweiz auszuführen. Das dürfte ein nicht unwesentlicher Grund für die dann wieder deutliche Gegenbewegung gewesen sein.