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Tag der Menschenrechte

Heiner Kiesel10. Dezember 2014

Seit 30 Jahren gibt es die Anti-Folter-Konvention. Dennoch ist die Folter weltweit auf der Tagesordnung. Amnesty International nennt drastische Beispiele.

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Symbolbild Folter (Foto: DW/Heiner Kiesel )
Bild: DW/Heiner Kiesel

Ein Hammer, ein Trichter, eine Kneifzange – Instrumente, die sich in jedem Haushalt finden lassen und die auch zum festen Bestand der Folterzellen der Gegenwart gehören. "Die Menschen sind ziemlich erfindungsreich, was das Quälen angeht, aber irgendwie bleiben die Methoden auch über die Jahrhunderte ähnlich", sagt Barbara Hohl, die für die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in Berlin einen "Folter-Shop" eingerichtet hat. In Auslagen – wie eben in einem Geschäft – liegen die unscheinbaren Geräte zur Ansicht herum. Daneben steht, im Stil einer Produktinformation kurz und sachlich, was in 141 Ländern der Welt in den letzten fünf Jahren damit angestellt wurde. "Perfekt für Nägel und Fingernägel" ist auf einem Kärtchen mit einer schwarzroten Zange zu lesen. "Wir wollen die Leute beim vorweihnachtlichen Shoppen aufrütteln", erklärt Hohl die Aktion, bei der es einigen Besuchern richtig schlecht wird. Der Kampagnenleiterin ist das eigentlich recht: "Alltagsgegenstände werden weltweit verwendet - das ist ganz einfach und billig", legt sie nach.

Folter ist auch das zentrale Thema für Maria Scharlau, Expertin für internationales Recht bei Amnesty International. "Vor 30 Jahren ist die UN-Antifolterkonvention verabschiedet worden, und sie sollte endlich mit Leben gefüllt werden", fordert sie anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte (10. Dezember). Scharlau sieht den Kampf gegen Folter als grundlegend für die Arbeit ihrer Nichtregierungsorganisation. "Folter ist ein unmittelbarer Angriff auf die Menschenwürde!" Verstörend sind nach Scharlaus Bericht die zahlreichen Länder, in denen es zwar eine vorbildliche Anti-Folter-Gesetzgebung gibt, die unmenschlichen Praktiken aber dennoch fortgeführt werden. Die Philippinen gehören zu dieser Gruppe: "Philippinische Polizisten nutzen Misshandlungsmethoden wie Elektroschocks, vorgetäuschte Hinrichtungen, Waterboarding, Schläge und Vergewaltigung", beschreibt Scharlau die Situation. So gut wie nie würden die Folterer zur Rechenschaft gezogen.

Maria Scharlau, glatte blonde Haare und Brille im Porträt (Foto: DW/Heiner Kiesel)
Maria Scharlau fordert von der Bundesregierung stärkeren Einsatz gegen FolterBild: DW/Heiner Kiesel

Misshandlungen in Deutschland

Bei einer weltweiten Umfrage von Amnesty International mit 21.000 Teilnehmern vom Mai dieses Jahres sagten vierzig Prozent, dass sie bei einer Verhaftung in ihrem Heimatland damit rechnen, gefoltert zu werden. Die Angst vor Folter ist demnach in Brasilien und Mexiko am größten. Vier von fünf Menschen haben in Brasilien davor Angst, zwei Drittel in Mexiko. Grausame Praktiken wurden besonders in Nordkorea, Usbekistan und Syrien festgestellt. Große Fortschritte schreibt Amnesty der Türkei zu, aber in den Haftanstalten gibt es immer noch zahlreiche Übergriffe.

Selbst in Deutschland fürchtet fast ein Drittel der Befragten, gequält zu werden. "Es gibt hier aber eher Misshandlungen im Amt", erklärt Barbara Hohl. Im Unterschied zur Folter seien dabei kein Vorsatz und kein zielgerichtetes Handeln, um zum Beispiel ein Geständnis zu erzwingen, als Grund zu erkennen. "Polizisten, die foltern, haben oft selbst Gewalt in ihrer Ausbildung erfahren. Es gibt eine Kultur der Gewalt, die dieses Verhalten fördert", beschreibt die Kampagnenleiterin. Oft stünden die Beamten unter starkem Erfolgsdruck, oder die menschenunwürdigen Methoden würden im Namen der öffentlichen Sicherheit sanktioniert.

Symbolbild Haft Folter (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Obama relativiert Folter durch die USA

Ein ungutes Beispiel dafür, Menschenrechte einem höheren Gut zu opfern, sind die USA und ihre sogenannten "erweiterten Verhörmethoden" im Kampf gegen den Terror. Trotz der aktuellen Veröffentlichung eines Untersuchungsberichtes zu den Praktiken der CIA können die Aktivisten von Amnesty International keine Kehrtwende feststellen. Es werde weiterhin relativiert und nicht aufgearbeitet, meint Maria Scharlau. "Es war ein verheerendes Signal, als US-Präsident Barack Obama meinte [2009 bei der Einstellung des Verhörprogramms, d. Red.], die Nation müsste nach vorne schauen." Auch mit der Bundesregierung ist die Rechtsexpertin unzufrieden. Sie müsse klarer bei Folter Position beziehen und ihren Einfluss geltend machen. Als Beispiel nennt Scharlau ein Sicherheitsabkommen, über das derzeit mit Mexiko verhandelt werde. "Da muss nachverhandelt werden und eine Menschenrechtsklausel rein."