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"Russland nicht ausschließen"

Sabrina Pabst4. April 2014

Parlamentarier des Europarats planen Sanktionen gegen die russische Delegation. Einen Ausschluss Russlands hält der Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarats im DW-Interview für unwahrscheinlich.

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Axel E. Fischer (CDU) - Foto: Florian Schuh (dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Deutsche Welle: Der Europarat betrachtet schon seit einiger Zeit die Lage in der Ukraine kritisch. Gerade mit Blick auf die Wahrung der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratisierung. Warum strebt die Parlamentarische Versammlung des Europarats jetzt Sanktionen gegen die russische Delegation an?

Axel Fischer: Der Europarat und die OSZE haben bereits Beobachter in die Ukraine und auf die Krim geschickt und wir werden auch die anstehenden Präsidentschaftswahlen begleiten. Die Frage war natürlich, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen die Abstimmung auf der Krim am 16. März und wie die anschließende Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland funktioniert hat. Vor allem vor dem Hintergrund, dass - nachdem die Ukraine die Atomwaffen abgegeben hat - die USA, Großbritannien und Russland das Versprechen an die Ukraine gaben, die territoriale Integrität zu garantieren. Die Frage war, ob der Europarat da tatenlos zusehen kann oder ob er handeln muss. Die erste Initiative gab es daraufhin von dem britischen Kollegen Robert Walter, der einen Antrag eingereicht hat, dass der Europarat auch formal an die Delegation herantreten muss. Er hat in seinem Antrag sogar gefordert, dass die Akkreditierung der russischen Delegation rückgängig gemacht wird.

Sie haben diesen Antrag auch unterzeichnet. Streben Sie denn einen Ausschluss Russlands aus dem Europarat an?

In dem Antrag geht es darum, die Akkreditierung rückgängig zu machen. Ein Entzug des Stimmrechts könnte ein Kompromiss sein, auf den man sich dann verständigt. Wir glauben, dass es eine Verletzung der Grundprinzipien des Europarates gegeben hat. Wir müssen deutlich machen, dass der Europarat seine Aufgaben ernst nimmt und auf eine Verständigung und friedliche Konfliktlösung hinwirken.

Verfolgt man die russischen Medien, hat der Vorsitzende der russischen Delegation angekündigt, das Gremium schon vor der Abstimmung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats zu verlassen.

Wir wollen keine weitere Eskalation und den Gesprächsfaden zu Russland aufrecht erhalten. Aber wir lassen uns auf keinen Fall erpressen. Wir werden in der Sitzung ganz offen diskutieren und anschließend sehen, worauf wir uns verständigen können. Vielleicht haben die Russen gute Argumente, mit denen sie uns überzeugen können, aber im Augenblick sehe ich das für den weiteren Ablauf so nicht.

Deeskalation ist das erste Gebot. Aber sollten die Delegierten wirklich vorzeitig austreten, welches Signal wäre das für die Mitglieder des Europarats?

Ich glaube nicht, dass die Russen einfach austreten. Ich könnte mir vorstellen, dass die russische Delegation austritt, sollte der Monitoringausschuss zum Beispiel der Versammlung empfehlen, die Akkreditierung rückgängig zu machen. Das ist möglich, aber darauf sollten wir nicht hinarbeiten. Es kann aber auch nicht sein, dass wir nur aufgrund der russischen Ankündigung sagen, wir machen jetzt gar nichts. Wir werden in aller Ruhe die Sache analysieren, aber zu der Deeskalation brauchen wir beide Seiten. Es kann nicht sein, dass wir uns zurückhalten und über Lösungsmöglichkeiten diskutieren, wo wir auf die russische Delegation oder auf die Russen zugehen könnten, und auf der russischen Seite werden nur Forderungen gestellt. So funktioniert das nicht. Wir müssen von beiden Seiten aus aufeinander zugehen.

Wie haben Sie denn ihre russischen Gegenüber bei den bisherigen Verhandlungen erlebt?

Die Vorwürfe der russischen Seite sind sehr deutlich, was das Vorgehen in der Ukraine angeht. Sie sagen, das sei keine Revolution, das wäre ein Putsch, ein Staatsstreich, gewesen und nicht mit der Verfassung abgedeckt. Da gab es auch Vorwürfe über die Beteiligung von Europäern und Amerikanern. Auch die Rolle der Europäischen Union wurde nicht gerade als positiv dargestellt. Aber das ist die russische Lesart. Und von unserer Seite aus ist das auch eine klare Sache: Wir haben klare Kriterien für den Europarat, wir haben rechtsstaatliche Kriterien, wir wissen, wie Demokratie funktionieren sollte, wie Wahlen durchgeführt werden sollten, und wir betrachten es von dieser Seite. Und egal, wer da in der Ukraine, in Kiew was gemacht hat, wir wollen, dass die Menschenrechte eingehalten werden, und Rechtsstaatlichkeit gewährleitet wird. Denn das ist die Aufgabe des Europarats.

Axel Fischer (CDU) ist Mitglied des Deutschen Bundestages und Leiter der deutschen Delegation der Parlamentarischen Versammlung des Europarats.

Das Gespräch führte Sabrina Pabst.