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Faule Kredite unter Freunden

Jannis Papadimitriou26. Januar 2014

Der ehemalige Chef der griechischen Postbank wird beschuldigt, befreundeten Geschäftspartnern Millionen-Darlehen zu Vorzugskonditionen gewährt zu haben. Der Schaden soll über 400 Millionen Euro betragen.

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Hellenic Postbank in Athen (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Das Ausmaß der Affäre ist noch nicht zu überblicken. Fest steht jedoch: Laut der Athener Staatsanwaltschaft hat der Ex-Vorstand des einst staatlichen Kreditinstituts Hellenic Postbank, Angelos Filippidis, bis zum Jahr 2010 Kredite an mehrere Unternehmer genehmigt, die einer seriösen Bonitätsprüfung nicht standhalten. Dem Steuerzahler soll dadurch ein Schaden von über 400 Millionen Euro entstanden sein. Zudem soll Filippidis für die Vermittlung dieser Kredite Schmiergelder erhalten und auf Konten im Ausland deponiert haben.

Gegen 39 Personen laufen derzeit Ermittlungen im Zusammenhang mit der Postbank-Affäre. Zwei ehemalige Vizedirektoren des Geldinstituts wurden bereits in Athen verhaftet. Filippidis selbst wurde in Istanbul festgenommen, wodurch Gerüchte neue Nahrung bekommen, er habe beträchtliche Summen bei türkischen Banken deponiert. Zudem vermutet die Staatsanwaltschaft weitere Geheimkonten in Montenegro und in der Schweiz.

"Die Vergabe von Unternehmenskrediten begann mit Filippidis im Jahr 2008 und widersprach der üblichen Geschäftspraxis der Postbank, die bis dahin eher als Kleinsparkasse agierte", erläutert der Wirtschaftsanalyst Panagiotis Bousbourellis. Zwar sei eine derartige Neuorientierung im Kundengeschäft an sich nicht rechtswidrig, aber die griechische Zentralbank habe in den vergangenen Jahren ja nicht ohne Grund vor hohen Geschäftsrisiken für die Postbank gewarnt. Ihre Warnungen seien offenbar ins Leere gelaufen, moniert Bousbourellis.

Vorwürfe gegen Bankenretter und Unternehmer

Nicht zuletzt wegen der ungedeckten Kredite musste das Geldinstitut nach der Privatisierung vom griechischen Bankenrettungsfonds mit fünf Milliarden Euro vor der Pleite gerettet werden. Dass die Chefin des Fonds, Anastassia Sakellariou, vor zwei Jahren bei der Postbank in leitender Position tätig war, macht die juristische Aufarbeitung nicht einfacher. Finanzminister Jannis Stournaras stärkt seiner Mitarbeiterin dennoch den Rücken: Er habe volles Vertrauen in die Justiz, aber auch in Frau Sakellariou, ließ er verlauten.

Für Schlagzeilen sorgte vor allem die Anklage gegen den Versicherungsunternehmer und Medienmogul Dimitris Kontominas. Er gilt als einer der erfolgsreichsten Unternehmer Griechenlands und hatte sich auch in Deutschland einen Namen gemacht, als er 2008 seine Sendergruppe Alpha Media Group für 125,7 Millionen Euro an RTL verkaufte (und 2012 seine Anteile überraschend von den Kölnern zurückkaufte).

Ein wichtiger Anklagepunkt gegen die betroffenen Unternehmer sei die Zweckentfremdung der Darlehen, erklärt Bousbourellis. "Nehmen Sie Kontominas: Ihm wird vorgeworfen, er habe sich mit den Kreditgeldern persönlich bereichert und, unter anderem, auch ein Haus für seine Tochter gekauft", sagt der Athener Wirtschaftsanalyst.

Verflechtung von Politik und Wirtschaft

Kontominas bestreitet die Vorwürfe. Seine Mitarbeiter erklärten gegenüber der Presse, alle Kredite würden vereinbarungsgemäß zurückgezahlt. Einen endgültigen Beweis für die Veruntreuung von Geldern gibt es in der Tat nicht. Die Vermutung liegt jedoch nahe, dass sämtliche Großkunden der Postbank erschlichene Kreditgelder auf Geheimkonten oder in Offshore-Firmen in aller Welt deponierten und sich dabei in Sicherheit wähnten, da sie über gute politische Kontakte verfügten.

Eine zu enge Verflechtung von Wirtschaft und Politik sei in Griechenland nichts Neues, erläutert der Politikjournalist und ehemalige Regierungssprecher Dimitris Tsiodras. Auch in der Vergangenheit habe es Fälle gegeben, in denen Unternehmer staatliches Geld unter Vorzugsbedingungen bekamen oder gegen Schmiergeld gute Geschäfte mit dem Staat abschließen konnten, empört sich Tsiodras. "Wir dürfen nicht vergessen: Die Postbank war eine staatliche Bank, ihre Führung wurde immer von der jeweiligen Regierungspartei bestellt", gibt er zu bedenken.

Auf die Verflechtung von Parteipolitik und Staatsverwaltung weist auch Bousbourellis hin: Den umstrittenen Postbank-Chef Filippidis habe der ehemalige konservative Ministerpräsident Kostas Karamanlis immerhin persönlich ausgewählt. Erst nach dem Regierungswechsel 2009 wurde Filippidis ersetzt - und zwar ausgerechnet durch Kleon Papadopoulos, einen Freund des neu gewählten sozialistischen Regierungschefs Giorgos Papandreou, erläutert Bousbourellis.

Die Athener Linksopposition, die in jüngsten Umfragen einen Vorsprung vor den regierenden Konservativen verzeichnet, will die Postbank-Affäre offenbar politisch nutzen. Oppositionschef Alexis Tsipras spricht von einer "Dreiecksbeziehung der Korruption" zwischen Großunternehmen, Banken und politischen Parteien, die untereinander Gefälligkeiten austauschten.

"Die Opposition stellt nicht nur die Postbank, sondern auch die "Agrarbank von Griechenland" (ATE) an den Pranger. Ihr wird vorgeworfen, geschenkte Darlehen sowohl an die konservative als auch an die sozialistische Partei gewährt zu haben. Geschenkt sind die Darlehen in der Tat - allein schon deshalb, weil die Bank künftige Einnahmen der Parteifinanzierung als Kreditsicherheit akzeptiert hat, obwohl deren Auszahlung überhaupt nicht sicher ist", erläutert Politikjournalist Tsiodras.

Hinzu kommt: Auch bei der einst staatlichen ATE wird der Vorstand von der jeweiligen Regierungspartei gestellt.

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