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Farben des Glücks. Gott nahe zu sein ist mein Glück (Psalm 73,28)

4. Januar 2014

Was ist Glück? Wohlstand? Um welchen Preis ist echtes Glück zu haben? Die Jahreslosung für 2014 heißt: Gott nahe zu sein ist mein Glück. Kein ganz simples Glücksrezept, meint Petra Schulze für die evangelische Kirche.

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Bild: picture alliance

Viel Glück

Viel Glück im neuen Jahr! Glück. Was für ein Wort. Da geraten Dichter leicht ins Schwärmen. Hermann Hesse zum Beispiel: „Ich fand, dieses Wort habe trotz seiner Kürze etwas erstaunlich Schweres und Volles, etwas, was an Gold erinnerte, und richtig war ihm außer der Fülle und Vollwichtigkeit auch der Glanz eigen, …. Es war ein Wort zum Lachen und zum Weinen, ein Wort voll Urzauber und Sinnlichkeit... Es war Eins und rund, war vollkommen, es kam aus dem Himmel oder aus der Erde wie Sonnenlicht oder Blumenblick.“

Das ist bisher die schönste Definition von Glück, die ich gehört habe. Glück – ein Wort wie Gold. Hermann Hesse meint: Stell doch mal ein müdes Nickel- oder Kupferwort wie „Gegebenheit“ oder „Nutzbarmachung“ daneben. Wie wundervoll klingt da einfach: Glück. Wenn der Dichter über das Wort schwärmt, malt er Bilder wie sie auch in der Bibel von Gott vorkommen: Gold, Lachen und Weinen. Von dem himmlischen Jerusalem, dem Ort der Sehnsucht und des Friedens heißt es zum Beispiel „der Marktplatz der Stadt war aus reinem Gold wie durchscheinendes Glas.“ (Offenbarung 21,21) In der Bibel ist es Gott, der alle Tränen abwischen (Offenbarung 21,4) und der deinen Mund voll Lachens machen wird. (Psalm 126,2) Eins und rund – für Hermann Hesse Zeichen des Glücks – das sind in der Bibel Zeichen der göttlichen Vollkommenheit.

Altes Gebet – kein simples Glücksrezept

Die Jahreslosung, so eine Art Jahresmotto der Kirchen, heißt in diesem Jahr: „Gott nahe zu sein ist mein Glück“ (Psalm 73,28) und stammt aus einem Psalm, einem Gebet der Bibel. Gott und Glück – in einem Atemzug. Gott und Glück – das gehört zusammen für den Mann, die Frau die da vor vielen tausend Jahren diese Worte beten. „Gott nahe zu sein ist mein Glück.“ Da färbt sich der unbekannte Gott glückskleegrün. Oder seifenblasenbunt. Aber sind das die Farben des Glücks? Ist das gemeint in dem alten Gebet? Mit welchen Farben würden die Betenden von damals diese Begegnung mit Gott malen, die sie glücklich macht?

Rosarot? Golden? Orange? Oder Himmelblau? Was ist mit Glück gemeint? Zufriedenheit? Wohligkeit? Auf jeden Fall wohl nicht Reichtum oder Erfolg. Davon steht hier nichts. Wenn ich das ganze Gebet lese, bleibt ein mulmiges Gefühl übrig. Denn da geht es die ganze Zeit darum, dass ein frommer Mensch nicht glücklich ist, in der Welt nichts erreicht, während die Gottlosen scheinbar alle Freuden der Erde genießen. „Sie brüsten sich wie ein fetter Wanst, sie tun, was ihnen einfällt. Sie achten alles für nichts und reden böse, sie reden und lästern hoch her.“ Sie belügen und betrügen und verstoßen gegen Gottes Gebote für ein gutes Zusammenleben aller Menschen und das Volk läuft ihnen hinterher. Der Betende macht nicht mit und geht baden.

Trost: Gott und mich selbst im Alltag suchen und finden

Und da tröstet er sich nun damit, dass am Ende der Tage nur die Frommen bei Gott aufgehoben sind. „Du, Gott, leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an.“ Die Nähe zu Gott, der Betende bemüht sich darum und fühlt sie: „Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand“, betet er. Die Nähe zu Gott – sie ist nicht rosarot. Sie kann auch dunkelrot wie das Blut sein oder schwarz wie die Trauer. Die Trauer darüber, dass die Welt noch so unerlöst ist. Dass noch nicht alles gut ist. Dass noch immer die Lügner und Betrüger, Mörder und Folterer mit grinsendem Gesicht auf den Gazetten erscheinen und sich den Völkern als Heilsbringer verkaufen.

Glück – das ist dann das Gefühl: Gott ist mit mir. Er will das nicht und stärkt mich, wenn ich mich weigere, dies alles mitzumachen. Mein Glück ist, dass ich mich immer wieder im Alltag bewusst zu Gott stelle. Ich selbst fange damit an, dass ich morgens die Tageslosung lese. Zwei kurze Bibelverse, die ein besonderes Licht auf den Tag werfen. „Du sollst der Menge nicht auf dem Weg zum Bösen folgen.“ (2. Mose 23,2) Steht da zum Beispiel. Und „Lasst einen neuen Geist euer Denken bestimmen.“ (Epheser 4,23) Und mir fällt ein, wo ich auf dem falschen Pfad bin, aber noch nicht weiß, wie ich da runter komme. Ich frage mich dann: Was würde Gott von mir wollen? Ich weiß natürlich nicht, ob ich dann auf dem richtigen Weg bin. Aber immerhin: Ich denke noch einmal bewusst darüber nach, was ich tue und lasse. Manchmal bekomme ich dann in meinem Zwiegespräch mit Gott ein Gefühl dafür, wie ich handeln soll. Und manchmal fühle ich mich eins mit der Welt und mit mir. Ein Gefühl tiefer Zufriedenheit – nichts mehr wollen, keine Vergangenheit betrauern, keine großen Pläne machen. Und Gott ist ganz nah. Danke, singt es in mir! Glücks-Farbe: Weiß.

Zitat aus: Hermann Hesse: Das Wort Glück. Aus Sämtliche Werke in 20 Bänden. Hg. von Volker Michels; Bd. 8: Die Erzählungen 3, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002 zitiert nach Der andere Advent, 3. Dezember, Hamburg: Andere Zeiten e.V. 2013.

Zur Autorin:

Evangelische Pfarrerin Petra Schulze
Bild: Petra Schulze

Petra Schulze, Jahrgang 1965, studierte Evangelische Theologie, Publizistik und Sozialpsychologie in Bochum. Sie absolvierte eine Jahreshospitanz beim WDR-Hörfunk sowie ein mehrwöchiges Praktikum beim WDR Fernsehen in Köln und ist seitdem für den WDR und andere Sender als freie Journalistin tätig sowie u.a. für die Wochenzeitung »Unsere Kirche«. Von 2006-2011 war Schulze die Evangelische Senderbeauftragte für das Deutschlandradio und die Deutsche Welle in Berlin.Ab November 2011 ist sie die Evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR in Düsseldorf.