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Fragwürdige Kandidaten, falsche Versprechen

Keno Verseck9. Dezember 2012

In Umfragen führen die sozialliberalen Regierungsparteien um Premier Ponta vor der Opposition um Präsident Băsescu. Doch die Parlamentswahl droht Rumänien keine Stabilität zu bringen: Viele Kandidaten sind umstritten.

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Bukarest - Palast des Parlamentes (Foto:DW)
Bukarest - Palast des ParlamentesBild: picture-alliance/dpa

Einst war er Schafhirte, nach dem Sturz des Diktators Nicolae Ceausescu stieg er zu einem der reichsten Männer in Rumänien auf: George "Gigi" Becali, Immobilienmagnat, Fußballklub-Besitzer, Euro-Parlamentarier. Seit Jahren laufen gegen ihn Prozesse wegen Steuerhinterziehung und Bestechung. Politisch vertritt er eine fundamentalistische christliche Ideologie mit rechtsextremen Versatzstücken. Seine "Partei Neue Generation“ kaufte er sich, ins Europaparlament gelangte er 2009 auf der Liste der antisemitischen "Groß-Rumänien-Partei“. Bei den Parlamentswahlen am Sonntag (09.12.2012) kandidiert Becali in der "Sozialliberalen Allianz" (USL) auf der Liste der "Nationalliberalen Partei" (PNL).

Der Präsident des Fußballklubs Steaua aus Bularest, Gigi Becali (Foto: Thomas Schreyer/dpa)
Kandidat BecaliBild: picture alliance


Fragwürdige Kandidaten


Wie die "Sozialliberale Allianz" treten auch andere Parteien mit fragwürdigen Kandidaten an: Politiker, gegen die Strafverfahren laufen, Ex-Offiziere des berüchtigten Geheimdienstes Securitate, bekennende Antisemiten.
Die besten Chancen auf einen Wahlsieg hat die regierende "Sozialliberale Union“ (USL), ein Bündnis der wendekommunistischen "Sozialdemokratischen Partei" (PSD), der "Nationalliberalen Partei" (PNL) und der Splitterpartei der Konservativen (PC). Bei vielen Wählern haben sie den Ruf, sich um die "kleinen Leute" zu kümmern - trotz Korruptionsaffären in der jüngsten Vergangenheit.


Schärfster Gegner der "Sozialliberalen Union" ist die rechtsliberale "Allianz (Ge-)Rechtes Rumänien“ (ARD), zu der sich die Liberaldemokraten mit drei anderen rechten Splitterparteien zusammengeschlossen haben. Dieses Bündnis steht Staatspräsident Traian Băsescu nahe. Letzte Umfragen sehen die "Allianz (Ge-)Rechtes Rumänien" allerdings nur bei 16 Prozent.

Parlament in Rumänien (Foto: Robert Ghement/EPA)
Rumänisches ParlamentBild: picture-alliance/dpa


Zwei Blöcke, kaum Unterschiede


Diese beiden Blöcke in ein übliches Rechts-Links-Schema einzuordnen, hält die Publizistin Alina Mungiu-Pippidi für "irreführend". "Es gibt keine wirklichen Unterschiede zwischen ihnen, es geht lediglich um zwei Interessengruppen, die um die Macht kämpfen“, sagt Mungiu-Pippidi. "Wer regiert, kann öffentliche Gelder und Posten verteilen.“
Bereits im Frühjahr war der Machtkampf zwischen den politischen Lagern eskaliert. Anlass waren Proteste gegen den sozialen Kahlschlag, gegen Präsident Băsescu und gegen die bis dahin amtierende rechtsliberale Regierung unter Emil Boc. Nach dem Rücktritt von Boc Anfang Februar und einem kurzen Intermezzo mit Mihai Răzvan Ungureanu als Ministerpräsident kam die "Sozialliberale Union" mit Victor Ponta als Regierungschef an die Macht.

Victor Ponta im Parlament (Foto: Vadim Ghirda/AP)
Victor Ponta hat beste Chancen auf einen WahlsiegBild: dapd


Daraufhin provozierte die "Sozialliberale Union" eine Staatskrise: Mit Notverordnungen sollte Präsident Băsescu abgesetzt werden. Erst auf Druck der Europäischen Union ließ die Ponta-Regierung von ihrem Vorhaben ab, und der suspendierte Băsescu konnte im August seine Amtsgeschäfte wieder aufnehmen.


Ungenutzte Gelder der EU
Die Haushaltsbilanz nach fünf Jahren EU-Mitgliedschaft ist dagegen miserabel: Das Land konnte nicht einmal zehn Prozent der für den Haushaltszeitraum 2007 bis 2013 zu Verfügung stehenden rund 20 Milliarden Euro Fördergelder abrufen. Vor Kurzem stoppte Brüssel die Auszahlung von Geldern aus den Strukturfonds wegen Betrugsversuchen.

Traian Băsescu während eines Wahlkampfauftrittes in Bukarest (Foto: Bogdan Cristel/ Reuters)
Präsident Traian BăsescuBild: Reuters


Alina Mungiu-Pippidi sieht mehr Effizienz bei der Verwendung von EU-Geldern jetzt als eine der "obersten Prioritäten“ Rumäniens: "Momentan sind wir EU-Nettozahler. Damit wir das Geld für gute Projekte verwenden können, brauchen wir dringend mehr Konsens und politische Kooperation." Die Chancen darauf schätzt sie jedoch als "sehr gering" ein.

Wahlversprechen: 20.000 Euro


Der lachende Dritte der politischen Wirren könnte nun Dan Diaconescu sein, ein 44-jähriger Boulevard-Journalist. Bekannt und reich wurde "DD" mit seinem Fernsehsender "OTV".
Diaconescu saß schon wegen Erpressung im Gefängnis. Mehrere Strafverfahren laufen gegen ihn. Kürzlich gewann er die Ausschreibung zur Privatisierung eines großen staatlichen Chemiekombinates. Die Kaufsumme von 45 Millionen Euro konnte er zwar nicht vorweisen, dennoch trat er als "Retter" der rumänischen Industrie auf.

Anhänger der "Volkspartei Dan Diaconescu" (Foto: Daniel Mihailescu/ AFP)
Anhänger der "Volkspartei Dan Diaconescu"Bild: Getty Images


Seine Partei trägt seinen Namen: "Volkspartei Dan Diaconescu". Bei den Lokalwahlen im Juni gewann sie zehn Prozent, bei den Parlamentswahlen könnten es bis zu 15 Prozent werden. Für den Fall seines Wahlsieges hat "DD" eine "violette Revolution" angekündigt. Seine Versprechen: die Verurteilung der politischen Elite Rumäniens vor Volksgerichten und soziale Wohltaten, darunter 20.000 Euro, die dann jeder volljährige Rumäne angeblich geschenkt bekommen soll.