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Protest-Blog aus Togo

Anne Le Touzé26. Mai 2013

Im westafrikanischen Togo kämpft Fabbi Kouassi unermüdlich für Gerechtigkeit und Pressefreiheit. Ihr Blog ist von der DW-Jury der Bobs 2013 in der Kategorie "Reporter ohne Grenzen" ausgezeichnet worden.

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Fabbi Kouassi, Journalistin und Menschenrechtlerin aus Togo, Jurypreisträgerin des Reporter-ohne-Grenzen-Preises bei den Bobs 2013. Foto: Noël Tadégnon
Bild: DW/N. Tadegnon

Fabbi Kouassi redet gern Klartext: Ihr Land Togo unterliegt seit einem halben Jahrhundert “einer Diktatur”, sagt sie, und die Welt wisse viel zu wenig davon. Auf Fabbikouassi's Blog kommentiert die 35-jährige Journalistin und Menschenrechtsaktivistin seit Ende 2008 fast täglich die politischen Entwicklungen und prangert Missstände an. Ihr Ton ist kritisch, ihre Wortwahl bewusst provokativ. Es geht um "exzessive Gewaltanwendung" durch Polizei und Militär, "kaltblütige Ermordungen", "Straflosigkeit" in einem "Terrorstaat" - Taten und Fakten, "die nicht verschwiegen werden dürfen", wie die Bloggerin findet.

Im Mai 2013 hat die internationale Jury der Bobs, dem DW-Preis für Online-Aktivismus, ihr Blog unter den 14 Nominierten der Kategorie “Reporter Ohne Grenzen” ausgezeichnet. “Fabbi Kouassis Engagement für mehr Rechte und Freiheit ist besonders wichtig in einem Land, das selten im internationalen Rampenlicht steht”, begründete die Jury die Entscheidung.

Fabbikouassi's Blog Screenshot
Bild: fabbikouassi.wordpress.com

"Togo ist eine Bananenrepublik"

Fabbi Kouassi beschreibt sich selbst als eine "eher zurückhaltende Natur". Doch die Umgebung lasse das nicht zu, erklärt die selbstbewusst auftretende Reporterin. "Manche nennen mich 'eiserne Lady', aber ich nenne nur die Dinge beim Namen: Togo ist eine Bananenrepublik."

Seit 1967 wird das westafrikanische Land von einer einzigen Familie regiert, der Familie Gnassingbé, die, so Kouassi, "Menschenrechtsverletzungen, Gesetzesbrüche und Ressourcenplünderung betreibt und vertuscht".

38 Jahre war Etienne Gnassingbé Eyadéma an der Macht, bevor er Anfang 2005 überraschend an einem Herzinfarkt starb. Nach gewaltsam unterdrückten Demonstrationen setzte sich sein Sohn Faure Gnassingbé als Nachfolger durch. Seitdem ist er Präsident des Landes; 2009 wurde er mit dem Segen der internationalen Gemeinschaft wiedergewählt, "die lieber wegguckt und so tut, als wäre Togo eine Demokratie", so Kouassi.

Das geringe Medieninteresse für das kleine Land mit sechs Millionen Einwohnern betrübt die Radiojournalistin, die seit mehr als zehn Jahren als Korrespondentin für internationale Radiosender arbeitet. "Man berichtet über den ivorischen Präsidenten, sobald er Halsschmerzen hat, wenn aber hier massive Demos stattfinden, redet kaum einer darüber".

Der Präsident von Togo, Faure Gnassingbé (AP Photo/Michael Sohn)
Umstrittener Präsident: Faure GnassingbéBild: AP

Vom Radio zum Blogging

Hinter Kouassis Berufswahl stand immer der Wunsch, eine "Stimme für die Stimmlosen" zu sein. Mit 17 Jahren machte die Schülerin schon Erfahrungen als Reporterin und moderierte eine wöchentliche Jugendsendung bei einem lokalen Radiosender. Nach einem Soziologiestudium startete sie ihre Karriere beim Sender Légende, bei dem sie bis 2010, zuletzt als Programmdirektorin, tätig war.

Als Generalsekretärin des Journalistenvereins für Menschenrechte (JDHO) setzte sie sich genau für diese Rechte ein. “In einem Dschungel, wo nur die Stärksten überleben dürfen, müssen sich die Schwachen zusammentun, um nicht gefressen zu werden", begründet Fabbi Kouassi ihr Engagement. Zum Bloggen kam Kouassi eher zufällig, als ihr Ende 2008 ein Kollege vorschlug, ein Blog zu starten. Was am Anfang "nur ein Spaß" war, wurde schnell zu einem unentbehrlichen "freien Meinungsraum".

Engagierte Journalistin

Fabbi Kouassi hält sich nicht für eine "Journalistin der Opposition". Sie spricht lieber von "engagiertem Journalismus". In Togo könne man nicht objektiv berichten, erklärt sie. "Die Medienlandschaft ist klar. Spätestens nach 10 Minuten Debatte im Radio oder im Fernsehen weiß man, auf welcher Seite der Sender steht." Für die Karriere und für die eigene Sicherheit wäre es für sie natürlich besser gewesen, mit den Machthabern zu arbeiten. Nicht mit ihr: "Mir sind Gerechtigkeit und Würde zu wichtig. Außerdem will ich mit einem reinen Gewissen leben."

Eine Entscheidung mit Folgen: Einschüchterungsversuche, Polizeigewalt und willkürliche Festnahmen gehören zu den alltäglichen Risiken. Fabbi Kouassi hat es am eigenen Leib erfahren. Im September 2012 verfolgten sie zwei Unbekannte auf einem Motorrad und drohten damit, sie zu töten, würde sie weiterhin die Regierung kritisieren. "Es gibt eine schwarze Liste mit Namen von Menschen, die 'zufällig' tödlich verunglücken sollen. Meiner ist darauf", sagt sie, ohne mit der Wimper zu zucken, und betont: "Ich kritisiere aber auch die Opposition, weil sie seit 22 Jahren nur leere Versprechen macht.". Den Oppositionspolitikern wirft sie vor, "Komplizen der Diktatur" zu sein, "um ihren Job zu behalten".

In Lomé demonstrieren Frauen gegen Präsident Gnassingbé REUTERS/Noel Kokou Tadegnon (TOGO - Tags: POLITICS CIVIL UNREST)
"Hau ab!" In Lomé demonstrieren Frauen gegen Präsident GnassingbéBild: Reuters

Erwachen einer digitalen Zivilgesellschaft

Ihre Auszeichnung will Fabbi Kouassi der togolesischen Internetgemeinschaft widmen, denn nicht nur die Bobs-Jury hat ihr Engagement gewürdigt: Bei der Online-Abstimmung auf thebobs.com hat Fabbikouassi's Blog 40% der Stimmen der User für sich gewonnen und damit den zweiten Platz erreicht. Nun will die Preisträgerin ein Netzwerk aufbauen, "damit die Welt erfährt, dass Togo kein demokratisches Land ist". Fabbi Kouassi ist entschlossen, bis zum Ende zu kämpfen. "Für die Zukunft unserer Kinder."