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EZB drückt Zinsen auf historisches Tief

Henrik Böhme5. Juli 2012

Im Kampf gegen die Schuldenkrise öffnet die EZB die Geldschleusen immer weiter. Sie senkt den Leitzins auf 0,75 Prozent und damit auf den niedrigsten Stand in der Euro-Geschichte.

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ARCHIV - Eine Installation mit dem Euro-Zeichen steht vor der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main (Dreheffekt) - Archivfoto/Illustration vom 07.02.2008). Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins in einer konzertierten Aktion führender Notenbanken überraschend gesenkt. Der wichtigste Leitzins zur Versorgung der Kreditwirtschaft mit Zentralbankgeld werde um 0,50 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent reduziert, teilte die EZB am Mittwoch (08.10.2008) mit. Foto: Arne Dedert dpa/lhe +++(c) dpa - Bildfunk+++ dpa 12950971
Europäische ZentralbankBild: picture-alliance/dpa

Erstmals seit Einführung des Euro 1999 fällt der Leitzins unter ein Prozent. Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) beschloss am Donnerstag eine Zinssenkung um 0,25 Punkte auf 0,75 Prozent, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte. Der Schlüsselzins ist maßgeblich für die Refinanzierung der Banken bei der Zentralbank. Mit niedrigen Zinsen will die EZB die Kreditvergabe in der Euro-Zone ankurbeln und auf diesem Wege der schwachen Konjunktur in einer Reihe von Mitgliedsländern auf die Sprünge helfen. Bereits bei der Sitzung des Zentralbank-Rates vor einem Monat hatten sich einige Notenbank-Chefs von Euro-Ländern für niedrigere Zinsen ausgesprochen.

Niedrige Zinsen verbilligen Kredite. Das erhöht tendenziell die Investitionsneigung von Unternehmen und die Konsumfreude der Verbraucher - und kann so die Konjunktur ankurbeln. Zugleich befeuern niedrige Zinsen aber die Inflation.

Billiges Geld: EZB senkt Leitzins

Kauf von Anleihen bleibt umstritten

Neben der Zinssenkung könnte die EZB zu weiteren Mitteln greifen, um maroden Banken und - indirekt - strauchelnden Staaten zu helfen. Sie könnte Banken erneut langfristig billiges Geld leihen oder wieder Anleihen klammer Staaten kaufen.

Letzteres hatte EZB-Ratsmitglied Klaas Knot kürzlich jedoch ausgeschlossen. Aktuell hat die EZB Staatsanleihen im Wert von mehr als 210 Milliarden Euro in der Bilanz. Das seit Mai 2010 laufende Programm war von Anfang an umstritten, weil damit im Grund durch die Hintertür Staatsausgaben mit der Notenpresse finanziert werden. Seit Monaten hält sich die EZB mit neuen Käufen zurück.

Ökonom Marco Valli von der Unicredit sieht klare Anzeichen, dass die wirtschaftliche Schwäche aus den Krisenländern zunehmend auf den Kern des Euroraums übergreift - und die Dynamik auch in Deutschland als stärkster Volkswirtschaft Europas nachlässt. Während die Kreditnachfrage in Ländern mit hoher Nachfrage wie Deutschland stimuliert werden könnte, dürften Auswirkungen auf Banken in den Krisenländern ausbleiben, glaubt Holger Schmieding von der Berenberg Bank: Die Institute müssten weiter Risiken abbauen und beschränkten die Kreditvergabe.

Auch England und China drehen am Rad

Kurz vor der EZB hatte die Bank von England in London ihren geldpolitischen Kurs gelockert. Die Notenbank tasteten zwar den rekordniedrigen Leitzins von 0,5 Prozent nicht an, dafür starteten sie nach nur zwei Monaten Pause abermals die Notenpresse. Die Bank will in den nächsten Monaten für zusätzliche 50 Milliarden Pfund Staatsanleihen kaufen und mit dem dafür frisch gedruckten Geld der Realwirtschaft und den Banken unter die Arme greifen. Auch in Peking lockerten die Notenbanker ihre Geldpolitik am Donnerstag weiter, um den Wirtschaftsboom am Laufen zu halten.

hb/   (dpa, rtr,afp)